++ 19:30 Volksbühne verabschiedet verstorbenen Intendanten Pollesch
Plus
Katar

Ist Katar bereit für die WM? Experten zweifeln vor allem im Hinblick auf den Ansturm der Fans am Gastgeber

Von Jochen Dick
Umstrittene Wüsten-WM: Im kommenden Winter ist das kleine Emirat Katar Ausrichter des größten Fußball-Turniers der Welt. Unaufhörlich gibt es Kritik am ersten arabischen Gastgeber einer Weltmeisterschaft. Auf den WM-Baustellen wie dem Lusail-Stadion (Foto unten), das 15 Kilometer nördlich des Zentrums von Doha liegt, werden laut Menschenrechtsorganisationen weiterhin Gastarbeiter ausgebeutet.⋌Fotos:
Umstrittene Wüsten-WM: Im kommenden Winter ist das kleine Emirat Katar Ausrichter des größten Fußball-Turniers der Welt. Unaufhörlich gibt es Kritik am ersten arabischen Gastgeber einer Weltmeisterschaft. Auf den WM-Baustellen wie dem Lusail-Stadion (Foto unten), das 15 Kilometer nördlich des Zentrums von Doha liegt, werden laut Menschenrechtsorganisationen weiterhin Gastarbeiter ausgebeutet.⋌Fotos: Foto: Christian Charisius, Laurent Gillieron/dpa

Tausende tote Bauarbeiter beim Stadionbau, Korruption, Unterdrückung, Schwulenfeindlichkeit: Katar erfährt als Ausrichter der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft heftige Ablehnung. Längst nicht alle Kritiker waren aber selbst vor Ort, um sich ein Bild zu machen. Der Mainzer Sportökonom Holger Preuß hat dagegen eine differenzierte Sicht auf den umstrittenen WM-Gastgeber.

Lesezeit: 5 Minuten
Menschenrechtsverletzungen. Tausende tote Gastarbeiter auf den WM-Baustellen. Korruption schon bei der Vergabe. Unterdrückung von Frauen. Homophobie. Mangelhafte Nachhaltigkeit. Fehlende Fußball-Tradition. Die anstehende Weltmeisterschaft in Katar ist mit zahlreichen negativen (und kaum positiven) Schlagworten behaftet und somit längst zum Fanal einer unheilvollen Entwicklung in der Sportwelt geworden. Der öffentliche Diskurs hierzulande ist ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Sportswashing: Umstrittene Imagepflege

Auch der Begriff „Sportswashing“ wird mittlerweile eng mit Katar verbunden. Darunter versteht man die Instrumentalisierung des Sports zur Imagepflege. „Ein Land oder eine Regierung versucht, durch die Strahlkraft des Sports von Missständen abzulenken“, erklärt Jürgen Mittag, Professor für Sport und Politik an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Dieses „Reinwaschen“ oder Schönfärben ist nicht neu: Bereits die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin dienten Adolf Hitler zu Propagandazwecken. In der Neuzeit gerieten die Winterspiele in Sotschi 2014 in die Kritik, als Kremlchef Wladimir Putin sein eigenes Image und das seines Landes mittels des Sports und Ausgaben von rekordverdächtigen 33 Milliarden Euro aufpolieren wollte. Zuletzt standen im Februar die Winterspiele in Peking vor diesem Hintergrund im Fokus. Laut Mittag sei mit der anstehenden Fußball-WM in Katar der Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht. „Dabei stehen immer folgende Fragen im Zentrum: Welchen Sport wollen wir? Und wollen wir Sport um jeden Preis?“, führt der Experte aus.

Die Debatte um Katar als Ausrichter werde nun deutlich an Fahrt aufnehmen. „Oft ist es dann aber so: Wenn der Ball rollt, gerät vieles in Vergessenheit, und der Sport tritt in den Vordergrund“, sagt Mittag. So war es auch zuletzt bei den Peking-Winterspielen, vor denen Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Unterdrückung von Minderheiten und massive Umweltzerstörung die vorolympische Nachrichtenlage beherrscht hatten. jd

Katar – Gaslieferant und Gastgeber

Das Wüstenemirat Katar zählt 2,67 Millionen Einwohner. Nur 15 Prozent davon sind Einheimische, die restlichen 85 Prozent sind ausländischer Herkunft. Viele davon leben als Gastarbeiter aus unterschiedlichen Nationen im Land und verdingen sich in diversen Tätigkeitsfeldern und Gehaltsklassen. Katar verfügt über die drittgrößten natürlichen Gasreserven der Welt und ist auch durch diesen Energievorteil nach dem Pro-Kopf-Einkommen seiner Bewohner das neuntreichste Land der Welt. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist der Emir Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani. In dieser absoluten Monarchie umfasst die engere Herrscherfamilie 200 Personen.

Dem Emir ist trotz der erzkonservativen Haltung vieler Verantwortungsträger an einer schrittweisen Öffnung für westliche Einflüsse gelegen. Eine große Rolle spielt hier der Sport: In den vergangenen Jahren bemühte sich Katar um die Ausrichtung zahlreicher Großereignisse – mit Erfolg: Mehr als 500 internationale Sportveranstaltungen waren in den vergangenen 15 Jahren zu Gast, darunter die Asian Games 2006, die Handball-WM 2015 und die Leichtathletik-WM 2019.

Im Dezember 2010 erhielt Katar im Rahmen einer umstrittenen Doppelvergabe mit dem 2018er-Turnier an Russland den Zuschlag für die Fußball-WM 2022. Das große Ziel der so sportbegeisterten Führung des Emirats ist die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele, die Bewerbung für 2032 scheiterte noch, eine weitere Kandidatur für das Jahr 2036 ist längst in Arbeit. jd

Sport mit Meinung
Meistgelesene Artikel