Waldalgesheim

Wald ist artenreichster Lebensraum

Foto: Landesforsten RLP / Jonathan Fieber

Der Weltreport zum Artensterben des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) zeichnete Anfang Mai ein düsteres Bild: Etwa eine Millionen Tier- und Pflanzenarten sind global vom Aussterben bedroht.

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Auf eine erfreuliche Entwicklung macht das Forstrevier Waldalgesheim zugehörig zum Forstamt Boppard am Internationalen Tag der Biologischen Vielfalt aufmerksam. In unseren heimischen Wäldern wächst die Artenvielfalt. Naturnahe Waldwirtschaft und gezielte Naturschutz-Fördermaßnahmen der Forstleute zeigen Wirkung.

Wälder sind voller Leben

Der deutsche Wald weist von allen heimischen Lebensraumtypen die höchste Artenvielfalt auf. Das geht aus dem aktuellsten Indikatorenbericht zur „Nachhaltigen Entwicklung in Deutschland 2018“ hervor. Beim Indikator „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ liegt der Wald bereits bei 90 Prozent des Zielwertes für das Jahr 2030. Die jüngsten Auswertungen des Bundesamtes für Naturschutz zum Wald zeigen außerdem die besten Werte seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1990. Demnach fördert die moderne Waldbewirtschaftung die biologische Vielfalt. Auch im Forstrevier Waldalgesheim und im gesamten Forstamtsbereich sind seltene Arten wie die Wildkatze, der Schwarzstorch oder der Feuersalamander wieder auf dem Vormarsch und vermehren sich.

Der Feuersalamander lebt in naturnahen Laub- und Mischwäldern mit sauberen Bachläufen.
Der Feuersalamander lebt in naturnahen Laub- und Mischwäldern mit sauberen Bachläufen.
Foto: Landesforsten RLP / Jonathan Fieber

„Wir freuen uns natürlich, wenn unser Engagement Erfolg zeigt, aber das ist für uns kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen“, erklärt Förster Bernhard Naujack vom Forstrevier Waldalgesheim. „Wir bleiben dran, unseren Wald so zu unterstützen und zu pflegen, dass er sich möglichst naturnah und artenreich entwickeln kann“. Ein vielfältiger und gemischter Wald zeichnet sich nicht nur durch eine hohe biologische Vielfalt aus. Er ist auch stabiler und widerstandsfähiger gegenüber Wetterextremen wie Stürmen oder Dürren und weniger anfällig gegenüber Schadinsekten. „Das ist in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig“, erklärt Forstamtsleiter Axel Henke.

Was Forstleute und Waldbesitzer für die Artenvielfalt tun

Förster Naujack „Es ist nicht so, dass ich morgens aufstehe und mir überlege, heute tue ich mal was für den Artenschutz. Das sind viele Maßnahmen, die ineinandergreifen und zu unserem ganz normalen Arbeitsalltag gehören: Zum Beispiel der Erhalt von sogenannten Biotopbäumen. Sie bieten mit Spechthöhlen oder Bruthorsten besondere Lebensräume. Deutschlandweit gibt es derzeit fast 100 Millionen Biotopbäume. Zudem ist Totholz Heimat vieler Pilz- und Insektenarten. Häufig entstehen um die Biotopbäume herum einzelne Waldbereiche mit besonders viel Totholz.

Bei der Durchforstung des Waldes gehen wir sehr sorgfältig vor. “Indem wir ausgesuchte Bäume entnehmen, achten wir darauf, dass sogenannte Mischbaumarten gefördert werden. So kann der Wald nach und nach immer vielfältiger werden. Besondere Biotope wie Bachläufe oder kleine Tümpel werden sehr sensibel behandelt. Eine sorgfältige Durchforstung kommt auch den Bienen und anderen Insekten zugute. Wenn einzelne Bäume geerntet werden, können die Nachbarbäume größere Kronen bilden und mehr Nektar und Pollen produzieren. Kahlschläge gibt es im Forstamt Boppard schon seit Jahren nicht mehr. Da der Fichtenanteil im Waldalgesheimer Wald mit 11 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt in Rheinland-Pflanz liegt, hält sich die Borkenkäfer-Problematik hier in Grenzen.

Auch die Waldränder werden möglichst naturnah und strukturreich gestaltet. Ein struktur- und artenreicher Waldrand kann bedrohten Arten ideale Bedingungen bieten. Außerdem schützt ein solcher, abgestufter Waldrand den Wald vor Sturm und er sieht auch einfach schön aus.

„Besonders wichtig für die Artenvielfalt sind interessanterweise auch die Orte im Wald, an denen keine Bäume wachsen“, erklärt der Forstmann. „Waldlichtungen, Waldwiesen und Wegränder sind besonders artenreich, deshalb lassen wir auch gerne die Seitenstreifen an den Waldwegen frei“. „Eine Win-Win-Situation“, betont auch Waldalgesheims Bürgermeister Stefan Reichert. „Die Waldblumen, sind nicht nur für die Insekten wichtig. Sie erfreuen auch die Menschen im Wald und unsere Waldarbeiter haben Platz, Holz zu lagern. Außerdem trocknen solche Wege schneller, wenn es mal heftig geregnet hat“.

Das Fledermausprojekt am Ruheforst Rheinhessen-Nahe in Waldalgesheim wurde als offizielles Projekt der „UN-Dekade Biologische Vielfalt“. Die Würdigung nahm Landrätin Dorothea Schäfer in der Ingelheimer Kreisverwaltung vor. Die Auszeichnung wird an vorbildliche Projekte verliehen, die sich in besonderer Weise für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland einsetzen. Ortsbürgermeister Stefan Reichert und Förster Bernhard Naujack nahmen diese besondere Auszeichnung gerne entgegen.

Im Waldalgesheimer Wald wurde 2015 ein Waldrefugium nahe dem Ruheforst Rheinhessen-Nahe ausgewiesen. Im Ruheforst bleiben durch das besondere Konzept der Waldbestattung alte Bäume auf 14 Hektar erhalten. Durch die Kombination aus Bestattungswald und Waldrefugium entstehen ideale Jagdreviere mit unbelasteter Insektennahrung und ruhigen Sommerquartieren für die Fledermäuse. Viele andere Tierarten, wie Hirschkäfer, Hohltaube und Feuersalamander haben sich ebenfalls angesiedelt. Mit diesem vorbildlichen Projekt wird ein deutliches Zeichen für das Engagement zur Erhaltung biologischer Vielfalt in Deutschland gesetzt.

Weitere Informationen auf der Internetseite unter www.Ruheforst-waldalgesheim.de/Waldbau