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VG Adenau

In oder Out? Wie Jugendliche das Landleben sehen

Von Sofia Grillo
Das Leben auf dem Land bietet Ruhe, Idylle und frische Luft. Doch wollen die Jugendlichen das überhaupt? Wie und wo stellen sie sich ihre Zukunft vor?
Das Leben auf dem Land bietet Ruhe, Idylle und frische Luft. Doch wollen die Jugendlichen das überhaupt? Wie und wo stellen sie sich ihre Zukunft vor? Foto: dpa

Natur, Ruhe und kleine Strukturen – das hat das Land zu bieten und das klingt in den Ohren so mancher Erwachsener sicher verlockend. Doch wollen das auch die Jugendlichen? Die Rhein-Zeitung hat sie gefragt, ob das Landleben mit der Stadt, in der immer was los ist, überhaupt mithalten kann.

Lesezeit: 3 Minuten
Der Demografieausschuss der Verbandsgemeinde Adenau war sich im Interview mit der RZ sicher: Die Jugend orientiert sich nach der Schule eher in Richtung Ballungsräume. Und wenn sich die jungen Leute alle in der Stadt tummeln, bleibt den ländlichen Dörfern der VG Adenau nicht viel junges Blut übrig, das die Gemeinschaft ...
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Fachkräftemangel? Wie ein Betrieb erfolgreich um den Nachwuchs wirbt

Als Gartenbauer Walter Schmitz 2004 angefangen hat auszubilden, kam er schwer an junge Leute ran, und wenn er welche eingestellt hatte, dann hielten sie nicht bis zum Ende durch. Heute sieht das ganz anders aus. Jedes Jahr stellt er zwei neue Lehrlinge an. Sein Unternehmen „Gärten für Auge und Seele“ hat 23 Mitarbeiter und 19 davon sind zwischen 15 und 30 Jahre alt. Schmitz hat den Dreh raus, wie er Nachwuchs im Handwerk anwirbt und hält.

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Früh hat der Gartenbauer aus Reifferscheid damit begonnen, seine Azubis an Wettbewerben wie dem Landschaftsgärtner-Cup NRW anzumelden. 2007 gewann dabei einer seiner Auszubildenden zum ersten Mal und weitere Siege folgten. Mit der Teilnahme an den Wettbewerben wird das Unternehmen in den Medien und somit unter jungen Leuten bekannter. Auch auf sozialen Netzwerken ist Schmitz deswegen unterwegs und postet immer mal wieder Fotos von der Arbeit. Auf seiner Internetseite zeigt er das junge Gesicht seines Betriebs und wirbt mit Übernahmegarantie und Weiterbildungen. Er macht sich mit all dem unter den Jugendlichen einen Namen.

„Es gibt im Handwerk Arbeit ohne Ende. Doch die meisten Fachkräfte gehen bald in Rente.“

Walter Schmitz, Gartenbauer in Reifferscheid

Schmitz ist für seine Azubis da. Nicht selten organisiert er ihnen auch eine Wohnung in Reifferscheid während der Ausbildung. In einem Jahr hatte Schmitz insgesamt sechs Azubis im Ort untergebracht. Das war für den Gartenbauer gar nicht so einfach, schließlich gibt es in der kleinen Gemeinde kaum Mietraum. Also fragte er bei Privatpersonen an. Nach einer Menge Überzeugungsarbeit, nahmen sie die jungen Azubis auf und wollten sie auch bald kaum noch hergeben, weil sich ein so gutes Verhältnis zueinander aufgebaut hatten.

Schmitz legt großen Wert auf die Ausbildung junger Fachkräfte, doch viele Betriebe in der Region hätten noch nicht realisiert, wie dringlich das ist, sagt er. „Es gibt im Handwerk Arbeit ohne Ende. Doch die meisten Fachkräfte gehen bald in Rente.“ Wer nicht jetzt schon anfange, Nachwuchs ranzuholen, für den sei es schon fast zu spät. „Wir müssen es schaffen, unseren Job attraktiv zu halten, um genug junge Leute anzuziehen.“ Schmitz Ziel ist dabei immer, die Jugend aus der Region auch in der Region zu beschäftigen und somit auch dort zu halten.

Mobilität auf dem Land: Wie gut kommen Jugendliche mit dem Bus von A nach B?

Was die Jugendlichen am Leben in der Verbandsgemeinde Adenau im Gespräch mit der RZ am meisten bemängelten, waren die öffentlichen Verkehrsmittel. Mit denen komme man laut Schüler nicht weit und hinzu komme, dass die Fahrkartenpreise viel zu teuer wären. Stimmt das?

Von Adenau kommen Busreisende ganz gut bis nach Bonn. Von hier aus fahren unter der Woche fast stündlich Busse der Linie 863 nach Ahrbrück zum Bahnhof, am Wochenende fahren die Busse alle zwei Stunden. Die Fahrt dauert bis Ahrbrück circa 20 Minuten, sodass die Busreisenden kurz vor der vollen Stunde am Bahnhof stehen, von dem dann drei Minuten nach der vollen Stunde der Zug nach Bonn losfährt. Der braucht rund eine Stunde und zehn Minuten. Das heißt die Reisenden sind gut eine Stunde und 35 Minuten unterwegs, bis sie in Bonn sind.

Jugendliche, die am Abend in Bonn ausgehen wollen, können noch bis 20.38 Uhr den Bus in Adenau nehmen und über Ahrbrück nach Bonn fahren. Doch das geht ganz schön auf den Geldbeutel: Fünf Euro kostet ein Einzelfahrschein für Personen ab 14 Jahren von Adenau nach Ahrbrück. 7,38 Euro kostet dann die Fahrt mit dem Zug nach Bonn. Für Hin- und Rückfahrten ist man also rund 25 Euro los, was für Schüler sicher nicht wenig ist.

Die Linie 863, die von Adenau nach Ahrbrück fährt, hält auch in Leimbach, Niederadenau, Dümpelfeld, Liers und Hönningen, das heißt diese Ortsgemeinden in Adenau und Altenahr sind genauso gut angebunden wie die Stadt Adenau – aber eben nur diese. Weniger gut sieht es in zahlreichen anderen Gemeinden aus. Beispiel: Von Senscheid aus fährt nur ein Bus täglich ab und zwar um 6.50 Uhr. Sonst fährt die Linie 539 mittwochs und freitags noch um 8.20 Uhr und donnerstags um 14 Uhr aus dem Ort ab. Die Linie hält auch in Dankerath, Trierscheid, Hoffeld, Kirmutscheid, Wirft, wobei Wirft nicht immer angefahren wird.

Nimmt man beispielsweise am Donnerstag den Bus um 14 Uhr, kommt man um 14.40 Uhr in Adenau am Markt an. Damit hätte der Reisende den Bus nach Ahrbrück zum Bahnhof, der um 14.38 Uhr losfährt, knapp verpasst und er müsste auf den nächsten Bus um 15.38 Uhr warten. Bis der Reisende dann endlich in Bonn angekommen ist, sind seit der Abfahrt in Senscheid mehr als drei Stunden vergangen. Und günstig ist die nie enden wollende Fahrt auch nicht: 5 Euro kostet die Fahrt nach Adenau und 12,38 Euro gibt man für die Fahrt von Adenau über Ahrbrück nach Bonn aus. Für eine Fahrt ist man also 17,38 Euro los.

Natürlich könnte ein Verkehrsunternehmen viel Geld zur Verbesserung des Angebotes ausgeben, wenn es das will. Dann ist aber zu erwarten, dass es Verluste einfahren wird.

Ulrich Barwinski, VRM-Pressesprecher

Das Beispiel Senscheid ist kein Einzelfall, sondern steht exemplarisch für zahlreiche weitere Kommunen der VG Adenau. In Ohlenhard, Sierscheid und Bauler fahren sogar gar keine anderen Busse als die Schulbusse. Für das Liniennetz in der VG Adenau ist der Verkehrsbund Rhein-Mosel (VRM) zuständig. Könnte er nicht mehr Busse einsetzen? VRM-Pressesprecher Ulrich Barwinski antwortet: „Man muss unterscheiden zwischen dem, was machbar und was wirtschaftlich wäre. Natürlich könnte ein Verkehrsunternehmen viel Geld zur Verbesserung des Angebotes ausgeben, wenn es das will. Dann ist aber zu erwarten, dass es Verluste einfahren wird.“ Und selbst, wenn es diese finanziert bekäme, hätte es wahrscheinlich derzeit Probleme, die benötigten Fahrer auf dem Arbeitsmarkt aufzutreiben, so Barwinski. Aber er verspricht: „Für die weitere Entwicklung des ÖPNV in der VG Adenau ist eine weitere Verbesserung des Angebotes ab Sommer 2024 geplant.“

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