Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz: Teure Miete, verödende Städte?

Der Online-Händler braucht im Prinzip nur ein Lager – auch wenn es, wie im Fall Amazon, auch ein riesiges Logistikzentrum sein kann. Filialen in den Innenstädten muss er nicht betreiben, und damit ist er einen wesentlichen Kostenfaktor los.

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Denn teure Mieten in guten Lagen muss der stationäre Einzelhändler in seine Kalkulation einbeziehen, die oft Spitz auf Knopf gerechnet ist. Liegt es also letztlich an den hohen Ausgaben dafür, dass der Handel in den Städten in Bedrängnis gerät?

Pauschale Antwort verbietet sich

Eine pauschale Antwort verbietet sich schon deshalb, weil die Miethöhen sehr unterschiedlich sind: Sie beginnen in den 1-A-Lagen rheinland-pfälzischer Städte bei 10 bis 15 Euro (Pirmasens) und reichen bis zum Mainzer Spitzenwert von 65 bis 85 Euro, wie das Kölner Einzelhandelsinstitut (EHI), ein wissenschaftliches Institut des Handels, berichtet. Und dann gibt es noch große Unterschiede zwischen den verschiedenen Lagen.

Denn die Lage ist das entscheidende Kriterium, sagt Moritz Klöckner vom Koblenzer Maklerbüro Atag Klöckner & Cie. Wie viel Umsatz lässt sich dort machen? Je mehr, desto höher kann natürlich auch die Miete sein, die der Händler stets mit einem gewissen Prozentsatz einkalkuliert. Die Höhe des Umsatzes hängt wiederum davon ab, wie viele Kunden die jeweilige Geschäftsstraße besuchen. Klöckner spricht deshalb nicht über „zu hohe“ Mieten, sondern stellt die Faustregel auf: „Die Frequenz macht den Mietpreis.“

Wenn ein Händler dann doch nicht klarkommt, funktioniert vermutlich sein Geschäftsmodell nicht. „Was vor 20 Jahren gut war, ist es eben heute nicht mehr“, sagt Klöckner. Ein Teufelskreis: Die Umsätze sinken, damit fehlt das Geld für Investitionen, und die Umsätze sinken weiter.

Winfried Röther, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Mittelrhein-Rheinhessen-Pfalz, hört oft Klagen über zu teure Mieten. Er sagt: Es liegt nie allein an der Miethöhe. Zwar kennt auch Röther Vermieter, deren Preisvorstellungen „jenseits von Gut und Böse“ liegen. Aber das sei nicht der einzige Grund für Leerstände in den Innenstädten: „Es gibt immer einen Strauß von Ursachen.“

So kann es schwer sein, sich mit einer Erbengemeinschaft einig zu werden, die ein Ladenlokal besitzt. Zudem sind mittlerweile einige Immobilien in den rheinland-pfälzischen Innenstädten im Eigentum ausländischer Investoren – und da kann es schon schwer sein, überhaupt einen Ansprechpartner zu finden. „Der Interessent weiß gar nicht, mit wem er verhandeln soll“, sagt Röther. Und der Investor mit Sitz in London oder Amsterdam hat wenig Interesse an der Stadt, die er unter Umständen noch nie mit eigenen Augen gesehen hat. „Das ist kein erfreulicher Zustand.“

Oft sind auch statt zu hoher Mieten zu kleine Flächen das Problem. Ein Lebensmittelmarkt heutiger Prägung kommt mit vergleichsweise eng geschnittenen Verkaufsräumen in der Innenstadt nicht zurecht – und siedelt sich deshalb weiter außen an. Wird doch einmal ein großes Objekt frei, ist das wiederum meist doch zu teuer für den Lebensmittelhandel – der mit geringeren Gewinnmargen auskommen muss als andere Segmente. Der Lebensmittelriese Rewe versucht derzeit beispielsweise in Köln, diese Probleme mit einem neuen Konzept zu umgehen: „Rewe to go“ steht für kleinere Läden – und ein eher hochpreisiges Sortiment.

Umfeld spielt entscheidende Rolle

Auch das Umfeld spielt neben der Miethöhe eine entscheidende Rolle. Sind die Geschäfte in der Nachbarschaft hochwertig, echte Magneten, sind auch 1-A-Umsätze zu erwarten und die vergleichsweise hohe Miete eher zu verkraften. Doch es ist ein zweischneidiges Schwert: Wenn sich die Umgebung verbessert, entwickelt sich auch die Qualität einer Geschäftsstraße insgesamt positiv. Folgt aber auf den ersten der zweite und bald der dritte Leerstand, ist die Spirale nach unten in Gang gesetzt.