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Worms

Worms: Trauer und Morddrohung nach Bluttat

Das eigentliche Gedenken an die getötete 21-Jährige in Worms war still und friedlich. Doch vor einem Gottesdienst kam es zu einem Zwischenfall – und der Oberbürgermeister der Stadt steht nach Morddrohungen unter Polizeischutz.  Foto: dpa
Das eigentliche Gedenken an die getötete 21-Jährige in Worms war still und friedlich. Doch vor einem Gottesdienst kam es zu einem Zwischenfall – und der Oberbürgermeister der Stadt steht nach Morddrohungen unter Polizeischutz. Foto: dpa

Eine Stadt steht unter Schock: Nach der tödlichen Messerattacke auf eine 21-Jährige in Worms haben am Wochenende rund 500 Menschen an einem Trauermarsch für das Opfer teilgenommen. Dieser verlief friedlich. Doch vor einem ökumenischen Gottesdienst im Anschluss kam es zu einem Zwischenfall. Und der Oberbürgermeister der Stadt, Michael Kissel (SPD), steht nach einer Morddrohung unter Polizeischutz.

Lesezeit: 3 Minuten
Warum der mutmaßliche Täter, ein 22-jähriger Tunesier und abgelehnter Asylbewerber, zustach, ist vier Tage nach dem Tod der jungen Frau unklar. Der Mann selbst hatte sich nach der Tat gestellt und erklärt, seine Freundin in einem Beziehungsstreit getötet zu haben. Die Staatsanwaltschaft erwägt eine psychiatrische Begutachtung. Rund 500 Menschen hatten sich ...
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Kommentar: Schockierende Reaktionen

In Worms tötet in der Nacht zum Mittwoch ein Mann mit Messerstichen eine Frau – es ist nach jetzigem Stand das Ende eines fürchterlichen Beziehungsstreits. In Neuhofen tötet am Mittwoch ein Mann mit zwei Schüssen in den Kopf eine Frau – es ist nach jetzigem Stand das Ende eines fürchterlichen Beziehungsstreits. Aktuell, da die Motive der Täter nicht ermittelt sind, scheinen beide Fälle sehr ähnlich. Ihr grausames Ergebnis ist es in jedem Fall, zwei Frauen sind tot. Doch die Folgen der Taten sind sehr unterschiedlich.

In Neuhofen ist der Beschuldigte ein Deutscher. Die Reaktionen der Öffentlichkeit sind so „normal“, wie sie es nach einer solch schrecklichen Tat eben sein können. In Worms ist der Beschuldigte ein Tunesier. Bevor alle Fakten bekannt sind, scheint deshalb eine unwürdige Erregungsspirale – ausdrücklich ausgenommen das von Freunden des Opfers organisierte Gedenken – in Gang zu kommen: Es gibt eine Morddrohung gegen den Oberbürgermeister, eine geplante Mahnwache der AfD, geplante Gegendemos.

Der Tunesier war vorbestraft, er sollte abgeschoben werden. Er hätte nicht in Deutschland sein sollen, die Tat wäre dann wohl nie geschehen. Darüber muss gesprochen, die Schwächen des Staates bei Abschiebungen thematisiert werden. Aber das Thema nicht nur rational im politischen Betrieb anzugehen, sondern auch mit einer Mahnwache in einer emotional aufgewühlten Stadt, ist schlicht falsch – zumindest aus den Motiven, die die AfD-Organisatoren offenbar haben.

Denn dass der Wormser AfD-Landtagsabgeordnete Heribert Friedmann beim Aufruf zur Mahnwache sehr wenig zum Opfer, aber sehr viel zur Asylpolitik der Grünen zu sagen hat, ist pietätlos. Dass in der Presserklärung des AfD-Kreisverbands Worms kein einziges Mal ein Ausdruck von Bedauern, Trauer oder Mitleid auftaucht, ist schockierend. Beides zeigt deutlich, worum es bei dieser Mahnwache in Wirklichkeit geht – die Instrumentalisierung einer Tat für den eigenen politischen Kurs. Und noch etwas fällt auf, nämlich wie engagiert in manchen Kreisen diskutiert wird, wie Taten wie in Worms zu verhindern sind. Darüber aber, wie sich Taten wie in Neuhofen verhindern lassen, diskutiert dort leider niemand.

E-Mail: markus.kuhlen@rhein-zeitung.net

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