Mayen-Koblenz

Frauen Union Mayen-Koblenz lud zum Vortrag „Prostitution und Menschenhandel, was haben wir damit zu tun?“

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Foto: Kreisverband Frauen Union Mayen-Koblenz/Anette Moesta

Das Thema Prostitution wird seit vielen Jahren in Deutschland kontrovers diskutiert.

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Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, in denen Freier, die Prostituierte bezahlen, bestraft werden, ist Deutschland durch die Legalisierung der Prostitution mittels des Prostituiertenschutzgesetzes 2017 einen anderen Weg gegangen. Der Verein Solwodi (Solidarity with Woman in DIstress – Solidarität mit Frauen in Not), der seit seiner Gründung 1985 versucht, Zwangsprostituierten zu helfen, sieht den deutschen Weg als gescheitert an.

Um sich über dieses Thema intensiv zu informieren, hat die Frauen Union Mayen-Koblenz kürzlich in den Gasthof „Zur Krone“ nach Plaidt eingeladen. Referentin und Mitarbeiterin von Solwodi, Isabelle Cofflet, ist der Überzeugung, dass Deutschland sich zum Bordell Europas entwickelt hat. Es existiere eine Scheinlegalisierung in Deutschland, erläutert die Sozialarbeiterin, da von geschätzten 250.000 bis 400.000 Prostituierten nur etwa 24.000 registriert sind. 90 Prozent aller Prostituierten in Deutschland haben Migrationshintergrund. Zuhälter und Bordellbesitzer hätten kein Interesse daran, dass sich die Frauen bei den Ämtern melden, da aus Sicht Cofflets der größte Teil der Frauen zur Prostitution gezwungen wird. Strukturierter Menschenhandel lockt mit Liebesversprechungen oder dem Vorgaukeln guter Jobs als Kellnerin, Haushaltshilfe oder Kindermädchen, Mädchen und junge Frauen aus Ländern wie Rumänien, Bulgarien, Nigeria, China, Vietnam und Thailand nach Deutschland. Meist handelt es sich um Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, die entweder von ihrer Familie nach Deutschland geschickt werden oder sich freiwillig auf den Weg machen, um die Familie im Heimatland finanziell zu unterstützen. Auf dem Weg in die deutschen Bordelle werden sie oftmals schon in Ländern wie Libyen und Italien zur Prostitution gezwungen, ihnen werden Pässe, Bargeld und Mobiltelefone abgenommen und sie müssen Schuldscheine für die Reise von bis zu 30.000 Euro unterschreiben. In Deutschland angekommen, müssen sie ihre Schulden erst einmal abarbeiten, wobei sie das Zimmer, in dem sie arbeiten noch selbst bezahlen müssen und oftmals auch darin wohnen. Da sie im Untergrund leben, haben viele Frauen auch keine Krankenversicherung.

Nach einer Studie des BMFSFJ erleben 92 Prozent der Frauen sexuelle Belästigung und 59 Prozent sexuelle Gewalt. 87 Prozent sind körperlicher und 82 Prozent psychischer Gewalt ausgesetzt. Viele der Frauen leiden unter gesundheitlichen Problemen und aufgrund der hohen psychischen Belastung, sind sowohl Alkoholmissbrauch als auch Medikamentenkonsum hoch. 40 Prozent der Frauen nehmen Drogen und die Referentin geht hinsichtlich Tötungsdelikten von einer großen Dunkelziffer aus. Die jungen Frauen haben oftmals keine Möglichkeit, sich aus dieser Spirale der Angst und Gewalt zu befreien, da sie glauben, dass sie – wenn sie sich an deutsche Behörden wenden – bestraft werden. Hinzu kommt, dass Opfer von Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland kein Asylrecht haben. Isabell Cofflet würde sich wünschen, dass Deutschland, wie von der Europäischen Union empfohlen, das „Nordische Modell“ einführt, das sich in Schweden als wirksames Instrument zur Bekämpfung der Prostitution und des Menschenhandels erwiesen hat. Das „Nordische Modell“ basiert auf der Annahme, dass Prostitution eine Form von Gewalt und Unterdrückung ist, die mit der Gleichstellung der Geschlechter unvereinbar ist. Anstatt die Sexarbeiter zu kriminalisieren, werden in erster Linie die Kunden bestraft. Das Ziel besteht darin, die Nachfrage nach Prostitution zu verringern und somit den Markt für den Menschenhandel und die sexuelle Ausbeutung einzuschränken.

Am Ende des Vortrages waren sich die Frauen Union Mayen-Koblenz und die Referentin einig, dass die Bekämpfung von Zwangsprostitution einen ganzheitlichen Ansatz erfordert. Es geht nicht nur darum, die Täter zu bestrafen, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Ursachen anzugehen, die Menschen in die Abhängigkeit treiben. Die Opfer brauchen umfassende Unterstützung, um aus der Zwangsprostitution auszusteigen und ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Hier versucht der Verein Solwodi (www.solwodi.de) mittels Streetworkern, Beratungsstellen und Schutzhäusern zu unterstützen.

Pressemitteilung der Frauen Union Mayen-Koblenz