Kriminalität
Missbrauchsprozess um nach Hause bestellte Mädchen
München (dpa) – Die Verlesung der Anklage dauert rund eine Stunde – und sie hat es in sich: Die Vorwürfe gegen einen 81-Jährigen und eine 31-jährige Person, die sich selbst als Transfrau bezeichnet, reichen vom Missbrauch kleiner Mädchen über Kinderpornografie und Menschenhandel bis Zwangsprostitution. Die Angeklagten verfolgen den Vortrag der beiden Staatsanwältinnen nach außen weitgehend unbewegt. Zu den ihnen gemachten Vorwürfen sagen sie zunächst nichts.
Der 81-Jährige aus einem wohlhabenden Münchner Vorort soll laut Anklage über einen Zeitraum von zwölf Jahren im Internet nach Frauen gesucht haben, die zulassen, dass er sich an ihren Kindern vergeht. In mindestens zwei Fällen soll die Mutter der Kinder diese selbst zu ihm gebracht haben. Teilweise sollen die Frauen während des Missbrauchs auch anwesend gewesen sein. Der 81-Jährige bezahlte sie mit Tausenden Euro.
Im Gerichtssaal sitzt der Mann gebeugt und mit einer FFP-Maske. Immer wieder schließt er die Augen. Zur Verhandlung gebracht wird er mit einem Rollstuhl, doch als das Gericht den Saal betritt, schafft er es auch ohne Hilfe, sich zumindest ein Stück weit zu erheben.
Hunderte Darstellungen missbrauchter Kinder
Er ist seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft. Ende Juni 2023 hatten Ermittler sein Haus und seine Arbeitsstätte durchsucht und dort laut Staatsanwaltschaft auf einem Computer und Datenträgern Hunderte kinderpornographische Fotos und Dutzende Videos gefunden. Teilweise sind die darauf missbrauchten Kinder laut Anklageschrift noch Säuglinge.
Unter anderem soll der 81-Jährige auch seine Mitangeklagte beauftragt haben, ihm Kinder zum Missbrauch zu bringen. Die 31-Jährige soll ihm die fünf Jahre alte Tochter einer Bekannten zum Missbrauch gebracht haben und dies auch mit ihrer damals sieben Jahre alten Cousine versucht haben. Zudem machten die beiden Angeklagten laut Anklage in teils drastischer Sprache Pläne für regelrechte «Programme» – kombinierte sexuelle Handlungen mit mehreren zu missbrauchenden Kindern, die aber wohl nicht umgesetzt wurden.
31-Jährige soll den Mitangeklagten erpresst haben
Später soll die 31-Jährige ihren Mitangeklagten mit dessen Taten einem heimlich aufgenommenen Video und Flugblättern, die den Mann nackt zeigten, erpresst haben. Der 81-Jährige zahlte ihr laut Anklage in diesem Zusammenhang mehr als 200.000 Euro.
Vor Gericht äußerte sich die 31-Jährige nicht zu den Tatvorwürfen, machte aber Angaben zu ihren persönlichen Verhältnissen. Unter anderem beklagte sie, darunter zu leiden, als Transfrau in einer Justizvollzugsanstalt für Männer untergebracht zu sein.
Zu einer Aussage des 81-Jährigen kam es am Dienstag dann nicht mehr. Seine Verteidiger stellten einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht – unter anderem, weil mehrere Personen dort an einem Buch über Sexualstrafrecht mitarbeiten sollen. Die Entscheidung darüber muss nun eine andere Kammer treffen.
Der Prozess wurde so lange unterbrochen, ein für Donnerstag angesetzter Termin gestrichen. Das Gericht geht von einem langen Verfahren aus. Es hat mehr als 30 Verhandlungstage für den Prozess angesetzt.
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