Papstreise
«Der Papst ist da!» – Ein historischer Tag für Luxemburg
Luxemburg (dpa/lrs) – Einmal im Leben den Papst sehen. Das wollten viele in Luxemburg: Entlang der Straßen winkten und riefen sie dem Pontifex «Papa! Papa!» zu, als er in seinem Papamobil durch das Zentrum von Luxemburg-Stadt fuhr. Unzählige Handykameras versuchten, möglichst gute Bilder von Franziskus einzufangen. «Der Papst ist da!», hörte man immer wieder. Und einige Eltern reichten ihre Babys und Kinder an, damit Franziskus sie kurz im Arm hielt.
Rund 5.000 Menschen waren laut Polizei allein bis Mittag gekommen, um den hohen Besuch in dem kleinen Land zu begleiten. Viele harrten schon am Morgen am großherzoglichen Palast im Regen aus. Wie Agnes Maas aus Mettlach-Weiten im Saarland. «Ich hätte nie gedacht, dass ich so nahe herankommen würde», sagte sie. Sie war eigens mit sechs Freundinnen angereist, um bei dem Tagesbesuch von Franziskus dabei zu sein.
Papst-Besuch zuletzt 1985
Für Luxemburg war es ein historischer Tag. Immerhin fast 40 Jahre liegt der letzte Besuch eines Papstes im Großherzogtum zurück. Nun hatte Großherzog Henri, der das Ende seiner Amtszeit bereits eingeläutet hat, das Oberhaupt der katholischen Kirche noch mal eingeladen. Und der kam gerne: «Ich freue mich sehr über diesen Besuch im Großherzogtum Luxemburg», sagte der Papst bei einer Rede im Stadt-Palais vor rund 300 geladenen Gäste. Zuvor war er im großherzoglichen Palast empfangen worden.
Der 87-Jährige hatte auch eine Botschaft dabei. In Luxemburg, einem der reichsten Länder Europas, mahnte er, Reichtum beinhalte auch eine Verantwortung. «Deshalb bitte ich um ständige Wachsamkeit, damit die am meisten benachteiligten Nationen nicht übersehen werden, sondern ihnen im Gegenteil geholfen wird, aus ihrer Verarmung herauszukommen». Dies sei der Königsweg, um die Zahl von Menschen, die zur Migration gezwungen seien, zu verringern, sagte der Papst.
«Wir brauchen mehr Kinder»
«Möge Luxemburg mit seiner besonderen Geschichte, mit seiner ebenso besonderen geografischen Lage, mit knapp der Hälfte seiner Einwohner, die aus anderen Teilen Europas und der Welt stammen, eine Hilfe und ein Beispiel sein, das den Weg für die Aufnahme und Integration von Migranten und Flüchtlingen weisen kann», sagte Franziskus.
Er forderte die Luxemburger auf, mehr Kinder zu zeugen: «Ich habe die Geburtenraten gesehen. Wir brauchen mehr Kinder. Mehr Kinder. Sie sind die Zukunft.» Unter Anspielung auf eine vieldiskutierte Äußerung, wonach er für «mehr Kinder und weniger Hunde» sei, fügte er hinzu: «Das sage ich jetzt nicht. Ihnen sage ich: mehr Kinder!»
«Mein größter Wunsch»
Die katholische Kirche Luxemburgs sah im Besuch des Papstes eine «fantastische Chance». Er könne «ein Moment der Erneuerung» sein, sagte der Luxemburger Erzbischof, Kardinal Jean-Claude Hollerich. Auch im Großherzogtum kämpft die Kirche seit langem mit Mitgliederschwund. Vor rund 50 Jahren sei es noch ein Land mit mehr als 90 Prozent Katholiken gewesen, teilte das Erzbistum mit. Heute seien es noch gut 40 Prozent.
Gabrielle Steffen-Reuter aus dem nordluxemburgischen Bettendorf sagte, es sei ihr größter Wunsch gewesen, den Papst zu sehen. Sie sei begeistert, wie er sich für Arme einsetze. Die Mexikanerin Patricia Alba, die in Luxemburg wohnt, sagte, der Besuch sei für sei sehr wichtig, weil es so vieles gebe, für das sie sich bedanken wolle. Und Jeanne Mangen aus Nordluxemburg meinte, der Besuch von Franziskus sei eine «ganz besondere Gelegenheit.»
Der Vatikan selbst hatte gesagt, der Besuch von Franziskus solle angesichts des Glaubensschwundes für katholische Gemeinschaften «eine Ermutigung» sein. In Luxemburg hat die sogenannte Trennung von Kirche und Staat, die 2015 in Kraft trat, laut Kirche auch dazu beigetragen – weil beispielsweise der katholische Religionsunterricht aus den öffentlichen Schulen verbannt wurde. Luxemburg ist mit rund 650.000 Einwohnern das zweitkleinste Land der EU.
Die Kirche entwickele sich weiter in einer säkularisierten Gesellschaft und ziehe sich «nicht traurig und resigniert auf sich selbst zurück», sagte der Papst in der Kathedrale. Er wandte sich gegen jede Form der Ausgrenzung. Er bat die Katholiken, Luxemburg weiter «zu einem offenen Haus für jeden zu machen, der an eure Tür klopft und um Hilfe und Gastfreundschaft bittet».
Zur Begegnung des Papstes mit der katholischen Gemeinschaft in der Kathedrale Notre-Dame am Nachmittag war der Ansturm groß gewesen: Für 650 verfügbare Plätze hatten sich mehr als 10.000 Menschen gemeldet, so dass per Los entschieden wurde. Auch aus Nachbarländern hatte sich Leute um Tickets bemüht.
Conny Gard aus dem Saarland ist eine der «Auserwählten», die eine Karte bekommen hat. «Das ist schon etwas Besonderes: In einem Raum mit dem Papst zu sein», sagte die Frau aus Michelbach bei Schmelz. Eine Frau aus Trier in Rheinland-Pfalz erzählte, wie sehr sie sich freut, Karten für die Kathedrale bekommen zu haben. Sie selbst sei Protestantin: «Leider hat mein katholischer Mann keine Karte bekommen.»
Zu der Feier in der Kathedrale, bei der der Luxemburger Kardinal Hollerich die Feier zum 400. Jahrestag der Verehrung der Muttergottes als Trösterin der Betrübten eröffnete, kamen auch etliche Bischöfe aus benachbarten Bistümern, etwa aus Trier Stephan Ackermann. Hollerich gilt als Vertrauter von Papst Franziskus. Im März 2023 wurde Hollerich vom Pontifex in dessen wichtigstes Beratungsgremium, den Kardinalsrat, berufen.
Ein Land im Ausnahmezustand
Der Tagesbesuch des Papstes versetzte die Hauptstadt in einen Ausnahmezustand. Es galten hohe Sicherheitsmaßnahmen. Die Innenstadt war für den Verkehr gesperrt, es galt ein Drohnen-Flugverbot. In der Stadt gab es zudem zwei Public Viewings, die bei besserem Wetter wohl besser besucht worden wären.
Nach gut acht Stunden wollte das Oberhaupt der katholischen Kirche am frühen Abend nach Belgien weiterreisen. Dort wird der 87-Jährige bis zum Sonntag bleiben und sich in den Städten Brüssel, Löwen und Louvain-la-Neuve aufhalten.
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