Hannover

Hannover-Messe: China-Geschäft sichert deutsche Jobs

Zwei Mitarbeiter der Firma Festo justieren auf dem Messegelände in Hannover die Finger einer künstlichen Hand: Das Unternehmen profitiert stark vom Wachstum in China, dem diesjährigen Partnerland der weltgrößten Industrieschau.
Zwei Mitarbeiter der Firma Festo justieren auf dem Messegelände in Hannover die Finger einer künstlichen Hand: Das Unternehmen profitiert stark vom Wachstum in China, dem diesjährigen Partnerland der weltgrößten Industrieschau. Foto: dpa

Viele Deutsche fürchten, das China-Geschäft vernichte Arbeitsplätze in Deutschland. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall: Der starke Umsatz auf dem chinesischen Wachstumsmarkt kurbelt die Produktion der Mittelständler in Deutschland an. Denn von zweistelligen Zuwachsraten können viele Unternehmer hierzulande nur träumen – in China aber sind sie Realität.

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Die Organisatoren der am Montag beginnenden Hannover Messe tragen der wachsenden Bedeutung Chinas Rechnung, indem sie das Reich der Mitte als Partnerland gewonnen haben.

Zwar erlebt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt derzeit eine leichte Abschwächung der lange Zeit enormen Wachstumsraten. Viele deutsche Firmen entwickeln sich im China-Geschäft aber ohnehin besser als der Markt. Manager großer Konzerne, aber auch deutsche Mittelständler sprechen deshalb keineswegs von einem Rückgang, sondern eher von einer „Normalisierung“. Die Geschäftsaussichten sind unverändert gut, was auch Arbeitsplätze in Deutschland sichert.

In China sind heute schon rund 5000 deutsche Unternehmen mit rund 200 000 Mitarbeitern präsent – manche sind dort schon seit den 90er-Jahren aktiv. Aus der Heimat wird dabei in der Regel kräftig zugeliefert. Der für seine Stecker und Klemmen bekannte Mittelständler Phoenix Contact aus Blomberg in Ostwestfalen-Lippe beispielsweise startete 1993 in der ostchinesischen Metropole Nanjing. Heute generiert jeder Euro Umsatz in China fast einen weiteren Euro Umsatz in Deutschland.

„55 Prozent unseres Umsatzes von 183 Millionen Euro sind in China produziert, aber den Rest von 45 Prozent liefern wir aus Deutschland dazu“, erzählt Vertriebschef Frank Stührenberg. Das in der Automatisierung, im Bereich erneuerbare Energien und in der Elektromobilität tätige Unternehmen hofft auf den geplanten Ausbau der E-Mobilität in China. Es hat Aufladestecker für Chinas Elektroautos und spezielle Steckverbindungen für Wechselbatterien von Elektrobussen entwickelt, die bereits in einem Pilotprojekt in der Hafenstadt Qingdao rollen.

Die Zahl der Mitarbeiter in China ist auf 1500 angewachsen. 10 Prozent seines weltweiten Umsatzes macht Phoenix Contact im Reich der Mitte. Das Geschäft ist „sehr ertragreich“, sagt Stührenberg. Der Gewinn wird meist wieder dort investiert. „Wir würden nicht neu investieren, wenn wir nicht weiteres Wachstum erwarteten“, weist der Vertriebschef Sorgen über eine Verlangsamung des Wachstums in China zurück. Und es entstehen auch neue Felder, in denen das Unternehmen tätig wird. „Mittel- und langfristig haben wir keinen Anlass zu glauben, dass wir hier nicht mehr wachsen“, betont Stührenberg.

Beim Elektrogiganten Siemens sieht es nicht anders aus. „Wir haben uns bisher schneller als der Markt entwickelt, und diesen Trend wollen wir beibehalten“, sagt der Siemens-Industriechef in China, Marc Wucherer. „Es gibt noch viele Felder, die bearbeitet werden können.“ Ein leichter konjunktureller Abschwung bietet aus seiner Sicht auch immer Chancen für Modernisierungen. „Bei einer Abschwächung überlege ich mit dem Kunden, wie die Maschinen effizienter gemacht werden können, weil das bei voller Auslastung sonst gar nicht möglich wäre.“

Auch Festo, Anbieter von Automatisierungstechnik aus Esslingen in Baden-Württemberg, rechnet in China – nach einem Wachstum von bisher jährlich mehr als 20 Prozent – immer noch mit 16 Prozent für die kommenden Jahre. Geschäftsführer Qiu Hualai sagt: „China spielt als Wachstumslokomotive eine wichtige Rolle in Asien. Deswegen investieren wir in China so stark.“ Er betont ausdrücklich, dass das wachsende Engagement in China nicht auf Kosten der Arbeitsplätze in Deutschland geht. „70 Prozent der Wertschöpfung kommen im Moment aus Deutschland.“

Sehr zufrieden ist ebmpapst, Hersteller von Ventilatoren und Motoren aus dem baden-württembergischen Mulfingen. Das Unternehmen will seinen Umsatz in China bis 2015/16 auf rund 240 Millionen Euro verdoppeln. „Wir werden auch in den nächsten Jahren zweistellig wachsen“, sagt China-Geschäftsführer Helmut Schoeneberger. Und der Dreh- und Fräsmaschinenhersteller DMG Gildemeister sieht sich in einer komfortablen Lage, die in der Heimat undenkbar wäre: „Wir sind nicht durch den Markt begrenzt. Sondern wir sind gerade erst dabei, uns den Markt zu erarbeiten“, sagt DMG-Manager Franz Michael Oppermann.

Von Andreas Landwehr