Dierdorf

Klassentreffen der ersten Realschulklasse aus Anlass der Mittleren Reife vor 60 Jahren

Foto: privat

Am 22. März 1961 wurden wir Schüler der ersten Klasse der 1955 als neuer Zweig der Martin-Butzer-Schule gegründeten Realschule mit der Mittleren Reife entlassen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

„60 Jahre Schulentlassung schienen uns Grund genug, uns zu diesem Ereignis wieder einmal zu treffen. Auf die üblichen Rituale, Besuch der Schule und Rundgang durch Dierdorf haben wir zugunsten intensiver Gespräche über die “alten Zeiten„ bei vorzüglichem Essen und selbstgemachten Kuchen im Maischeider Hof, Kleinmaischeid, verzichtet. So erinnerten wir uns daran, dass alles in der Hachenburger Straße nach bestandener Aufnahmeprüfung angefangen hatte. Unsere erste Klassenlehrerin war Fräulein Wirtz, und unser erster Klassenraum befand sich in einer Baracke an der Brückrachdorfer Straße. Eine besondere Attraktion waren dort die Ziegen des damaligen Hausmeisters Schmidt, die auf der Wiese vor der Baracke angepflockt standen. Der Heuboden über unserem Klassenraum wurde von den Jungs oft übermütig zu allerlei abenteuerlichen Spielen und Mutproben erklommen. 1956 durften wir dann in unseren neuen Klassenraum im Ergeschoss des inzwischen fertiggestellten Anbaus des Martin-Butzer-Gymnasiums umziehen.

Während das jeweilige Ende einer Schulstunde in der Baracke noch durch einen durchdringenden Pfiff aus der Nachbarklasse angekündigt wurde, hörten wir jetzt einen melodischen Gong. Der Schultag begann obligatorisch mit der Morgenandacht in der Aula. Mittwochs hingegen versammelten wir uns in den jeweiligen Kirchen zum Gottesdienst, was die Unterrichtsstunden an diesem Tag verkürzte. Außerdem hatten wir einen neuen Klassenlehrer bekommen, Herrn Reeh. Er kam von der Realschule Diez zu uns und begleitete uns als Klassenlehrer bis zur Mittleren Reife. Er war ein Multitalent, und jeder von uns erinnert sich dankbar an sein großes Engagement, uns neben dem Lehrstoff auch eine umfassende Allgemeinbildung und das Gefühl der Verantwortung füreinander zu vermitteln. Letzteres ist wohl auch der Grund dafür, dass wir uns heute noch so nah sind wie vor 60 Jahren. Leider sind inzwischen sechs unserer Mitschüler verstorben. Aber auch unsere übrigen Lehrer, wie Herr Scholl, Frau Loring, Fräulein Scholz, Fräulein Böhle, Fräulein Hagen, Herr Kaps, Herr Dr. Schullerus, Herr Wulff sowie Frau und Herr Meißner wollen wir hier in dankbarer Erinnerung erwähnen. Wir grüßen an dieser Stelle ganz herzlich Frau Meißner, die heute im Seniorenheim Uhrturm lebt.

Unerwähnt dürfen hier auch unsere Klassenfahrten in die Jugendherberge auf dem Schloss Diez und nach Hünxe an den Niederrhein nicht bleiben. Bei unserer vorletzten Klassenfahrt ging es per Zug mit mehreren Umstiegen auf die Insel Föhr. Dort blieben wir sogar 14 Tage und hatten zwischendrin auch Unterricht. Untergebracht waren wir in verschiedenen privaten Unterkünften. Die meisten von uns hatten noch nie das Meer gesehen und staunten sehr. Unsere Unternehmungen dort waren für uns spektakulär, wie zum Beispiel nachts die Springflut zu beobachten. Auch die Wattwanderung von Amrum zurück nach Föhr war abenteuerlich, genau wie das Abpausen der tollen Motive auf den alten Seemannsgrabsteinen in Nieblum. Abends gab es oft Spiele oder wir saßen zusammen und sangen lauthals Seemannslieder unter der Begleitung von Herrn Reeh auf der Klampfe. Fräulein Böhle war als weitere Lehrkraft und Betreuerin dabei, so klappte das mit unseren Gesängen ganz gut. Auf unserer letzten Klassenfahrt fuhren wir mit einem umgebauten Fischkutter von Arnheim bis ins Ijsselmeer. Wir schliefen alle in einem Raum. Die Mädchen- und Jungenkojen waren durch Wolldecken, die auf den in der Mitte des Raumes gespannten Wäscheleinen hingen, getrennt. Die Toilette befand sich ebenfalls in diesem großen Raum. Außen war ein großes Schild “na Gebruik pompen„ (nach Gebrauch pumpen) angebracht. Dazu war seitlich von der Tür ein “Pumpe„ angebracht, die durch Hin- und Herbewegungen das Wasser unter uns zur Toilettenspülung nach oben pumpte. Das bedeutete, dass man im Bedarfsfall eine Person des Vertrauens zu den Toilettengängen mitnahm, die dann die Pumpe während der Toilettennutzung betätigte. Auch auf dieser Fahrt haben wir viel gesehen, zum Beispiel Amsterdam mit dem Rijksmuseum, Shiphol, dem Anne-Frank-Haus, den Grachten sowie die großen Hafenanlagen von Rotterdam, den Keukenhof, in Haarlem das Frans-Hals-Museum, den Käsemarkt in Alkmaar. Es gäben sicher noch mehr Stationen zu erwähnen, aber das würde jetzt auch den Umfang des kleinen Berichtes sprengen. Beim Abschied wurde verabredet, dass wir uns, so Gott will, in fünf Jahren wiedersehen wollen.“