Kriminalitätsentwicklung
«Tiefststand» bei Straftaten – Statistik mit Schattenseiten
Michael Ebling
Michael Ebling
Harald Tittel. DPA

Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik verdeutlicht für Innenminister Ebling, dass Rheinland-Pfalz eines der sichersten Bundesländer ist. Einige Daten zeigen jedoch nicht so positive Entwicklungen.

Mainz (dpa/lrs) – Weniger Straftaten und eine kaum veränderte Aufklärungsquote: Für Innenminister Michael Ebling (SPD) zeigt die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2024 für Rheinland-Pfalz eine ganze Reihe positiver Entwicklungen, er spricht von einem «historischen Tiefststand» der Kriminalität. Etwas getrübt wird das Bild durch höhere Schäden oder höhere Fallzahlen bei einzelnen Delikten. Ein Überblick:

Entwicklung der Straftaten insgesamt

Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) zählt für 2024 unter dem Strich 239.388 Straftaten auf – etwa 16.500 oder 6,5 Prozent weniger als im Jahr davor. Damit ist in etwa wieder das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 erreicht. Ohne sogenannte ausländerrechtliche Verstöße umfasst die PKS 228.452 Straftaten – knapp 14.200 oder 5,8 Prozent weniger als 2023.

Bei Herausrechnung der besonderen Pandemie-Jahre 2020 und 2021 ist das laut Innenministerium die niedrigste Fallzahl seit 1994. «Die rückläufigen Zahlen erstrecken sich auf nahezu alle Straftatenobergruppen», betone Ebling.

Was sind Ausnahmen?

Das sind Rohheitsdelikte wie Raub oder Körperverletzung oder Straftaten gegen die persönliche Freiheit sowie Straftaten gegen das Leben, zu Letzteren zählen Mord und Totschlag. Straftaten gegen das Leben wurden 95 gezählt und damit 17 mehr als 2023. Darunter waren sieben Morde und elf Mordversuche. Trotz des Anstiegs liege die Zahl der Straftaten gegen das Leben noch immer leicht unter dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2023, erklärte das Ministerium.

Die Zahl der Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit stieg um 2,5 Prozent auf 47.218. Darunter seien vermehrt Bedrohungen im digitalen Raum, erklärte der Präsident des Landeskriminalamtes (LKA), Mario Germano. Bei den Körperverletzungen blieb die Zahl mit knapp 29.700 Fällen etwa stabil.

Ein Plus von 4,2 Prozent im Jahresvergleich auf knapp 13.500 Fälle gab es bei häuslicher Gewalt. Die Zunahme der Fälle sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass es eine größere Bereitschaft gebe, solche Taten anzuzeigen. Hilfs- und Unterstützungsangebote für Betroffene seien ausgebaut und das Thema teils enttabuisiert worden. Bei knapp 9.000 Fällen von häuslicher Gewalt ging diese vom Partner oder Ex-Partner aus, beim Rest handelt es sich um innerfamiliäre Gewalt. 17 Todesopfer von häuslicher Gewalt wurden gezählt.

Nach oben ging es auch mit der Zahl der Messerangriffe. Hier wurden 2024 insgesamt 553 Fälle gezählt, fast ein Viertel mehr als 2023. Solche Fälle wirkten sich stark auf das Sicherheitsgefühl der Menschen aus, sagte Ebling. Unter dem Strich machten sie aber nur 0,24 Prozent aller Delikte aus. Von den 553 Fällen geschahen 250 im öffentlichen Raum. Die Wahrscheinlichkeit, willkürliches Opfer eines solchen Angriffs zu werden, sei nach wie vor äußert gering.

Was sticht sonst noch heraus?

Erstmals seit Jahren wurden etwas weniger Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gezählt: Mit 6.232 waren es 1,2 Prozent weniger als 2023. Einen Rückgang von 2,1 Prozent gab es bei Diebstählen – nunmehr rund 61.400 Fälle. Wohnungseinbrüche wurden 2.626 gezählt, bei knapp der Hälfte der Fälle sei es bei einem Versuch der Täter geblieben. 2018 lag die Zahl der Wohnungseinbrüche den Angaben nach noch bei mehr als 4.000. Die positive Entwicklung spreche dafür, dass Präventionsarbeit greife, sagte Ebling.

Die Zahlen zur Rauschgiftkriminalität 2024 können nach der Cannabis-Teillegalisierung nur noch sehr eingeschränkt mit denen der Vorjahre verglichen werden. Unter dem Strich wurden 2024 insgesamt 13.433 Rauschgiftdelikte registriert nach knapp 19.300 im Jahr 2023 – einem Minus von über 7.200 Fällen bei Verstößen mit Cannabisprodukten standen 951 Straftaten gemäß dem neuen Konsumcannabisgesetz gegenüber. Der Rückgang der Straftaten insgesamt sei allerdings nicht allein auf die Teillegalisierung zurückzuführen, betonte Ebling.

Die sogenannte Straßenkriminalität, also zum Beispiel sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum, Körperverletzungen, Diebstähle oder Sachbeschädigungen auf der Straße, ging zurück – konkret um 8,5 Prozent auf rund 42.600 Fälle. Abgesehen von den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 ist das der niedrigste Wert seit der Erfassung der Straßenkriminalität in der PKS 1989.

Wie erfolgreich waren die Ermittler?

Die Aufklärungsquote lag laut der Statistik 2024 bei 64,3 Prozent. Das entspricht dem Ministerium zufolge in etwa dem Wert der vergangenen beiden Jahre. Allerdings unterscheiden sich die Aufklärungsquoten zwischen den einzelnen Delikten teils stark: Während von den Wohnungseinbrüchen 2024 lediglich 14,7 Prozent aufgeklärt wurden, lag die Quote bei Körperverletzungen bei 90,5 Prozent, bei Straftaten gegen das Leben gar bei fast 99 Prozent.

Was fließt in die Polizeiliche Kriminalstatistik ein, was ist neu?

Es geht um Fälle, die von Polizeiseite abgeschlossen und an Staatsanwaltschaften gegangen sind. Nicht in die PKS fließen Fälle von politisch motivierter Kriminalität ein, viele Verkehrsdelikte oder Finanz- und Steuerdelikte. Erstmals in der PKS ausgewiesen wurde diesmal dagegen das Phänomen Callcenter-Betrug. Dazu zählen die Maschen Enkeltrick oder der sogenannte Schockanruf. 2024 wurden 754 solche Betrugsfälle gezählt, 233 vollendete bei einer Schadenssumme von insgesamt 5,9 Millionen Euro. Viele solcher Fälle würden jedoch nicht angezeigt, erklärte LKA-Chef Germano.

Wie sieht es bei Geldautomatensprengungen aus?

Diese werden nicht in der PKS aufgeführt, es gibt aber ein eigenes LKA-Lagebild dazu. Nach dem Höchststand von 2022 mit 56 Taten, gefolgt von 50 Fällen 2023 sank die Zahl weiter auf 23 im vergangenen Jahr. Davon hätten Täter in 14 Fällen Geld erbeutet, sagte LKA-Präsident Germano. 15 Tatverdächtige seien 2024 ermittelt worden. Der mit solchen Sprengungen verursachte Sachschaden lag den Angaben nach mit ungefähr 1,5 Millionen Euro 2024 deutlich unter dem Wert von 2023 mit knapp neun Millionen Euro.

© dpa-infocom, dpa:250310-930-399387/1

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