Die Landschaft gehört uns allen

Sitzen bald die Diebe mit Laptops in ihren Räuberhöhlen und planen mit Googles Straßenbilder-Dienst „Street View“ die nächste Einbruchserie? Der Bund Deutscher Kriminalbeamter befürchtet das – aber: Dann müsste man auch Stadtpläne verbieten, die erleichtern den Dieben gleichfalls das kriminelle Tun

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Jochen Magnus zu Google Street View

Sitzen bald die Diebe mit Laptops in ihren Räuberhöhlen und planen mit Googles Straßenbilder-Dienst „Street View“ die nächste Einbruchserie? Der Bund Deutscher Kriminalbeamter befürchtet das – aber: Dann müsste man auch Stadtpläne verbieten, die erleichtern den Dieben gleichfalls das kriminelle Tun. Wie viele technische Errungenschaften, hat auch Googles Bilderdienst zwei Seiten. Per Mausklick reist man in fremde Städte, kann nachschauen, ob das Urlaubshotel wirklich so romantisch liegt, wie es der Reisekatalog verspricht. In Paris – von Street View bereits katalogisiert – nutzen viele den Internetdienst bei ihrer Wohnungssuche oder um sich Treffpunkte vorher anzuschauen. Andererseits könnte jemand mit ebenso einfachen Klick herausfinden, dass man in einem ziemlich heruntergekommen Stadtteil in einem hässlichen Mietsbunker wohnt.

Die Bedenken mancher Bürger und Datenschützer sind verständlich, gerade bei einem so datenmächtigen Konzern wie Google. Aber ein wichtiges Freiheitsrecht muss doch für alle gelten – und damit auch für Google: Die Landschafts- und Stadtansichten gehören allen! Jeder darf im öffentlichen Raum nach Herzenslust fotografieren, man nennt das „Panoramafreiheit“. Erst Anfang des Jahres hatte das Brandenburgische Oberlandesgericht diese Freiheit verteidigt und einer Stiftung verboten, für das Fotografieren Preußischer Schlösser und Parks Geld zu verlangen. Die Stiftung geht nun in Revision, bekäme sie Recht, würden bald Bauherren, Architekten und Künstler ihre Urheberrechte geltend machen und das Fotografieren auf der Straße würde für jeden zum riskantes Unterfangen, der seine Bilder im Internet oder in anderen Medien verbreitet würde. Deshalb warnen die deutschen Journalistenverbände auch so eindringlich vor einer drohenden Einschränkung der Pressefreiheit.

Google darf sich auf die Panoramafreiheit berufen, muss sich seinerseits aber auch strikt an Regeln halten: Street View darf nur Bilder, die jeder Passant auch sehen könnte aufnehmen, also aus höchstens zwei Metern Höhe. Gesichter von Passanten müssen zuverlässig unkenntlich gemacht werden, denn jeder besitzt das Recht an seinem Bild. Es gibt aber – höchstrichterlich festgestellt – kein Recht am Bild der eigenen Sache! Daher ist Googles Angebot, auf Wunsch Häuserfassaden unkenntlich zu machen, bereits ein großes Zugeständnis. Selbstverständlich muss der Konzern die Daten von Menschen, die Widerspruch eingelegt haben, sofort wieder löschen, das merkt der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar zu Recht kritisch an. Spätestens seit dem „WLAN-Desaster“, bei dem Google fahrlässig Daten privater Funktnetze aufgezeichnet hatte, weiß man, dass der Datenfischer gelegentlich seine Netze zu weit auswirft.

Untern Strich schafft der Internetkonzern für Milliarden Menschen einen einfachen Zugang zu Informationen, der vor wenigen Jahren noch unvorstellbar war. Seine Welt-Postenkartensammlung wird jetzt auch mit Bildern aus unserem schönen Land ergänzt. Ich freue ich darüber!

Weiterführende Informationen finden Sie auf der Seite „Pro Panoramafreiheit”.