SP-X/Balocco. Es war still geworden um die Marke Lancia. Seit 2017 wurden keine Autos mehr exportiert. Doch jetzt ist Lancia wieder da – mit einer neuen Version des Kult-Autos Lancia Ypsilon.
Der Ypsilon war wohl der erste Design-Stadtwagen, mit Schwerpunkt auf edler Optik, hochwertiger Ausstattung wie Alcantara-Bezügen. Damit ist er so etwas wie ein Ahnherr einer ganzen Flotte von Cityflitzern, die mehr durch Aussehen und Ausstattung bestachen als durch PS und Höchstgeschwindigkeit. Dass das 1906 gegründete Traditionsunternehmen infolge der Fusion zwischen FiatChrysler und PSA 2021 zum Autoriesen Stellantis gehört, fiel kaum jemand auf, da der bisherige Lancia Ypsilon als einziges Produkt seit 2017 ausschließlich in Italien verkauft wurde.
Umso lautstärker melden die Turiner sich nun zurück. Der neue Ypsilon wird in Deutschland Mitte 2025 an 25 deutsche Vertriebsstandorten, hauptsächlich in Großstädten und Ballungsgebieten in drei Versionen ausgeliefert: als Mildhybrid (74kW/100PS mit 48-Volt-Batterie), als Vollelektro-Version mit 115kW/156PS und einer 51-kW-Lithium-Ionen-Batterie sowie als vollelektrischer Sportvariante HF (207 kW/280 PS).
Die Abkürzung HF steht für High Fidelity und hat ebenfalls eine lange Geschichte. Sie geht zurück auf den Genfer Autosalon 1960. Dort gründete sich der „Lancia Hi-Fi“-Club. Bedingung für die Mitgliedschaft, die eine große Treue voraussetzte, war der bisherige Erwerb von mindestens sechs Lancia-Neuwagen. Aus dieser Fangemeinschaft wurde allmählich der Rennsport-Zweig von Lancia. Die „Squadra Corse“ mit dem roten Elefanten als Maskottchen soll künftig die sportlichen Varianten der Lancia-Modelle zieren. Gleichzeitig strebt Lancia, zehnmaliger Rallye-Markenweltmeister, seine Rückkehr in den Sport an. Zunächst in der Rallye 4, wo man einen Platz für junge Talente schaffen will. Das entsprechende Auto dafür, der Lancia Ypsilon Rally 4 HF, kann demnächst für 74.500 Euro auf einer eigenen Website bestellt werden.
Das Vergnügen, den regulären Lancia Ypsilon zu fahren, ist für ein Drittel des Rallye-Wagens zu haben. In Italien, wo er schon auf der Straße ist, beginnt der Mildhybrid bei 24.000 Euro, die elektrische Variante bei 35.000 Euro. Nach Auskunft bei Lancia werden die deutschen Preise, die noch nicht feststehen, ähnlich sein. Zwar gab es noch keinen ausgiebigen Test für den neue Ypsilon, wir durften allerdings den Wagen schon einmal kurz fahren, was für erste, durchaus vielversprechende Eindrücke reichte.
Als erstes besticht das Äußere. Der neue Ypsilon ist ein Design-Schätzchen. Vorn ein geschwungenes Lächeln auf der Motorhaube, mit T-Struktur und integrierten Blinkern. Darunter, eingefasst in ein dezentes Hexagon, die Hauptscheinwerfer, darunter ein tiefgestreckter Kühler, der ausdrücken will „unterschätz’ mich nicht!“ Ein leicht abfallende Dachlinie sowie eine dynamisch stürzende C-Säule vermitteln Kompaktheit. Das Heck wird durch die kreisrunden Leuchten mit einem liegenden „Y“ als Rückfahrleuchte dominiert. Wuchtig und stolz prangt vorn wie hinten der Lancia-Schriftzug.
Die Elektrovariante ist für ein E-Fahrzeug eher dezent motorisiert. Das zeigt sich auch bei der Dynamik und der Höchstgeschwindigkeit (150 km/h). Allerdings sorgen 260 Nm für hinreichend Schub und elektrisches Fahrgefühl, etwa beim Überholen auf Landstraßen. Nur beim Angeber-Spiel „0 auf 100“ ist der schicke Elektro-Wagen raus. Mit 8,2 Sekunden liegt er da eher im Benzin-Bereich. Das tut dem Fahrspaß aber keinen Abbruch, der E-Ypsilon fährt sich im positivsten Sinne gemütlich. Die Reichweite soll bei 403 km liegen.
Das Cockpit ist edel-elegant gestaltet, mit schmalen und dennoch gut lesbaren Bildschirmen. Besonders auffällig sind zwei Elemente: Der „Tisch“ in der Konsolenmitte sowie eine UFO-artige Einheit auf dem Armaturenbrett, S.A.L.A. genannt. Das heißt Wohnzimmer auf italienisch, so soll man sich auch fühlen im Ypsilon. Die Abkürzung steht aber auch für „Sound Air Light Augmentation“, ein Rundum-Sorglospaket für den Innenraum, der mit Klang, Luftfilter und Ambiente-Beleuchtung eine wohnliche Atmosphäre schaffen soll.
Der Mildhybrid konnte mit seinem Dreizylinder-Motor bei 1,2 Litern Triebwerk durch eine erstaunliche Laufkultur überzeugen. Bei 190 km/h ist Schluss, die wurden im Landstraßentest gesetzesbedingt nicht erreicht. Trotz dynamischer Fahrten durch kurviges Terrain und häufiges Überholen ließ sich der Hybrid nicht über 6,8 Liter Verbrauch treiben, die Anzeige verhieß eine Restreichweite von 810 Kilometern. Das macht den Hybrid durchaus zu mehr als einem Stadtwagen. Zumal die Maße des neuen Ypsilon mit 4,08 Metern (Breite 1,76 Meter, Höhe 1,44 Meter) durchaus ausreichend sind.
Man hat sich also viel vorgenommen bei Lancia. 2025 soll der neue Gamma folgen, 2026 der neue Delta. Charles Henri Fuster, Marketing-Chef von Lancia, formuliert die Ausrichtung der Marke so: „Wir wollen keine Million Autos verkaufen. Wir wollen Premium bleiben und eine hohe Qualität liefern. Wir wollen dort sein, wo wir die neue Generation von Premium-Kunden haben, also in der Innenstadt.“