Rhein-Hunsrück. Nachdem die Mitarbeiter der Straßenmeistereien sowie der Feuerwehren aus dem gesamten Kreisgebiet am Sonntag im Dauereinsatz waren, um durch umgestürzte Bäume blockierte Straßen wieder frei zu machen, ging das große Aufräumen am Montag weiter.
Zu Personenschäden kam es im Kreisgebiet glücklicherweise nicht, und auch die Waldschäden, die bei den Forstämtern registriert wurden, hielten sich in Grenzen. Sturmtief „Eberhard“ hatte lediglich einzelne Bäume umknicken lassen, zu Flächenschäden kam es kaum, wie die Forstämter vermelden, allenfalls auf den Höhen bei Oberwesel und Perscheid.
Gleichwohl ist der Schaden durch Sturmtief „Eberhard“ immens, wie der Bopparder Forstamtsleiter Axel Henke gegenüber unserer Zeitung betont. Im Bereich des Forstamtes Boppard seien etwa 4000 Festmeter durch den Sturm umgestürzt. Auf rund 5000 Festmeter schätzt der Kastellauner Forstamtsleiter Michael Diemer den Sturmwurf in seinem Bereich. Sein Simmerner Kollege Uwe Schikkor konnte gestern Nachmittag die Schadholzmenge noch nicht quantifizieren. 10.000 Festmeter könnten es in Wäldern zwischen dem Flughafen Hahn und der A 61 bei Rheinböllen schon werden.
Überall in den Wäldern liegen umgestürzte Fichten auf Poldern mit Käferholz, das in den vergangenen Wochen eingeschlagen, aber bisher wegen fehlender Transportkapazitäten noch nicht abgefahren werden konnte. Die jüngsten Anstrengungen, der Borkenkäferplage entgegen zu wirken, hätten durch die jetzt entwurzelten Bäume wieder einen Rückschlag erlitten, sagt Axel Henke. In einem Monat werde der Borkenkäfer wieder aktiv. Bis dahin sollten eigentlich die geschädigten Fichten aus dem Wald entfernt sein, was im Bereich des Forstamts Boppard eigentlich nahezu abgeschlossen war. „Wir waren relativ dran mit unseren Maßnahmen. Jetzt hat sich die Situation wieder verschärft“, klagt Axel Henke.
Sorgen um den „Brotbaum“
„Wir machen uns wirklich große Sorgen um den ,Brotbaum' der Waldbesitzer. Das Schadenspotenzial für die Fichte hat sich weiter erhöht“, sagt Henke. Der Borkenkäfer befalle nur geschädigte Fichten. Die nun umgestürzten gesunden Fichten böten dem Schädling wieder mehr Möglichkeiten, sein Unwesen zu treiben.
Hinzu komme, dass der Sturm bei einigen Fichten die Feinwurzeln zum Reißen gebracht habe. Dadurch sind diese Bäume geschädigt – und eine Beute für den Borkenkäfer. Zudem können die Fichten beim nächsten Sturm leichter umfallen.
„Die Häufigkeit der Stürme gibt uns, die wir täglich in der Natur arbeiten, zu denken“, sagt Henke. Der Bopparder Forstamtsleiter macht den Klimawandel, der für anhaltende Dürreperioden, Starkregenereignisse und häufigere Stürme sorge, dafür verantwortlich.
Nicht nur den Schaden an der Natur beklagt Henke. Er geht auch von einem vermehrten volkswirtschaftlichen Schaden aus, denn die Sägeindustrie komme momentan mit der Verarbeitung der Fichtenstämme gar nicht mehr nach. „Sie nehmen gar kein Holz mehr an und benutzen den Wald quasi als Lager“, sagt Henke und ergänzt: „Was jetzt gefallen ist, ist Top-Qualität, die aber zu Borkenkäferpreisen vermarktet wird.“
Die Preise für Fichtenholz sind im Keller. Im Sommer habe eine gesunde Fichte noch 93 Euro pro Festmeter eingebracht. Der Preis für „Borkenkäfer-Holz“ sei nun bis auf 50 Euro pro Festmeter gesunken. Auch wenn in Rheinland-Pfalz sich die Schäden in Grenzen hielten, werde der Markt voraussichtlich aus Nordrhein-Westfalen, wo „Eberhard“ besonders stark gewütet hat, noch zusätzlich mit geschädigtem Fichtenholz überschwemmt, vermutet Henke.
Forstamtsleiter Axel Henke und seine Kollegen warnen zudem die Bevölkerung eindringlich davor, zurzeit den Wald zu betreten: „Es gibt überall durch den Sturm angeknackste Bäume, die noch umfallen können. Die Gefahr des Nachbrechens ist extrem hoch“, sagt Henke. Deswegen sei es ratsam, zumindest für die nächsten Tage nicht in den Wald zu gehen, zumindest für diese Woche, in der die Wetterdienste weiterhin Stürme vorausgesagt haben. Sämtliche Förster im Kreisgebiet bitten um etwas Zeit und Geduld, bis alle Wege wieder frei geräumt sind. Trupps der Forstämter sind in allen Revieren im Einsatz, um blockierte Wege vom Sturmholz frei zu schneiden und Astbruch zu beseitigen. Überwiegend Einzelwürfe und keine großräumigen Flächen registrierten übereinstimmend auch die Revierleiter und Mitarbeiter der Forstämter Simmern und Kastellaun bei ihren Inspektionsgängen am Montag. Wie am Rhein fielen auch auf den Hunsrückhöhen in erster Linie die Fichten mit ihren flachen Wurzeltellern dem Sturm „Eberhard“ zum Opfer.
Überall sind die Waldwege blockiert
Flächendeckend sind Waldstraßen und Waldwege von umgestürzten Bäumen blockiert. Gestern waren Mitarbeiter des Forstamtes Kastellaun den ganzen Tag im Einsatz, um Zufahrten und Waldstraßen zu den bewohnten Mühlen in den Bachtälern frei zu räumen.
Die übrigen Straßen im Kreisgebiet sind wieder alle befahrbar. Die Polizei Simmern gab auf Nachfrage unserer Zeitung an, dass die Kernzeit der Einsätze am Sonntag zwischen den Mittagsstunden bis ca. 18 Uhr lag. Danach ließ „Eberhard“ es etwas ruhiger angehen, sodass das Schlimmste überstanden war, wie auch ein Sprecher der Polizeiinspektion Boppard bestätigte. Quer durchs Dienstgebiet der Polizeiinspektion Simmern seien Bäume umgeknickt worden, berichtet die Polizei. Die ersten Einsätze von Feuerwehr und Straßenmeistereien begannen bereits am späten Sonntagvormittag und endeten erst in den Abendstunden. Für die Arbeiter im Forst ging dagegen am Tag danach die Arbeit erst richtig los. wd/tor