Deutschland hängt im Ausbau seiner digitalen Infrastruktur weit zurück. Das ist dramatisch, aber lösbar. Viel schlimmer ist etwas anderes: Die Bundesregierung befasst sich mit Kabeln oder Funkmasten statt der digitalen Transformation unserer Gesellschaft und überlässt so einen Rechts- und Wirtschaftsraum sich selbst.
Ein ideales Beispiel sind die Cloudsysteme. Dort hat Amazon eine unglaubliche Marktmacht und eine noch größere Macht über seine Kunden. Wer als Unternehmer einmal auf die Dienste der Amerikaner setzt – was wirtschaftlich sinnvoll sein kann – ist ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, weil er seine Daten niemals in ein anderes System überführen kann. Lösungen? Sie werden nicht diskutiert.
Informatiker programmieren Software, die selbst lernen kann, erschaffen Künstliche Intelligenz. Um Bilder – teils genauer als ein Mensch – zuordnen zu können, müssen sie mit Daten gefüttert werden. Welche Daten dürfen verwendet werden? Wofür? Wie lange? Lösungen? Sie werden nicht diskutiert. Es gäbe zig weitere Beispiele.
Stattdessen kämpft die Große Koalition gegen Versäumnisse aus den 90er-Jahren – ineffizient. „Es gibt 15 Digitalminister“, betont Digital-Staatsministerin Dorothee Bär gern. Leider arbeiten die nach dem Prinzip einer Studenten-WG, in der jeder sich vornimmt, zu putzen und zu spülen. Heraus kommt in der Regel kein blitzblanker Fußboden, sondern eine versiffte Spüle. Die digitale Infrastruktur gammelt seit Jahrzehnten in der Schmuddelecke des Bundes. Die Forderung nach einem Digitalministerium ist deshalb richtig. Gesellschaftlich relevante Themen (Gesundheit, Reaktorsicherheit, Umwelt) wurden regelmäßig in eigene Ministerien ausgelagert. Das muss auch geschehen, um den Rückstand bei der digitalen Infrastruktur aufzuholen und um endlich echte Digitalpolitik zu machen.
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