Hachenburg (dpa/lrs) – Der Autofahrer vorn schleicht, die Fahrerin nebendran kann kein Autofahren: Solche Gedanken kommen beim Autofahren bei vielen manchmal auf. Doch warum lassen sich Menschen hinter dem Steuer leicht stressen? Und was kann man dagegen tun?
Erst am Wochenende machte ein Fall aus dem Westerwald Schlagzeilen: Ein Mann soll einer Autofahrerin dicht aufgefahren sein, sie überholt und dann zum Abbremsen genötigt haben. Letztlich soll der Mann die Frau sogar gewürgt, ihre Brille beschädigt und gegen ihr Auto geschlagen haben.
Verzögerungen für den eigenen Plan: «Das ist immer Stress»
Karl-Friedrich Voss ist Vorsitzender des Bundesverbandes niedergelassener Verkehrspsychologen und kennt sich mit Stress und Aggressivität hinter dem Steuer gut aus. Jeder Mensch, der in ein Auto steige, mache sich davor einen Plan und habe ein Ziel, dass er erreichen wolle, sagt er.
«Jetzt sieht er, dass da etwas passiert, was diesem Plan entgegensteht, also zum Beispiel, die Frau, die langsam fährt.» Es sei also etwas geplant, dass sich nicht machen lasse oder verzögert und behindert werde. «Das ist immer Stress», erklärt der Verkehrspsychologe.
Experte: «Beim Autofahren ist alles direkt vor der Nase»
Das Besondere beim Autofahren: «Dass man den, der einen ärgert, so in Person vor sich sieht», sagt Voss. Das sei etwa auch ein Unterschied zum Bahnfahren. «Den Lokführer oder den Mann im Stellwerk sieht man gar nicht. Das ist alles irgendwie entrückt», erklärt er. «Beim Autofahren ist alles direkt vor der Nase und vor den Augen.»
Wenn jemand subjektiv so sehr davon beeinflusst sei, dass er sogar gewalttätig werde, dann sei das ein Zeichen, dass «man hier die Kirche aus dem Dorf genommen» habe, sagt er. Diese Menschen hätten Rückstände in Bezug auf angemessenes Verhalten. «Das kann man eben auch üben.»
Psychologe: Alternativen für das eigene Verhalten finden
Es sei wichtig, sich klarzumachen, dass Autofahren immer von Verzögerungen gekennzeichnet sein kann, sagt der Experte. «Es kommt darauf an, dass man anerkennt, dass das dazugehört im Straßenverkehr.»
Oft fehle den Menschen das Bewusstsein für Alternativen in ihrem Verhalten. «Wenn im Straßenverkehr jemand sich falsch verhält, kann man auch die Polizei rufen», sagt Voss als Beispiel. «Es geht immer darum, dass man angemessenen Alternativen raussucht und weiß, dass die meistens viel schneller zum Ziel führen, als etwa jemanden zu verprügeln.» Oft bringe das Fehlverhalten viel größeren Schaden als etwa die befürchtete Verzögerung beim Autofahren. Das Denken in Alternativen» könne dabei helfen, ruhiger zu bleiben.
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