Mosel

Bleibt die Ernte des Weinbergspfirsichs dieses Jahr ganz aus?

Kein Pfirsich, nirgends: Ignaz Göbel ärgert sich über erfrorene Blüten. Der Moselaner fürchtet, dieses Jahr kaum Weinbergspfirsiche ernten zu können.
Kein Pfirsich, nirgends: Ignaz Göbel ärgert sich über erfrorene Blüten. Der Moselaner fürchtet, dieses Jahr kaum Weinbergspfirsiche ernten zu können. Foto: Hantzschmann

Ignaz Göbel ist 88 Jahre alt, seit seinem 13. Lebensjahr baut er an der Mosel Wein und Weinbergspfirsiche an, aber derart heftige Fröste, so spät im April, hat er noch nicht erlebt. „Sehen Sie sich doch die Pfirsichbäume an, kein einziger Pfirsich hängt mehr dran“, sagt Göbel, während er mit dem Auto sein Land abfährt.

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Rund 14 Hektar Rebfläche bewirtschaftet das Weingut Göbel-Schleyer und Erben in Ernst an der Mosel (Kreis Cochem-Zell) – und zehn Pfirsichfelder. Mehr als 10.000 Gläser füllt der Betrieb jedes Jahr mit Marmelade vom Roten Weinbergpfirsich. Außerdem stellen sie hier Schnaps aus den Früchten her. Touristen lieben den aromatischen Weinbergpfirsich von der Mosel, das Geschäft läuft gut. Doch dieses Jahr könnte die Ernte der süßen Früchte komplett ausfallen. „Beim Wein rechnen wir mit etwa einem Viertel weniger, bei den Pfirsichen wird es fast nichts geben“, sagt Ignaz Göbel.

Die meisten Bäume standen gerade mitten in der Blüte, als die Temperaturen auf minus 5 bis minus 6 Grad absackten. Vier Wochen später sieht man noch die braunen, vertrockneten Reste der einst rosafarbenen Blüten an den Bäumen. Ignaz Göbel flucht, wenn er sich seine Bäume anschaut. In seinem Betrieb haben sie alle Bäume selbst aufgezogen, Pfirsichkerne in die Erde gesteckt, gewartet und die jungen Pflanzen gepflegt. „Ein paar Tage mehr, und die Blüte wäre vorbei und alles halb so schlimm gewesen.“ Es ist nicht so, dass die Zukunft des Betriebes mit 60 Mitarbeitern von den Pfirsichen abhängt, auch nicht von den Ernteausfällen, die es beim Wein geben könnte. Aber Göbel will seine Kunden nicht enttäuschen. Zumindest gibt es noch Vorräte.

Die Weinbergpfirsiche von Ignaz Göbel sind nicht die einzigen, die der Frost zerstört hat. Nach Angaben des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau können Blüten bei Temperaturen unter minus 5 Grad Schaden erleiden – selbst bei Schutzmaßnahmen wie Frostschutzberegnung. „Landwirte und Winzer müssen in vielen Flächen bereits jetzt mit schweren Ertragseinbußen bis hin zu Totalschäden leben“, schreibt der Verband. Über die Gesamtschäden liegen aber noch keine genaueren Informationen vor. Der Verband geht trotzdem von „enormen wirtschaftlichen Einbußen“ bei der Mehrheit der Obstbetriebe aus. Viele Betriebe leiden laut Verband bereits heute unter dem Klimawandel und seinen Folgen. „Es ist auffällig, dass die Vegetationsentwicklung in den letzten Jahren um bis zu zwei Wochen früher erfolgt, was die Gefahr der Frosteinwirkungen deutlich erhöht.“ Außerdem würden die Frühjahrsniederschläge – von Ausnahmen abgesehen – abnehmen, was der Verband eine „bedenkliche Entwicklung“ nennt.

Besser als dem Roten Weinbergpfirsich und dem Obst im Land erging es den Lavendelfeldern in Lehmen an der Mosel. „Unser Lavendel hat sich sehr robust gezeigt. Wir haben keine nennenswerten Schäden. Im Gegenteil: Die vergangenen Tage waren so warm, dass er nun so weit ist wie in keinem Jahr zuvor. Er schimmert schon blau, den Pflanzen geht es hervorragend.“ Mit dem Lavendel wollte der Verein Lehmener Razejunge der Verbuschung in verlassenen Steilhängen entgegenwirken. Denn dort, wo Weinberge aufgegeben werden, machen sich schnell Brombeeren und anderes Gestrüpp breit.

„Wir haben hier an der Mosel eine sehr alte Kulturlandschaft, die wir erhalten wollen“, erklärt Dieter Möhring. Wenn schon nicht überall mehr die Weinreben erhalten werden können, soll wenigstens der intensiv blühende Lavendel für Ästhetik sorgen. Im Jahr 2014 startete der Verein mit 3200 Pflanzen, die inzwischen zu kräftigen Büschen herangewachsen sind und jeden Sommer den ehemaligen Weinberg in ein würzig duftendes Blütenmeer verwandeln. Im Juni soll die Blüte am schönsten sein, im Juli wird geerntet. Stefan Hantzschmann