Bleckhausen

Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Dorfbewohner: In der Eifel sind die Hühner los

Von Birgit Reichert
Auch Antonia liebt es, nach den Dorfhühnern zu schauen. In Eigenregie haben Hühnerfans in Bleckhausen in der Eifel am alten Sportplatz ein Hühnerhaus mit Gehege gebaut – und viele Dorfbewohner kümmern sich seit dem Herbst 2020 gemeinsam um das Federvieh.
Auch Antonia liebt es, nach den Dorfhühnern zu schauen. In Eigenregie haben Hühnerfans in Bleckhausen in der Eifel am alten Sportplatz ein Hühnerhaus mit Gehege gebaut – und viele Dorfbewohner kümmern sich seit dem Herbst 2020 gemeinsam um das Federvieh. Foto: dpa

Hühner liegen voll im Trend. Viele Menschen schaffen sie sich für den eigenen Garten an, andere mieten sie ein paar Wochen. In der Eifel ist ein ganzer Ort aufs Huhn gekommen: In Bleckhausen (Verbandsgemeinde Daun) sind die Dorfhühner für alle da.

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Am Hühnerstall ist immer was los. Im Gehege laufen knapp 20 Hühner munter umher, es wird eifrig gegackert, gekräht und gepickt: in Körner, Salat, Karottenstückchen. Auch um den Zaun herum ist immer Bewegung. Es kommen Leute jedes Alters aus dem Dorf zum Hühnerdienst, zum Beobachten – oder einfach nur zum Quatschen.

„Immer, wenn man hierher kommt, trifft man jemanden“, sagt Karin Jaskowsky, Mitglied in der Hühnergruppe. „Man erlebt immer etwas und hat immer ein schönes Gesprächsthema.“ Sie hat den 17 Hennen und zwei Hähnen (Erik, der Rote, und Wutti, der Weißhaar) Gemüse mit Couscous mitgebracht. „Hühner sind einfach ganz tolle Tiere. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Spaß macht.“

Das Dorf auf die Hühner gebracht, das haben Jochen Dostal und seine Frau Dorit Delsing. Sie waren vor ein paar Jahren aus Essen nach Bleckhausen gezogen und hatten sich privat Hühner angeschafft. Aus Spaß habe man dann mal im Dorf vorgeschlagen, sich gemeinsam mehr Hühner zuzulegen. Die Begeisterung sei groß gewesen. In Eigenregie haben die Hühnerfans dann 2020 am alten Sportplatz ein Hühnerhaus mit Gehege gebaut, im Herbst zogen die ersten Tiere ein.

Die rund 400 Quadratmeter Fläche hat das Dorf zur Verfügung gestellt. Die Hühner seien „ein absoluter Gewinn“ für die rund 300 Einwohner, sagt Ortsbürgermeister Markus Göbel (40). Das Engagement für und der Austausch über die Hühner stärke das Gemeinschaftsgefühl. „Es gibt viele aus dem Dorf, die einen Spaziergang zu den Hühnern machen und sich dort auf die Bank setzen.“ Auch im Ort seien die Hühner Thema. „Man fragt sich: Wie geht es den Hühnern? Warst du heute schon da?“

Er könne sich gut vorstellen, dass ein solches Dorfhühnerprojekt auch anderswo gut ankomme. Auch wegen der artgerechten Haltung der Tiere und des guten Geschmacks der Eier. Er habe bereits Anfragen von Interessierten aus anderen Teilen Deutschlands bekommen, zum Beispiel aus Thüringen und aus Hessen. „Ich war überrascht über den Zulauf an Anfragen“, sagt Göbel.

Bei den Bleckhausener Hühnern hat jeden Tag jemand anderes aus der Gruppe Hühnerdienst: Dann muss man misten, die Tiere füttern – und darf sich die Eier, die die Hennen an dem Tag gelegt haben, für 25 Cent pro Stück mitnehmen. „Das sind 12 bis 16 Eier pro Tag“, sagt Jutta Schneider (57), die gerade im Dienst ist. Sie findet, dass die Hühner „eine ganz tolle Bereicherung“ sind.

Sie erinnere sich noch gut daran, dass es früher, als sie Kind war, im Dorf überall Hühner gegeben hatte, sagt sie. Nach und nach waren sie aus dem Dorfbild verschwunden. „Das hat mir immer sehr leidgetan.“ Sie wollte sich gern selbst welche anschaffen, aber sie sei viel unterwegs, und daher sei es schwierig gewesen, sagt die Kitaerzieherin. Das Dorfprojekt sei daher für sie perfekt.

Auch für Simone Borsch (42), die vor allem wegen ihrer Kinder (sechs und neun) in den Hühnerdienst einsteigen will, passt es. „Einfacher kann man kein Haustier haben. Den Kindern tut es in der heutigen Zeit gut, sich mit Tieren zu beschäftigen, mal geduldig zu sein“, sagt sie. Corona hat den Sog zu dem Platz mit den Hühnern noch verstärkt, meint Ortsbürgermeister Göbel. Man könne dort auch Corona-konform gut Abstand halten.

Die Hühnerfans haben viel Energie in die Anlage gesteckt. Es gibt einen quer aufgehängten Ast als Hühnerschaukel, ein Weidentipi, ein Klettergerüst und ein Sandbad gegen Milben. Über Solarpanels und Lichtsensor wird die Hühnerklappe am Haus gesteuert. „Wenn es dunkel wird, gehen sie alle ins Haus“, sagt Dostal. Und es kommt noch mehr Federvieh: „Langfristig wollen wir auf 30 aufstocken.“

Hühnerhalten liegt bundesweit seit Längerem im Trend. Frische Eier von den eigenen Hühnern: Den Wunsch verwirklichen sich auch Menschen in Städten immer mehr und legen sich privat Hühner zu. Wer will, kann die Haltung auch erst einmal testen und Hühner mieten. Hühner seien auch gut gegen Stress, sagt Schneider. Sie kommt oft nach der Arbeit zu den Hühnern und setzt sich dort „auf unsere Hühner-guck-Bank“. „Und dann schaue ich den Hühnern einfach nur zu. Das beruhigt. Herrlich.“ Auch Dostal, von Beruf selbstständiger Handelsvertreter, meint: „Die Hühner haben wirklich etwas Meditatives. Einfach hinsetzen und zugucken: Da vergisst man alles.“

Von Birgit Reichert