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Kroatien/Rheinland-Pfalz/Berlin

Europas Egoismen: In Kroatien wird Landwirtschaftsministerin Klöckner mit Interessen der Mitgliedstaaten konfrontiert

Von Carsten Zillmann
Julia Klöckner hat in Zagreb die Agrarstabführung aus den Händen ihrer kroatischen Amtskollegin Marija Vuckovic übernommen.
Foto: Xander Heinl/Photothek
Julia Klöckner hat in Zagreb die Agrarstabführung aus den Händen ihrer kroatischen Amtskollegin Marija Vuckovic übernommen. Foto: Xander Heinl/Photothek

Es ist kurz nach halb neun, als Julia Klöckner die Gangway eines A320 der Luftwaffe nach oben huscht. Reisen sind selbst für Spitzenpolitiker wie die Bundeslandwirtschaftsministerin (CDU) seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie die Ausnahme geworden.

Lesezeit: 4 Minuten
Unser Korrespondent Carsten Zillmann hat Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zum Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft nach Kroatien begleitet. Botschaften transportiert man nicht mehr mit zwei Flügeln und einer Delegation, sondern per Videoschalte aus dem Ministerbüro. Doch der Flug von Berlin nach Zagreb ist auch auf einer abstrakteren Ebene ein kleiner Trip in Richtung ...
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Interview mit Ministerin Klöckner: Wie gelingt mehr Tierwohl?

Eine Art Gesellschaftsvertrag müsse es geben, um mehr Tierwohl zu erzielen und den Landwirten Planungssicherheit zu geben. Das sagt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Interview.

Frau Klöckner, Sie stehen für ein halbes Jahr an der Spitze der europäischen Agrarpolitik. Was können Sie in diesem Zeitraum für Ihr Heimatbundesland erreichen?

Corona hat uns nochmals vor Augen geführt, dass wir in Europa die Eigenversorgung und die heimische Produktion nicht vernachlässigen dürfen. Es muss sich für unsere Landwirte, auch unsere Obst- und Gemüsebauern oder Winzer rechnen, wenn sie zusätzliche Anforderungen erfüllen. Unsere Ratspräsidentschaft will ich nutzen, um diese neue Wertschätzung in eine neue europäische Landwirtschaftspolitik zu übersetzen. Um Planungssicherheit geht es. Unsere Bauern auch in Rheinland-Pfalz müssen im Stall und auf dem Feld umsetzen können, was die neue gemeinsame Agrarpolitik an höheren Anforderungen im Bereich Klima- und Umweltschutz sowie Tierwohl mit sich bringt. Es geht zudem um Verbesserungen für uns Verbraucher – bessere Erkennbarkeit von Inhalten und Herkünften von Nahrungsmitteln.

Stichwort Tierwohlabgabe: Wie wollen Sie sicherstellen, dass die 40 Cent pro Kilogramm Fleisch tatsächlich dafür sorgen, dass es Schweinen besser geht? Kritiker sprechen von einer Subvention für Unternehmer wie Tönnies ...

Das Geld soll beim Tierhalter für einen Stallumbau ankommen. Deshalb soll die Tierwohlabgabe in einen Fonds fließen, auf den weder der Handel noch Schlachtereien Zugriff haben. Landwirte könnten daraus Gelder beantragen, um beispielsweise in geräumigere Stallungen zu investieren. Ich will einen Umbau der Tierhaltung in Deutschland im Sinne des Tierwohls. Dabei müssen wir den Landwirten helfen, dass sie die Kosten stemmen können. Ansonsten hören sie auf, und wir importieren das, was wir essen, aus dem Ausland. Nur auf die Verbesserung der Tierhaltung haben wir dann keinen Einfluss mehr.

Können Sie ganz konkrete Maßnahmen nennen?

Drei Punkte sind wesentlich. Erstens: Stallumbauten für mehr Tierwohl werden wir staatlich fördern. Zweitens: Fleischindustrie und Handel sind in der Pflicht, wir prüfen, wie wir gegen Lockangebote und Dumpingpreise bei Fleisch vorgehen können. Und ich setze mich drittens für eine Tierwohlabgabe ein.

Wann wird die Abgabe Gesetz?

Mir ist ein breiter, fraktionsübergreifender Konsens über die künftige Ausrichtung der Tierhaltung wichtig. Eine Art Gesellschaftsvertrag. Er ist notwendig. Denn es geht um ein Milliardenprojekt. Den Umbau stemmt man nicht in einer Legislaturperiode. Die Tierhalter brauchen für die angestrebten höheren Standards Planungssicherheit über mehrere Jahre. Der Deutsche Bundestag beschäftigt sich zum Beispiel diese Woche mit den Vorschlägen der sogenannten Borchert-Kommission, die ich eingesetzt habe, wie wir die Tierhaltung umbauen in Deutschland. Ich bin sehr froh, dass vieles in Bewegung kommt. Was zu Beginn meiner Amtszeit noch an verhärteten Fronten vorzufinden war, öffnet sich jetzt. Natürlich muss alles auch europarechtlich geprüft und Notifizierungsmöglichkeiten geklärt werden. Da sind wir dran.

Das Gespräch führte Carsten Zillmann

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