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Kurzarbeit bald auch in Kliniken? Marienhaus GmbH prüft Antrag auf Staatshilfe

Von Christian Kunst, Uli Adams
In Verwaltungen oder Küchen von Krankenhäusern könnte es bald Kurzarbeit geben. Große Träger denken über einen solchen Schritt nach. Foto: Adobe Stock
In Verwaltungen oder Küchen von Krankenhäusern könnte es bald Kurzarbeit geben. Große Träger denken über einen solchen Schritt nach. Foto: Adobe Stock

Wer die Reaktionen einiger privater Klinikträger wie Asklepios auf den Corona-Krankenhausrettungsschirm der Bundesregierung aufmerksam verfolgte, für den war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten Träger diese Karte ziehen: Kurzarbeit im Krankenhaus. Allerdings prüfen die Träger derzeit meist nur, ob sie die Staatshilfe in Anspruch nehmen. Und die meisten Träger streben dies nur in patientenfernen Bereichen wie Verwaltung oder Küche an, zum Teil auch in Rehaeinrichtungen, die nicht für Corona-Patienten Kapazitäten freihalten sollen.

Lesezeit: 3 Minuten
Nach Asklepios, Paracelsus und den ebenfalls privaten Schön-Kliniken wagt sich jetzt der erste große katholische Träger aus der Deckung: die Marienhaus GmbH in Waldbreitbach (Kreis Neuwied). In einem Rundschreiben an die Mitarbeiter hatte der Träger, der allein in Rheinland-Pfalz 15 Krankenhäuser betreibt, bereits darüber informiert, dass Kurzarbeit ein Thema ist. ...
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Steuerfreie Aufstockung gefordert

Die deutsche Wirtschaft steht wegen der Corona-Krise unter massivem Druck. Unter den Gegebenheiten ist die Neuregelung des Kurzarbeitergeldes eher Segen als Fluch. In jedem Fall ist das Kurzarbeitergeld, kurz KuG genannt, ein probates Mittel, um Arbeitsplätze zu erhalten. Das KuG ist für die Beschäftigten bereits steuerfrei. Womöglich trifft das auch bald für eine Zulage seitens der Unternehmen zu. Verhandlungen darüber laufen gerade.

Den Arbeitgebern hat die Bundesregierung das KuG mit ihrer erweiterten Regelung schmackhaft gemacht. Die Unternehmen sind zu 100 Prozent von den Sozialbeiträgen befreit. Doch was hat der Arbeitnehmer vom KuG? Aus Sicht von Dietmar Muscheid, Landesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, zu wenig. Muscheid fordert die Unternehmen auf, mindestens die Hälfte der wegfallenden Sozialversicherungsbeiträge an die Arbeitnehmer weiterzureichen. Das wäre dann die Aufstockung.

Eine solche Zulage zahlen einige Arbeitgeber bereits. Wohl wissend, dass sich mancher Beschäftigte schwertut, mit dem Kurzarbeitergeld allein die laufenden Kosten zu bestreiten. Arbeitnehmer erhalten während der Kurzarbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, mit mindestens einem Kind sind es 67 Prozent. Das bringt viele laut Muscheid „in existenzielle Not“.

Doch hat die Zulage auch ihre Kehrseite: Legt der Arbeitgeber was drauf, muss der Beschäftigte auf diesen Aufschlag Steuern zahlen. Gut gemeint ist für den DGB-Landesvorsitzenden in dem Fall nicht unbedingt auch gut gemacht. „Denn dann haben die Beschäftigten nach einem 20-Prozent-Aufschlag nicht 80 Prozent des Nettolohns, sondern weniger Geld zur Verfügung.“ Hier sieht Muscheid den Staat in der Pflicht, zugunsten der Arbeitgeber zu handeln. Erst das bedeutet für ihn „gelebte Solidarität“.

Ist die Bundesregierung gewillt, hier nachzubessern? Gibt es Bestrebungen bei der rheinland-pfälzischen Landesregierung, in Berlin vorstellig zu werden und zu fordern, was Muscheid für angemessen hält? Nun, es könnte sich in naher Zukunft etwas tun.

Die Pressestelle des Ministeriums für Finanzen in Mainz stellt in ihrer Antwort zunächst einmal fest, was so weit schon bekannt ist. Dass das Kurzarbeitergeld für die Beschäftigten steuerfrei ist und die Aufstockung seitens des Arbeitgebers eben nicht. Unabhängig davon hätten Bund und Länder jüngst verabredet, dass Arbeitgeber „Corona-bedingte Beihilfen und Unterstützungen an Arbeitnehmer bis höchstens 1500 Euro steuerfrei zahlen können“. Ob jedoch auch ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld als eine solche Beihilfe gelten kann, „ist zurzeit in Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern“, heißt es auf Anfrage. Noch können Arbeitnehmer also darauf hoffen, bei einer Aufstockung auf angenommene 80 Prozent des Nettolohns am Ende auch tatsächlich diese 80 Prozent in der Tasche zu haben.

Das steuerfreie Kurzarbeitergeld wird im Übrigen bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt, dem das übrige steuerpflichtige Einkommen unterliegt. Es muss daher in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Klaus Reimann

Kommentar von Christian Kunst: Das Gesundheitssystem muss krisenfester und krisenfähiger werden

Wenn eine zurzeit extrem systemrelevante Branche wie die der Krankenhäuser über Kurzarbeit nachdenkt, dann sollten bei der Politik alle Alarmglocken schrillen. Die Überlegungen großer Träger zeigen, in welch prekärer Lage sich viele von ihnen befinden und wie gering das Vertrauen in die Versprechungen der Politik mittlerweile ausgeprägt ist. Da nehmen einige Träger offenbar sogar den Vorwurf in Kauf, in der Corona-Krise mit Rettungsschirm und Kurzarbeitergeld quasi „doppelt abkassieren“ zu wollen. So richtig es von der Politik war, die Krankenhäuser dazu aufzufordern, planbare Operationen wegen des erwarteten Ansturms der Covid-19-Patienten bis auf Weiteres aufzuschieben, um sie später dafür zu entschädigen, und im Zweifelsfall beim Geld sogar noch nachjustieren. Ein solches Vorgehen setzt aber ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen allen Beteiligten voraus.

Doch genau daran mangelt es gerade im Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Kassen, die sich seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten einen zähen Stellungskrieg um das Geld für die Finanzierung der Patientenbehandlung liefern. Das Gleiche gilt auch zwischen Kliniken und der Politik. Die zieht seit Jahren die finanziellen Daumenschrauben an, ohne klar zu sagen, was das Ziel dieser konstanten Reformpolitik ist. Hinzu kommt eine von den Kliniken beklagte Unterfinanzierung bei der Investitionskostenförderung

Wenn jetzt also darüber gesprochen wird, dass Pflegekräfte in Krankenhäusern als so überlebenswichtige Berufsgruppe besser bezahlt werden sollten, dann ist das ein hehres Anliegen. Man darf allerdings gespannt sein, wie lange solche Forderungen nach der Corona-Krise überleben werden, wenn sich die Folgen der Pandemie für die Sozialkassen zeigen. Spätestens dann wird die Politik endlich darüber reden müssen, wie das Gesundheitssystem zugleich krisenfest und krisenfähig gemacht werden kann. Bereits jetzt lässt sich aus der Corona-Krise die Lehre ziehen, dass es bei den Kliniken Zentren braucht, in denen erfahrene Spezialisten besonders schwere Fälle kompetent und sicher behandeln. Doch diese Zentren müssen umgeben sein von kleinen Krankenhäusern, die leichtere Fälle versorgen, dafür aber auskömmlich finanziert werden. Ambulant und stationär nebeneinander darf es da nicht mehr geben. Nur so können möglichst viele Patienten und Krankenhäuser die nächste Krise überleben.

E-Mail: christian.kunst@rhein-zeitung.net

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