Als Oberbürgermeister für Koblenz wollte Joachim Hofmann-Göttig 2009 schon irgendwie kandidieren – aber warum weniger Geld verdienen? Als langjähriger Kulturstaatssekretär hatte er sein Lebenswerk praktisch schon vollbracht und eine hohe Pension sicher. Deswegen haderte Hofmann-Göttig mit einer Entscheidung, die ihn von der Gehaltsstufe B 9 (aktuell 10.381 Euro brutto) auf B 7 (aktuell 9310 Euro brutto) hätte absteigen lassen – inklusiver geringerer Pensionsbezüge.
In der Koblenzer SPD kam das Thema mehrfach intern zur Sprache, in der Staatskanzlei ebenso. Die Genossen am Zusammenfluss von Rhein und Mosel rechneten dem umworbenen Kandidaten vor, dass er mit Nebeneinkünften kalkulieren könne, die etwas von dem geringeren Grundgehalt kompensieren würden, erzählt man. Als Koblenzer OB besetzte Hofmann-Göttig unter anderem den Posten des Aufsichtratschefs der Energieversorgung Mittelrhein (EVM), damals noch keine Aktiengesellschaft. Damit hatte er auch einen Sitz im Beirat der Thüga so gut wie sicher, einem milliardenschweren Netzwerk kommunaler Energie- und Wasserdienstleister in Deutschland. Ein solches Beiratsmandat wurde 2016 mit 3750 Euro im Jahr (312 Euro im Monat) dotiert. Hinzu kamen 250 Euro pro Sitzung plus eine Auslagenerstattung. Das allein dürfte Hofmann-Göttig aber als Kompensation noch nicht genügt haben.
Wie die Sache ausging, weiß man ja. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) versetzte seinen Staatssekretär unter dem Vorwand großer kulturpolitischer Veränderungen, denen dieser angeblich nicht mehr gewachsen war, kurz vor Amtsantritt als OB in Koblenz (1. Mai 2010) in den einstweiligen Ruhestand. Damit sicherte sich Hofmann-Göttig nicht nur klammheimlich eine höhere Pension, sondern auch monatlich 1296 Euro netto. Wie rechtmäßig das war, darüber streiten die Gelehrten. Nach außen hin tat der sozialdemokratische OB allerdings so, als würde er im Dienste der Allgemeinheit auf Geld verzichten. Dafür hat er sich nun in einer Erklärung entschuldigt.
Doch auch ohne die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand wäre der OB-Posten für Hofmann-Göttig kein Minusgeschäft gewesen. Unsere Zeitung erhielt bereits früh Hinweise, dass er Einkünfte aus seinen Beirats- und Aufsichtsratsmandaten teilweise einbehalten kann. Zunächst warf Hofmann-Göttig aber auch hier Nebelkerzen und ließ erklären: „Manche der weiteren Funktionen des OB werden vergütet, doch der OB muss die Vergütung an die Stadtkasse abführen.“ Zu diesem Zeitpunkt war er bereits wegen seines geheimen Ruhegehalts öffentlich in die Kritik geraten – und im Verteidigungs- und Verschleierungsmodus.
Auf Insistieren unserer Zeitung rückte der Koblenzer OB schließlich in einer öffentlichen Erklärung mit der Wahrheit heraus. Demnach erzielte er 2015 Nebeneinkünfte in der Höhe von 90.800 Euro (ohne Umsatzsteuer). 32.900 Euro davon musste er an die Stadt Koblenz abführen, weil diese Einnahmen seinem Hauptamt als OB zugerechnet wurden oder weil sie aus Einnahmen aus Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst stammten und die Grenze von 6200 Euro im Jahr überstiegen. 57.900 Euro konnte er jedoch behalten; das waren 35.800 Euro netto, wie Hofmann-Göttig erklärte. Allein diese Einnahmen übersteigen bei Weitem das, was der Sozialdemokrat von seinem Wechsel vom Staatssekretär (politischer Beamter) zum OB (Wahlbeamter) an Einbußen hätte erleiden können. Sein Ruhegehalt durch die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand kommt noch obendrauf.
Ein dicker Brocken in den Nebeneinnahmen des OB dürfte dessen Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Thüga sein (zusätzlich zum Beirat). Seit 2014 wurde er zum Mitglied gewählt. Von April 2014 bis Ende 2015 war er erster stellvertretender Vorsitzender. Seit 1. Januar 2016 hat er das Amt des Vorsitzenden inne, das er am 31. Dezember 2017 wieder abgeben muss. Für diese Ämter hat Hofmann-Göttig sich nach eigener Aussage durch sein Auftreten „als Verhandlungsführer der erfolgreich durchgeführten Rekommunalisierung der von RWE mehrheitlich geführten Kevag und der Verschmelzung zur EVM AG“ qualifiziert. Die fachliche Eignung des Koblenzer OB hat niemand bestritten.
Auf einem anderen Blatt steht, dass das Gros seiner Nebeneinkünfte keineswegs abgeführt werden muss, wie zunächst suggeriert wurde. Der Fall dürfte daher weiter Wellen schlagen. Hofmann-Göttig sieht sein Thüga-Engagement positiv. Es liege im „vitalen Interesse“ der EVM (und der Stadt Koblenz), deren Minderheitsbeteiligter die Thüga sei. Dietmar Brück