Romanverfilmung
Eisermann: Pfalz-Film «Ein Mann seiner Klasse» sehr bewegend
Kaiserslautern (dpa/lrs) – Der autobiografische Rheinland-Pfalz-Roman «Ein Mann seiner Klasse» kommt am Mittwoch (2.10.) als Film ins Fernsehen (20.15 Uhr, Das Erste). Der in Kaiserslautern aufgewachsene Autor Christian Baron erzählt in dem Buch ungeschönt, was es hieß und heißt, in Deutschland arm zu sein. «Der Film behandelt sozialkritische Themen, die nach wie vor aktuell sind», sagte der Wormser Schauspieler André Eisermann («Kaspar Hauser»), der in der Rolle von Opa Willy zu sehen ist, der Deutschen Presse-Agentur.
Soziale Ungerechtigkeiten wie Armut, der Kampf um die Kindergrundsicherung und familiäre Gewalt seien noch weit verbreitet, meint der 56-Jährige. «Daran hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert.» Er hoffe, dass der Film beitrage, das Bewusstsein für diese Probleme zu schärfen. «Und dass Familien, die ähnliche Situationen erleben, durch den Film angesprochen und vielleicht auch zum Nachdenken angeregt werden», betonte Eisermann.
Kinder in extremen Armutssituationen
Im Film misshandelt Familienvater Ottes, ein alkoholabhängiger Möbelpacker, immer wieder seine Frau Mira, die nach einer Krebserkrankung stirbt, ohne je Unterstützung von ihm zu bekommen. Ihr Sohn Christian erhält eine Gymnasialempfehlung, doch sein Vater stimmt dagegen, und Christian fühlt sich unsicher im ungewohnten Milieu. Erst als die Schwester der Mutter das Sorgerecht übernimmt, setzt sie sich für seine Bildung ein und kämpft gegen die Hürden der Behörden. Dadurch erhält Christian eine Chance auf eine bessere Zukunft.
«Der Film zeigt, wie Menschen, insbesondere Kinder, in extremen Armutssituationen leben und wie sie durch Gewalt in der Familie leiden», sagte Eisermann, der als Schaustellerkind selbst in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist. Die Bedeutung des Films sieht er in der Möglichkeit, gesellschaftliche Missstände sichtbar zu machen und vielleicht sogar Veränderungen anzustoßen. «Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland immer weiter auseinander. Die Politik tut nicht genug, um diesen Trend umzukehren.»
«Einige haben sogar geweint – auch ich.»
Als die Familie aus Stolz jede Lebensmittel-Spende ablehnt, isst Hauptfigur und Autor Baron den Schimmel von der Wand. «Aber der Film ist nicht nur tragisch, sondern hat auch humorvolle Momente», meinte Eisermann, der mit den preisgekrönten Literaturverfilmungen «Kaspar Hauser» (1993) und «Schlafes Bruder» (1995) international bekannt geworden war.
Bei Vorpremieren seien viele Zuschauer tief berührt gewesen, schilderte er. «Einige haben sogar geweint – auch ich, obwohl ich normalerweise meine Filme kritisch betrachte.» Unmittelbar nach der Aufführung in Barons Heimatstadt Kaiserslautern habe er vor der Tür des Aufführungsraums den tief bewegten Autor getroffen, der wie er kurz Luft schnappen musste. «Da hatten sich offenbar sehr viele Emotionen angestaut», sagte Eisermann. «Über Jahre, vielleicht noch länger. Plötzlich flossen bei uns beiden die Tränen.»
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