Köln

Demos in Köln: Viel Karneval, kaum Krawall

Ernste Botschaften, aber mit fröhlichen Gesichtern: Rund 10.000 Menschen haben bunt und größtenteils friedlich gegen die AfD demonstriert.  Foto: dpa
Ernste Botschaften, aber mit fröhlichen Gesichtern: Rund 10.000 Menschen haben bunt und größtenteils friedlich gegen die AfD demonstriert. Foto: dpa

Wenn Köln demonstriert, dann ist das auch ein bisschen Karneval. Da bildet die Hauptkundgebung gegen den AfD-Bundesparteitag auf dem Heumarkt keine Ausnahme. Es laufen Karnevalslieder, die Demonstranten singen die Hymne des 1. FC Köln, schunkeln, tanzen und schwenken bunte Ballons.

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Fröhlich und friedlich – so hat der Großteil der rund 10.000 Menschen am Wochenende gegen den AfD-Bundesparteitag in Köln demonstriert. Die befürchteten Ausschreitungen sind weitgehend ausgeblieben. Lediglich zum Auftakt am Samstagmorgen kam es zu Rangeleien mit der Polizei. Zwei Beamte wurden verletzt. Am Sonntag blieb es ruhig, Zwischenfälle gab es nach Angaben der Einsatzkräfte keine.

Der kritischste Punkt der zweitägigen Demonstrationen war der Start. Nur unter starkem Polizeischutz erreichen die Delegierten des Parteitags am Samstagmorgen ihr Tagungshotel in der Innenstadt. Die Polizei muss eine Gasse durch aggressive Demonstranten bahnen. „Ganz Köln hasst die AfD!“, skandieren sie. Und: „AfD Rassistenpack – wir haben euch zum Kotzen satt!“ Plastikflaschen fliegen, immer wieder kommt es zu Rangeleien. Dabei werden die beiden Polizisten verletzt. Wasserwerfer fahren auf, die Atmosphäre ist bedrohlich. Mindestens fünf Teilnehmer werden festgenommen oder in Gewahrsam genommen.

Am Samstagmittag ist es auf dem Heumarkt, direkt neben dem Tagungshotel der AfD, bei der Hauptkundgebung dann vollkommen friedlich und deutlich entspannter. Es ist ein ganz besonderer Ort für viele Kölner, schließlich wird dort am Elften im Elften die neue Karnevalssession eröffnet, hier spielen an Weiberfastnacht die beliebtesten Bands. Vor allem die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft weiß offenbar ganz genau, wie man auf diesem Platz sprechen muss – und zieht gleich den Lukas-Podolski-Joker. Viele der Rechtspopulisten, die dort drüben im Hotel Maritim zusammengekommen sind, treten die Menschenwürde mit Füßen, sagt sie. „Wahrscheinlich zählt für sie nicht mal die Würde von Lukas Podolski, weil dieser Ur-Kölner in Polen geboren ist. Das ist es, wogegen wir aufstehen!“ Tosender Beifall ist der SPD-Politikerin, die sich derzeit im Wahlkampf befindet, gewiss. In Nordrhein-Westfalen und in Köln im Besonderen herrscht ein Klima von Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit, sagt Kraft und dann an die Adresse der AfD: „Deshalb sagen wir hier: Mit eurer Haltung seid ihr nicht willkommen in unserer Gesellschaft!“

Die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist rhetorisch deutlich weniger versiert. Doch wenn sie sagt, dass Gewalt mit Worten beginnt, „mit Reden und Propaganda in Sälen, auf Flugblättern und auf öffentlichen Plätzen“, dann kommt dem besonderes Gewicht zu. Denn Reker wurde 2015 am Tag vor der Oberbürgermeisterwahl von einem rechtsradikalen Attentäter niedergestochen. Sie überlebte diese Attacke nur knapp. „Rassismus und Fremdenhass beginnen eben nicht erst mit Gewalttaten und Anschlägen. Erst kommt die Rede und dann die Tat“, ruft sie in die Menge.

Zur Abschlusskundgebung auf dem Heumarkt am Sonntag versammeln sich nach Polizeiangaben dann nur noch rund 300 Menschen auf dem Heumarkt. „Alles ist ruhig“, sagt ein Sprecher. Entsprechend erleichtert zeigt sich daher auch Polizeipräsident Jürgen Mathies: „Ich bin sehr zufrieden darüber, dass wirklich die allerallermeisten Menschen sich daran halten, friedlich zu bleiben.“

Das Links-Bündnis „Solidarität statt Hetze“ wirft ihm dagegen vor, mit überzogenen Warnungen vor linksextremistischer Gewalt viele potenzielle Teilnehmer abgeschreckt zu haben. Mathies weist das zurück. „Unsere Lageerkenntnisse sind eingetreten“, sagt er. „Wir sehen uns in allem, was geschieht hier in der Stadt, bestätigt.“ Ob der Polizeieinsatz mit rund 4000 Beamten nun überzogen war oder nicht – am Ende sorgte wohl auch er dafür, dass es in Köln mehr Karneval als Krawall gab.