Mainz (dpa/lrs) - In Rheinland-Pfalz können Fachkräfte früher in ihren Job in der Kita starten: Die Ausbildung kann von fünf auf vier Jahre verkürzt werden. «Wir brauchen Erzieherinnen und Erzieher, wir brauchen viele und wir brachen sie zügig», sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in Mainz bei der Präsentation der neuen Ziele.
Rund 130 junge Menschen haben nach Angaben der Ministerin mit dem Beginn des Schuljahrs 2024/25 mit der verkürzten Ausbildung begonnen. Bei Inhalt und Qualität der Ausbildung gebe es keinerlei Abstriche. An sieben Standorten in Land gebe es das Modell, weitere Standorte sollen folgen.
Anrechnung von beruflichen Vorqualifikationen
Der klassische Weg der Absolventinnen und Absolventen sehe dann so aus, dass sie zunächst für zwei Jahre die Höhere Berufsfachschule besuchen und dabei zu Sozialassistentinnen und -assistenten ausgebildet werden. Die folgende berufsbegleitende Erzieherausbildung werde von drei auf zwei Jahre verkürzt. Dies sei möglich, weil die einschlägigen beruflichen Vorqualifikationen nun angerechnet werden, erklärte Hubig.
Rheinland-Pfalz werde auch den Quereinstieg in die vollschulische Ausbildung ermöglichen, so dass diese um ein halbes Jahr kürzer sein kann, berichtete die Bildungsministerin. Wer ein Studium etwa aus dem Bereich der Sozial- oder Heilpädagogik begonnen, aber nicht abgeschlossen hat, könne zudem künftig direkt in eine verkürzte Erzieherausbildung einsteigen und sich seine hochschulischen Leistungen anrechnen lassen. Im Ergebnis bedeute auch das eine Verkürzung um ein Jahr.
Interesse am Job nimmt zu
Nach Angaben der Bildungsministerin nimmt das Interesse an einem Job im Erzieherberuf in Rheinland-Pfalz zu. Rund 6.100 Schülerinnen und Schüler seien an den Fachschulen angemeldet. An der Höheren Berufsfachschule Sozialassistenz liege die Zahl der Schülerinnen und Schüler bei etwa 3.000.
Die Zahl der Beschäftigten in dem Beruf liegt in Rheinland-Pfalz bei rund 38.600 Fachkräften, davon rund 34.100 Vollzeitstellen. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2022 beträgt der Anteil der offenen Stellen etwa acht Prozent.
CDU spricht von überfälligem Schritt
«Dass sich das Bildungsministerium endlich entschlossen hat, die Fachkenntnisse der Sozialassistenten für die Erzieherausbildung stärker anzuerkennen, war ein längst überfälliger Schritt, den wir seit vielen Jahren anmahnen», sagte der Kita-Experte der CDU-Landtagsfraktion, Thomas Barth. «Gute frühkindliche Bildung ist für uns kein Sparprogramm, sondern eine notwendige Investition in die Zukunft.» Die Erzieherinnen und Erzieher legten den Grundstein für schulischen Erfolg und lebenslanges Lernen.
«Wir brauchen auf der einen Seite verstärkt praxisintegrierte Ausbildungsmodelle sowohl für die Erzieherinnen und Erzieher als auch für die Sozialassistenten», forderte der Christdemokrat. «Es braucht auf der anderen Seite aber auch dringend bessere Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen.» Dafür habe die CDU-Fraktion mit einer Anpassung der Personalquote und einer flexibleren Möglichkeit des Fachkräfteeinsatzes Lösungsvorschläge gemacht.
GEW warnt vor mehr Geschwindigkeit auf Kosten der Qualität
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Rheinland-Pfalz kritisiert die Änderungen in der Ausbildung für die Erzieherinnen und Erzieher. Den Fokus auf eine schnellere Verfügbarkeit von Fachkräften zu legen, gefährde die Qualität der frühkindlichen Bildung, mahnte Kathrin Gröning, Landesvorsitzende der GEW. «Auf Kosten der Ausbildungsqualität auf Geschwindigkeit zu setzen, ist der falsche Weg.»
Mit der Möglichkeit der berufsbegleitenden Ausbildung zur Erzieherin gebe es bereits ein geeignetes Instrument, angehende Fachkräfte sofort in die Kitas zu integrieren. «Ein Einknicken vor der aktuell angespannten Lage hilft nicht, den Fachkräftemangel nachhaltig zu lösen», betonte die Gewerkschafterin. Der Beruf müsse stattdessen attraktiver gestaltet werden, damit Fachkräfte langfristig in ihrem Beruf bleiben.
Derzeit gebe jede fünfte Fachkraft bereits in den ersten Berufsjahren ihre Arbeit in der Kita auf, berichtete die GEW-Landeschefin. Dazu komme, dass im Durchschnitt Erzieherinnen und Erzieher acht Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter die Arbeit in der Kita beendeten. Als Gründe dafür nannte Gröning Überlastung, unzureichende Arbeitsbedingungen und mangelnde gesellschaftliche Anerkennung.
© dpa-infocom, dpa:241122-930-296209/2