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Dernbach

Im Hospiz darf gelacht werden: Einrichtungsleiterin Eva-Maria Hebgen möchte das Haus mit Lebensfreude füllen

Von Stephanie Kühr

„Für mich ist nun der Zeitpunkt gekommen, etwas Neues zu beginnen. Beruflich und gedanklich bin ich gereift für meine Aufgabe als Hospizleiterin. In jüngeren Jahren hätte ich das nicht machen können, jetzt bin ich bereit“, erzählt Eva-Maria Hebgen, die neue Leiterin des stationären Hospizes St. Thomas in Dernbach. Seit Mitte des Monats hat die kreisweit erste Einrichtung den Betrieb aufgenommen – jetzt füllt sich das Hospiz mit Leben. Zwei Patientinnen sind bereits eingezogen, weitere werden ihnen in die insgesamt acht Gästezimmer folgen.

Lesezeit: 4 Minuten
Entspannt sitzt Eva-Maria Hebgen in einem bequemen, beigefarbenen Ohrensessel im Raum der Stille. Licht fällt durch das große, bunt gestaltete Fenster. Eine angenehme, ja beruhigende Atmosphäre. Die 48-Jährige trägt Jeans und Jeansbluse, einen Schwesternkittel braucht sie nicht. Ihre Augen blicken fest, aber freundlich durch die Gläser ihrer Brille. Sie sieht ...
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Mehr Herberge als Klinik: Die Gäste geben das Tempo vor

Dernbach. „Das Hospiz ist kein Krankenhaus“, betont die neue Hospizleiterin Eva-Maria Hebgen. Wer das Hospiz St. Thomas in Dernbach betritt, den erinnert tatsächlich nichts an eine Klinik. Keine langen dunklen Krankenhausflure mit unzähligen Türen und einer Mischung aus Essensgeruch und abgestandener Luft, kein Trubel im Foyer, keine sterile Nullachtfünfzehn-Einrichtung. Stattdessen betritt der Besucher ein lichtdurchflutetes, weißes Huf-Haus, ein Wohnhaus mit großem Flur und geräumigem Foyer mit offener Teeküche, Essgelegenheiten und einer Lounge-Ecke. Zwar wirkt das Hospiz kurz nach der Eröffnung noch etwas nüchtern, weil Wohnaccessoires und Blumen fehlen und einige Möbel erst im September geliefert werden, doch wer das Haus betritt, der atmet Stille.

Menschen, die hierher kommen, finden eine Oase der Ruhe. Sie finden die Geborgenheit, die sie auf dem letzten Schritt ihres Lebensweges brauchen. „Im Hospiz geben die Gäste das Tempo vor“, sagt Eva-Maria Hebgen. In diesem Sinne gleicht das Hospiz einer Herberge mit Rundumversorgung für Körper und Seele. So entscheiden die Gäste selbst, wann sie aufstehen, sich fertigmachen und frühstücken möchten. Sie bestimmen auch, was es zum Frühstück gibt. Auch das Mittagessen, das in der Küche des Herz-Jesu-Krankenhauses zubereitet wird, wird auf Wunsch gekocht und zur passenden Zeit in der Hospiz-Küche (falls nötig) gewärmt und serviert. „Wir fragen täglich das Essen ab und gehen auf die individuellen Wünsche ein. Was erfüllbar ist, machen wir“, sagt Hebgen. Die Angehörigen können aber auch Speisen mitbringen oder in der Hospiz-Küche zubereiten.

Falls möglich, besucht die Hospizleiterin die Patienten vor ihrer Aufnahme zu Hause oder im Krankenhaus, um sich vorzustellen und ihre Erwartungen und Wünsche zu erfahren. Im Gespräch erklärt die 48-Jährige die Abläufe und das Leben im Hospiz. So dürfen die Hospizgäste persönliche Gegenstände mitbringen – Bilder, Fotos, Kissen, Tagesdecken, die eigene Bettwäsche, Bücher und kleinere Möbelstücke oder Lampen. Auch Formalitäten müssen geregelt werden. So bedarf es für die Anmeldung einer ärztlichen Stellungnahme, warum die Versorgung im Hospiz empfohlen wird. All dies ist wichtig für die Kostenübernahme der Kranken- und Pflegekasse.

„Bei ihrer Ankunft werden die Gäste begrüßt und in ihr Zimmer geleitet“, schildert Hebgen. Die Räume sind großzügig und hell. Über bodentiefe Fenster haben die Patienten einen direkten Zugang zur Terrasse und zum Garten. Es gibt eine kleine Sitzgruppe und einen Sessel, der sich zur Récamiere als Schlafgelegenheit für Besucher herrichten lässt. Das Bad ist funktional und behindertengerecht. Wer mag, kann die Badewanne mit Lichtdusche und Musikanlage im großen Pflegebad am Ende des Flurs nutzen. „Wir bieten den Gästen einen Tee oder Kaffee an und lassen sie erst einmal in Ruhe ankommen“, erläutert Hebgen.

Eine morgendliche Arztvisite gibt es im Hospiz nicht. Die Hausärzte und ambulanten Palliativdienste betreuen die Hospizgäste nach Bedarf. Rund um die Uhr sind die zwölf Krankenschwestern und -pfleger – die meisten von ihnen haben bereits die Pallitiav-Care-Zusatzausbildung – in drei Schichten für die Gäste da, versorgen und pflegen sie. Sie beobachten die Schmerzentwicklung der Patienten und stimmen mit Arzt oder Palliativdienst ab, was in der Medikamentengabe verbessert werden kann. Auch Leiterin Eva-Maria Hebgen ist für die Gäste jederzeit ansprechbar.

Doch nicht nur das: Am Morgen und am Nachmittag kümmert sich einer von neun ehrenamtlichen Mitarbeitern des Hospizvereins Westerwald um das Wohlergehen der Gäste. Je nach Bedürfnis sprechen sie mit ihnen, gehen spazieren, lesen vor, spielen etwas oder sind einfach nur da. Stephanie Kühr

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