Koalitionsvertrag Brandenburg
SPD und BSW sind sich einig: Koalitionsvertrag steht
Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW beendet
Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW beendet
Michael Bahlo. DPA

SPD und BSW wollen in Brandenburg gemeinsam regieren und betreten damit Neuland in Deutschland. Der Koalitionsvertrag ist fertig - es gab bei den Verhandlungen aber auch Störmanöver.

Aktualisiert am 27. November 2024 18:51 Uhr

Potsdam (dpa) - Die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben sich in Brandenburg auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Damit ist der Weg für das erste Regierungsbündnis dieser Art in Deutschland frei. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte bei der Vorstellung des fast 70-seitigen Koalitionsvertrags in Potsdam: «Brandenburg braucht Stabilität und Brandenburg braucht Sicherheit». Brandenburg ist das zweite Land, in dem das BSW regieren möchte - in Thüringen will die Partei mit CDU und SPD koalieren.

SPD und BSW streben in Brandenburg fünf Jahre gemeinsames Regieren an. «Es wird nicht immer einfach sein», sagte BSW-Landes- und Fraktionschef Robert Crumbach. Beide Seiten sprachen von schwierigen, aber fairen Koalitionsverhandlungen. Kurz vor Abschluss stockten die Gespräche allerdings, weil die Geschlossenheit infrage stand. Das BSW hatte sich erst in diesem Jahr als Partei gegründet. 

 Woidke sieht Wirtschaft, Bildung und Integration im Fokus 

Als zentrale Neuerungen der geplanten Koalition nannte Ministerpräsident Woidke die Stabilisierung der schwächelnden Wirtschaft, bessere Bildungsqualität an Schulen und die Integration von Flüchtlingen durch eine rasche Arbeitsaufnahme. Wer Minister wird, ist offen. Die SPD soll sechs Ministerien plus Staatskanzlei erhalten. Drei Ressorts gehen an das BSW: Finanzen, Infrastruktur und Gesundheit. Der Ex-SPD-Politiker Crumbach zeigte sich enttäuscht, dass die SPD das Bildungsressort behält.

Die geplante Koalition will die Krankenhausstandorte erhalten, die Kindergartenjahre beitragsfrei lassen, die Zahl der Polizisten aufstocken und illegale Migration eindämmen. Wer kein Bleiberecht besitzt, muss Deutschland verlassen. Handys im Unterricht sollen für Grundschüler tabu sein: Sie müssen in Taschen oder Schließfächern verstaut werden. Polizisten sollen flächendeckend Bodycams und Elektroschockgeräte (Taser) haben.

Beide Parteien fanden auch in umstrittenen friedenspolitischen Forderungen von BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht einen Kompromiss. Sie zeigte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Das BSW habe Wichtiges erreicht.

BSW sieht Mehrheit für Regierungschef 

Das Ziel sei es, Brandenburg voranzubringen, sagte der Regierungschef. «Wir wissen, dass es viele Vorbehalte gibt in der Öffentlichkeit.» Er sei aber fest überzeugt, dass das Bündnis «gelingen kann». Die Landesvorstände und Parteitage von SPD und BSW müssen noch über den Koalitionsvertrag entscheiden. Die Wahl von Woidke als Regierungschef ist für den 11. Dezember geplant.

Der BSW-Fraktionschef zeigte sich überzeugt, dass seine Fraktion im Landtag geschlossen für Woidke als Ministerpräsidenten stimmen wird. Woidke sagte auf die Frage, ob er sich aller Stimmen der Regierungsfraktionen im ersten Wahlgang sicher sei: «Das wird sich zeigen.(...) Natürlich hoffe ich, dass wir zu einer Regierungsbildung kommen.» Die Mehrheit drohte in den vergangenen Tagen zu bröckeln.

Ärger um BSW-Abgeordneten

Ärger gibt es seit Tagen in der BSW-Landtagsfraktion. Angesichts von Querelen um den Abgeordneten Sven Hornauf fordert BSW-Fraktionschef Crumbach ihn auf, sein Landtagsmandat niederzulegen. Hornauf hatte gedroht, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf nicht für SPD-Regierungschef Woidke im Landtag zu stimmen. 

Das SPD-BSW-Bündnis hat im Landtag eine Mehrheit von zwei Stimmen, ohne Hornauf würde sie auf nur noch eine Stimme schrumpfen. «Manchmal disziplinieren enge Mehrheiten auch mehr als große Mehrheiten», meinte Crumbach.

Crumbach sagte: «Ich finde, wir haben auch eine Situation, in der er darüber nachdenken sollte, sein Mandat zurückzugeben. Wenn er das nicht tut, wird die Fraktion die weiteren Schritte beraten.» Bislang sei es nicht gelungen, mit Hornauf ein Gespräch zu führen - er ist im Urlaub. Woidke betonte, beide Parteien stünden zum Bundeswehrstandort Holzdorf und zu den Soldaten.

Umgang mit der AfD

Für den Umgang mit Anträgen von AfD und CDU im Brandenburger Landtag haben SPD und BSW eine Regelung vereinbart: grundsätzlich ablehnen. Davon sind Ausnahmen möglich - aber nicht immer, meint Woidke. «Bei Anträgen der AfD kann ich sie ausschließen.»

Der BSW-Fraktionschef sagte jedoch: «Wenn eine Oppositionspartei allerdings konstruktiv an der Gestaltung Brandenburgs zum Besseren mitwirken will und das tut und sich dort einbringt, dann bin ich mir sicher, werden wir als Koalition uns dem nicht verstellen», sagte Crumbach. Der Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.

Kritik der Opposition

AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt meinte: «Diese Koalition wird eine Koalition des "Weiter so" sein in allen wesentlichen Fragen.» CDU-Fraktionschef Jan Redmann kritisierte, von einer Koalition aus SPD und BSW gehe kein Aufbruchssignal aus. Dagegen sagte Crumbach: «Die Handschrift des BSW ist deutlich erkennbar.»

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