Felix, der kleine Handwerker

Felix, der kleine Handwerker, schraubte gerade an seinem neuen Bobbycar, als der alte Mann von nebenan sich zu ihm gesellte, um ihm zuzusehen. Er beobachtete Felix' flinke Finger, wie er Schrauben drehte und Muttern festzog. Der alte Mann knetete seine steifen, runzeligen Finger und betrachtete sie traurig. Felix lächelte ihn an und fragte ihn: „Hast du auch schon einmal einen Bobbycar gebaut?“

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

„Nein, so etwas gab es noch nicht, als ich so klein war wie du. Ich habe mir als Kind eine Seifenkiste gebaut“, erwiderte der Mann. „Wozu hast du denn eine Kiste für Seife gebraucht? Reichte dir da nicht ein Stück?“

Der alte Mann sah ihn verdutzt an und antwortete: „Nein, nein. Damit konnte man auch fahren, wie mit deinem Bobbycar. Es wurde aus Brettern von Seifenkisten und Rädern von alten Karren gebaut. Dann fuhr man von einer Rampe die leicht abschüssige Straße hinunter. Mit den Füßen konnte man die Vorderachse lenken und mit den Händen die Bremsen an den Seiten ziehen.“

Felix staunte über das Gehörte und fragte sogleich den alten Mann: „Kannst du mir auch eine Seifenkiste bauen?“ Traurig schaute der Mann auf seine Hände und sagte: „Das wird wohl nicht mehr gehen.“

Felix überlegte und sagte dann: „Ich kann schrauben, sägen und nageln. Du musst mir nur sagen, wie es geht. Die Augen des Mannes hellten sich auf, und er fragte Felix: “Meinst du, das schaffen wir zusammen?„ “Ja klar!„, rief Felix und strahlte über das ganze Gesicht.

“Was brauchen wir?„, fragte er mit übereifrigem Tatendrang und einem strahlenden Lächeln. Der alte Mann räusperte sich. “Nun ja, Räder mit Achsen, Bretter, Werkzeug, Schrauben, Nägel, Muttern und Draht.„

“So viel! Wo bekommen wir das alles her?„, fragte er etwas entmutigt. “Lass uns doch mal in eurem und meinem Keller nachsehen. Wir werden sicher etwas Brauchbares finden„, sagte der alte Mann.

Zuerst gingen sie mit Felix' Mutter in deren Keller. Was sich da alles angesammelt hatte ... Felix' Augen strahlten, als er seinen alten Kinderwagen entdeckte. Alle Räder waren noch daran, zwar etwas platt, aber noch ganz. Er lächelte den alten Mann an. Der betrachtete gerade einen alten Holzschrank mit großen Schubladen. “Da hätten wir doch schon einige brauchbare Dinge gefunden„, sagte er. “Dürfen wir einiges davon mitnehmen?„, fragte er Felix' Mutter. “Ja klar, Heinrich, nehmt euch, was ihr braucht„, antwortete sie.

Heinrich hieß also ihr Nachbar. Gesehen hatte er ihn schon öfter mal im Treppenhaus oder am Fenster. Er sah immer so traurig und alt aus. Jetzt kam er ihm gar nicht mehr so alt und traurig vor. Denn auch er lächelte nun voller Tatendrang.

So brachten sie den Kinderwagen, Schublade und Bretter in die leer stehende Garage von Heinrich. Jetzt gingen sie in Heinrichs Keller. Mit einem verschmitzten Lächeln öffnete er die Tür. Felix kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

So etwas hatte er noch nie gesehen. Eine richtige Werkstatt tat sich vor ihm auf. Über einer Werkbank hingen unzählige Werkzeuge. Von der Decke hingen Flugmodelle und gebastelte Drachen. In einer Ecke stand auf einem Tisch eine nachgebaute Kirche und daneben eine Krippe mit Weihnachtsfiguren. Auf einem kleinen Schränkchen stand eine richtige Dampfmaschine.

Fasziniert ließ Felix seinen Blick durch den Kellerraum schweifen. “Das ist ja Wahnsinn!„, stammelte er vor sich hin. “Gehört das alles dir? Hast du das alles gebaut? Wie hast du das gemacht?„, Felix stieß eine Frage nach der anderen aus. Heinrich lachte und sagte: “Ich war früher Mechaniker, und Basteln war mein Hobby, bis ...„ – traurig schaute er auf seine Hände – “bis meine Finger nicht mehr beweglich genug waren, um die feinen Arbeiten zu schaffen. Komm Felix, lass uns mal nachsehen, was wir alles brauchen."

So machten sie sich daran, einige Werkzeuge und Kleinteile in die Garage zu bringen, um eine Seifenkiste zu bauen. Felix bohrte und schraubte nach Heinrichs Anweisung, so gut er konnte. Bei gröberen Dingen packte Heinrich selbst mit an, und man merkte, wie viel Spaß er mit Felix hatte.

Sie verbrachten gemeinsam viele Stunden der nächsten Tage in der Garage. Die Seifenkiste nahm immer mehr Gestalt an. Felix war von der Bastelei mit Heinrich total begeistert. Er lernte viel von dem alten Mann und überlegte schon, was sie als Nächstes bauen könnten.

Zum Schluss wurde die Seifenkiste noch schön angemalt. Und dann stand sie da. Fix und fertig für den Probelauf. Felix schob sie stolz aus der Garage und setzte sich hinein. Heinrich stellte sich dahinter und schob sie vorsichtig an.

Felix jauchzte auf und sah zu Heinrich zurück. Der stand freudestrahlend mit Tränen in den Augen da und grinste über das ganze Gesicht.

Karin Keßler aus Mackenrodt hat die Geschichte (ab 5 Jahren) für ihren Enkel Felix geschrieben.