Homöopathie: Das gute Geschäft mit den Kügelchen

Das Geschäft mit homöopathischen Mitteln boomt, und auch viele Kassen zahlen für Homöopathie.  Foto: dpa
Das Geschäft mit homöopathischen Mitteln boomt, und auch viele Kassen zahlen für Homöopathie. Foto: dpa

Die Homöopathie lebt von der Verdünnung. Das führt zu dicken Gewinnen: Der Umsatz mit den Globuli genannten Kügelchen und anderen Präparaten der Homöopathie ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. Laut dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller lag er 2016 bei 622 Millionen Euro. Das ist ein Plus von 60 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010.

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Dabei ist kaum eine andere Methode unter Fachleuten so umstritten wie die Homöopathie. Den Nachweis, dass Globuli wirklich wirken, bleiben Anhänger der Hahnemann'schen Lehre schuldig. Außerdem sind die Anforderungen für die Zulassung von Homöopathika deutlich niedriger als bei herkömmlichen Arzneien. Die sonst für eine Medikamentenzulassung verpflichtenden klinischen Studien, die hohen Qualitätsansprüchen unterliegen und einen Wirksamkeitsnachweis erfordern, sind für homöopathische Mittel in aller Regel nicht vorgesehen. Sie sind nur vorgeschrieben, falls ein Präparat verspricht, die Symptome einer schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit zu bekämpfen.

Trotzdem gehört die Homöopathie für zwei Drittel der rund 130 Krankenkassen in Deutschland mittlerweile zum Leistungsspektrum. Sie zahlen Behandlungen ganz oder teilweise, sofern diese von einem Arzt mit entsprechender Zusatzausbildung ausgeführt werden und nicht von einem Heilpraktiker. Und sie bezahlen homöopathische Mittel.

Möglich machen das die sogenannten Satzungsleistungen, festgeschrieben im Sozialgesetzbuch V. Dort steht, dass Krankenkassen auch „Arzneimittel und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen“ erstatten. Das Gesetz gilt so seit 2012. Genauso lange wird über seine Sinnhaftigkeit gestritten. Der Vorsitzende der Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen, Josef Hecken, ist einer derjenigen, die immer wieder fordern, Homöopathie als Kassenleistung zu verbieten. „Es sollte Kassen untersagt werden, Dinge zu bezahlen, für die es keine Evidenz gibt“, sagte er im vergangenen Sommer. Und erst am Wochenende legte er in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nach: Für die Patienten habe sich eine „gefährliche Grauzone entwickelt“, weil Leistungen ohne Nutzungsnachweis vom Solidarsystem bezahlt würden. Das Sozialgesetz müsse geändert werden.

So argumentiert auch das homöopathiekritische „Informationsnetzwerk Homöopathie“. Letztlich, heißt es auf der Internetseite des Netzwerkes, sei die Homöopathie für die Kassen ein Marketing-Instrument. Sie gewinnen so eine Klientel, die pflegeleicht ist: akademisch gebildete Gutverdiener, die meist grundsätzlich gesünder leben als andere.

Dass die Homöopathie auch ein Mittel ist, Kunden zu gewinnen, bestreiten nicht einmal die Kassen selbst. Selbstverständlich gehe es darum, den Versicherten „ein Plus an Leistungen“ zu bieten, heißt es zum Beispiel vonseiten der AOK. Und überhaupt würden homöopathische Mittel nicht viel kosten.

Tatsächlich machen die Ausgaben für Homöopathie in den Etats der Kassen weit weniger als 1 Prozent aus. Das entspricht etwa 14 Millionen Euro im Jahr gegenüber 34 Milliarden Euro für herkömmliche Medikamente. Spart die Homöopathie den Kassen am Ende sogar Geld, weil Patienten, die an sie glauben, sich gar nicht erst in (teurere) schulmedizinische Verfahren begeben? Belegt ist das ebenso wenig wie die spezifische Wirksamkeit der homöopathischen Präparate. Immerhin: Die Techniker Krankenkasse lässt das Kosten-Nutzen-Verhältnis seit 2013 in einer groß angelegten Studie an der Berliner Charité untersuchen. Die Ergebnisse sollen Ende dieses Jahres vorliegen. ank