Martin Schulz (61) hat sich bisher vor allem als Europapolitiker einen Namen gemacht. Dem EU-Parlament gehörte er von 1994 bis 2017 an, seit 2012 war er auch EU-Parlamentspräsident. Eine Kandidatur als EU-Kommissionspräsident verlor er bei der Europawahl 2014 gegen den Konservativen Jean-Claude Juncker.
Zuvor war der gelernte Buchhändler aus Würselen in Nordrhein-Westfalen Bürgermeister in seiner Heimatstadt. Anfang dieses Jahres wurde bekannt, dass der bisherige Parteichef Sigmar Gabriel wider Erwarten nicht als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel antreten würde. Die Genossen wählten Schulz im März mit 100 Prozent zum neuen Parteivorsitzenden – und zu ihrem Kanzlerkandidaten.
Die SPD erlebte Anfang des Jahres ein Umfragehoch, was allerdings nicht von Dauer war. Hinzu kamen verlorene Landtagswahlen im SPD-Stammland Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Schleswig-Holstein. In der Wählergunst stürzten die Genossen wieder dramatisch ab. Doch Schulz gibt nicht auf, präsentiert sich im Interview als Kämpfer, der die Kanzlerin deutlich härter angreift als zuvor. Umfragen sehen seine SPD zurzeit bei 24 Prozent. Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren kam die Partei mit ihrem damaligen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf 25,7 Prozent. Um Parteichef zu bleiben und eventuell einen zweiten Anlauf auf das Kanzleramt zu nehmen, müsste Schulz dieses Ergebnis mindestens wiederholen.