Büchel

Sind neue Atombomben schon in Büchel? Wovon ein Experte gerade ausgeht

Von Katharina De Mos
dpa-Story - Atomwaffen in Deutschland
Seit 65 Jahren sind Kampfflugzeuge der Bundeswehr auf dem Fliegerhorst Büchel stationiert. Das Jubiläum wird am Samstag in Cochem mit den Bürgerinnen und Bürgern gefeiert. Foto: Thomas Frey/dpa (Archiv)

Der Fliegerhorst Büchel (Kreis Cochem-Zell) soll nicht nur mit neuen Tarnkappenjets, sondern auch mit neuen US-Kernwaffen ausgestattet werden. Ein Experte überrascht nun mit der Auskunft, die Bomben seien schon vor Ort.

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„Eier“ nennen Bücheler die rund 20 US-Kernwaffen, die auf dem Fliegerhorst in der Eifel stationiert sein sollen. Ein Name, der vielleicht zu den alten Bomben passt, die dort seit dem Kalten Krieg liegen. Er passt aber nicht zu den neuen lenkbaren Präzisionssystemen, die die atomare Abschreckung auch in Zukunft garantieren sollen: die B61-12. Bisher gingen deutsche Friedensforscher und Atomwaffengegner davon aus, dass der Austausch der Sprengköpfe frühestens 2023 stattfindet. Der langjährige ARD-Korrespondent Werner Sonne, der auch für ein Buch intensiv zu Atomwaffen in Deutschland recherchiert hat, sagte hingegen dem „Trierischen Volksfreund“, die neuen Waffen seien infolge der Ukraine-Krise bereits im Herbst 2021 in Büchel angekommen. Dies hätten ihm „hochrangige Quellen aus der Bundespolitik und der Luftwaffe“ bestätigt.

Hans Kristensen, Direktor des „Nuclear Information Projects“ in Washington, erklärte auf Anfrage des „Trierischen Volksfreundes“, dass der Austausch frühestens 2023 beginne. Die erste vollständig montierte B61-12 sei erst Ende vergangenen Jahres fertiggestellt worden. „Die Serienproduktion sollte im Mai beginnen, scheint sich jedoch etwas verzögert zu haben“, sagt Kristensen. Die Ausbildung der Nukleareinheiten in Europa werde Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres beginnen.

Strenge Geheimhaltung

Wer von beiden Experten recht hat, ist nicht in Erfahrung zu bringen. Denn solche Informationen unterliegen strengster Geheimhaltung. „Zu Aspekten der nuklearen Teilhabe äußern wir uns nicht“, sagt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.

Was können die neuen Atomwaffen überhaupt? Wenn es um die Fähigkeiten der B61-12-Bombe geht, dann decken sich die Aussagen der Experten: Sie soll präzise lenkbar sein. Auch lässt sich ihre Sprengkraft stark herunterregeln. Sie wäre damit auch für Ziele wie unterirdische Kommandozentralen oder Waffenlager geeignet. Kritiker fürchten daher, dass diese Bomben eher zum Einsatz kommen könnten.

Doch nicht nur mit neuen Atomwaffen soll der Fliegerhorst in der Eifel ausgestattet werden. Auch die 35 neuen F-35-Tarnkappenjets, die Deutschland im Rahmen der „Zeitenwende“ bei den USA bestellt hat, will die Luftwaffe ab 2026 in Büchel stationieren. Dies hat das für die Infrastruktur der Bundeswehr zuständige Amt im Juni bereits bekannt gegeben. Die F-35 sollen die alten Tornados ersetzen, die bisher im Ernstfall mit US-Bomben bestückt würden.

Bauarbeiten bis 2026

Wie ein Sprecher der Luftwaffe nun sagte, sollen die Bauarbeiten bis Anfang 2026 abgeschlossen sein, ein neuer Außenzaun wurde bereits gebaut. Insgesamt investiert die Luftwaffe 200 Millionen Euro, um Start- und Landebahn zu sanieren. Auch das Instrumentenlandsystem, das Löschwasser- und Überwachungssystem sowie Feuerwache und Wärmeversorgungsanlage werden erneuert. Zudem entstehen eine neue Gerätehalle und ein Mannschaftsheim.

Das Taktische Luftwaffengeschwader 33 wurde im Juni von Büchel nach Nörvenich verlegt. Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Linke) mutmaßt, dass die Bomben in Büchel bleiben und die nukleare Teilhabe vier Jahre lang faktisch nicht stattfinde. Ob das stimmt, lässt sich nicht überprüfen.

Nukleare Gefahren

Angesichts der geplanten Stationierung von F-35-Tarnkappenjets in Büchel warnen Atomwaffengegner vor neuen nuklearen Gefahren. Die 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Internationale Kampagne zur atomaren Abrüstung (Ican) erwartet ebenfalls für 2023 die Ankunft der modernisierten US-Atomwaffen. Kombiniert mit der Stationierung von neuen F-35-Kampfjets als Trägersystem sei dies „die größte nukleare Aufrüstung der Bundesrepublik seit dem Nato-Doppelbeschluss“ vor rund 40 Jahren, sagte Johannes Oehler vom Ican-Deutschlandvorstand. Damit werde „weiterhin ein militärisches Angriffsziel mitten in Deutschland“ geschaffen. „Die Atomwaffen garantieren keine Sicherheit, sondern erhöhen das Risiko für katastrophales menschliches Leid und Umweltzerstörung.“ Die Regierungen der USA und Deutschlands argumentieren, dass gerade wegen internationaler Risiken die Beibehaltung der nuklearen Abschreckung wichtig und notwendig sei.