Philip Bruederle: „Wir möchten, dass die Filme nachwirken“
Seit kurzem ist die komplette Staffel der „Stadtgespräche“ online. Die Filme sind ein Ausrufezeichen der regionalen Kulturlandschaft inmitten der vierten Corona-Welle. Kommentare wie „Super, mehr davon!“ oder „Sehr schön. Bitte weitermachen!“ auf den städtischen Social-Media-Kanälen machen deutlich, dass die beiden Filmemacher Philip Bruederle und Julian Jankowski den Nerv des Publikums in einer schwierigen Zeit getroffen haben. Im Kulturhaus Koblenz+ äußert sich Regisseur Bruederle zu seiner Motivation und zu seinen weiteren Plänen.
In seinem Beruf als Regisseur und Fotograf arbeite er fast ausschließlich für internationale Kunden wie Samsung, Porsche, Land Rover und anderen. Diese Produktionen fänden immer in großen Metropolen im In- und Ausland statt. Nach jedem Job freue er sich dann wieder zurück in die Heimat, ins Rheinland zu kommen. Über die Jahre habe er es immer schade gefunden, dass sich in der Region zwar sein privates Leben abspiele, es jedoch immer unmöglich schien auch hier in Koblenz hochwertige Projekte umzusetzen. Im Zuge der Pandemie sei ihm wieder bewusstgeworden, wie viele interessante Persönlichkeiten hier ihr Zuhause haben. „Warum nicht auch hier diesen Kulturschaffenden eine Bühne bieten und gemeinsam ein tolles, zukunftsfähiges Projekt umsetzen?“ Koblenz sei mehr als das oft bemühte jeder kennt jeden, mehr als das tief verankerte Selbstbild einer vermeintlichen Provinzstadt, die 2011 durch die Buga für einen kurzen Moment wachgeküsst wurde. Davon sei er überzeugt, als Kreativer, der nicht nur mit internationalen Kunden arbeite, sondern auch über einen längeren Zeitraum woanders gelebt habe. „Koblenz ist mehr, die Region ist mehr, die Kultur gibt beiden ein stabiles Fundament. Das möchten wir zeigen, in dem wir Kultur zum Stadtgespräch machen. Damit möchten wir unseren Beitrag dazu leisten, die Region genauso zu stärken wie das öffentliche Verständnis von Kultur und davon, was sie für die Gesellschaft leistet.“ Hierfür bewege er sich mit Jankowski vom klassischen Werbe- zum Dokumentarfilm, um selbst etwas Neues auszuprobieren. Viel sei in Zeiten der Pandemie von Vernetzung die Rede. „Deshalb bringen wir in unseren Stadtgesprächen Personen ganz konkret zusammen. Repräsentanten der heimischen Kulturlandschaft, die sich möglichst nicht kennen, vielleicht schon mal voneinander gehört haben, oftmals aber auch nicht.“
In Staffel 1 trafen sich auf diese Weise der Street Artist mit dem Cellisten, der Hip-Hopper mit der Poetry Slammerin, die Dragqueen mit der Malerin, die Autorin mit der Künstlerin, die Tänzerin mit dem Gitarristen und der Maler mit dem Kunsthistoriker. In etwa einer viertel Stunde werde über die portraitierten Persönlichkeiten Kultur für das Publikum erlebbar; und es zeige sich das enorme Potenzial, das im Zusammentreffen sich unbekannter Personen zu finden sei. „Es wird sichtbar, welche innovationsfördernde Wirkung der interdisziplinäre Austausch haben kann.“ Mit Blick auf eine mögliche Fortsetzung der Reihe erklärt Bruederle: „Wir möchten, dass die Filme nachwirken, dass die über die Filme vermittelte Erkenntnis, dass es sich lohnt in Koblenz und Region genauer hinzuschauen, weitere Folgen hat. Uns ist mit dem Dreh der ersten Staffel klargeworden: Es gibt da noch mehr zu entdecken und gemeinsam zu entwickeln. Und daher möchten wir weitermachen und im kommenden Jahr weitere Folgen produzieren.“ Aktuell bemühe er sich um die dafür notwendigen Fördermittel. „Wir möchten im besten Fall der Stadt Koblenz und der Region Ideen für neue Kooperationsmodelle und Kulturformate an die Hand geben.“