Neuwied

Wer wird Oberbürgermeister von Neuwied? Kandidaten bekennen Farbe (Teil 2)

In wenigen Wochen sind knapp 50 000 Neuwieder aufgefordert, ihren neuen Oberbürgermeister zu wählen. Sie haben dabei die Wahl zwischen vier Kandidaten.

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Beigeordneter Michael Mang tritt für die SPD an, Bürgermeister Jan Einig für die CDU und Zahnarzt Paul Peter Baum für die FDP. Als Einzelbewerber geht der Leiter des städtischen Rechtsamtes, Ulrich Adams, ins Rennen. Doch was wollen sie erreichen? In einem durch den unerwarteten Tod von OB Nikolaus Roth kurzen Wahlkampf haben sie nur vergleichsweise wenig Zeit, sich und ihre Positionen vorzustellen. Die RZ hat sie daher gebeten, Farbe zu bekennen.

Michael Mang (SPD)

Das macht den Kandidaten aus:

Wie wollen Sie die Attraktivität der Innenstadt erhöhen und die City als Einkaufsstandort erhalten?

Realität ist, der großflächige Handel wird am Stadtrand bleiben und der Onlinehandel weiter zunehmen. Dennoch muss die einstige Lebensader der Stadt wieder in ein buntes Zentrum durch Handel, Gewerbe, Gastronomie und Politik entwickelt werden. Dabei kommt es auf einen neuen Branchenmix für alle Altersgruppen mit dem Fokus auf wachsende Märkte wie regional typische Produkte in Bioqualität an. Ein hauptamtlicher „Stadt-Kümmerer“ anstatt eines Verwalters wird benötigt. Wir brauchen eine bunte Innenstadt mit einer Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt und die Lust auf’s Einkaufen fördert.

Was soll mit der Deichkrone geschehen?

Wir haben schon viele markante Gebäude verloren, dies darf bei der Deichkrone nicht passieren. Bei knappen Kassen müssen wir eine kluge Planung mit möglichst hohen Fördersummen angehen. Dies ist mit einem Restaurant unmöglich. Eine Komplettsanierung mit einer museumsähnlichen Nutzung sehe ich am vielversprechendsten. Ohne Verzögerungen sollten zwei Maßnahmen erfolgen: erstens eine gute Beleuchtung der Treppen und zweitens eine Sanierung des Umganges, damit auch Mütter mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder ältere Menschen mit Rollatoren auf dem gesamten Deich spazieren gehen können.

Die Städtepartnerschaften waren ein Anliegen des verstorbenen Oberbürgermeisters. Wie würden Sie die fortführen? Welche Akzente und ggf. neue Kooperationen würden Sie anstreben?

Für mich sind Städtepartnerschaften sinnvoll, wenn die Menschen mitziehen und beide Seiten voneinander lernen können. Nach dem Brexit sehe ich die mit Bromley aufgrund der starken bürgerschaftlichen Bindung nötiger denn je an. Drom HaSharon ist auch ein Ausdruck unserer Staatsräson. Bei Suqian in China – als eine der neuen Supermächte – haben beide Seiten noch viel voneinander zu lernen. Da brauchen wir neben den Interessen der Wirtschaft auch freundschaftliche Verbindungen. Am schwierigsten stellt sich für mich Güstrow dar, hier brauchen wir eine erneuerte verbindende Perspektive.

Jan Einig (CDU)

Das macht den Kandidaten aus:

Wie wollen Sie die Attraktivität der Innenstadt erhöhen und die City als Einkaufsstandort erhalten?

1. Wir brauchen mehr Vielfalt im Angebot. Neue Geschäfte kommen nur, wenn es Käufer gibt, die genug Geld zum Ausgeben haben. Dafür brauchen wir Arbeitsplätze. 2. Eigentümer, Handel, Gastronomie müssen an einen Tisch. Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Citymanagement müssen – gemeinsam! – helfen, dass sich deren Engagement wieder lohnt. 3. Nicht über Amazon jammern: Wir müssen Förderprogramme nutzen, z.B. für ein gemeinsames Internetportal . 4. Nicht das Geschäft nebenan ist der Konkurrent, sondern die umliegenden Städte. Höhere Aufenthaltsqualität durch die schnellere Umgestaltung der Innenstadt.

Was soll mit der Deichkrone geschehen?

Die Deichkrone ist ein Stück Identität unserer Stadt. Mit der Umgestaltung des Rheinufers und dem attraktiven Umbau der Marktsstraße besteht die große Chance einen Leuchtturm zu gestalten. Ich könnte mir ein Hotel mit attraktiver Gastronomie vorstellen. Ein solches privatwirtschaftlich entwickeltes Projekt hätte positive Auswirkungen auf das gesamte Umfeld rund um den Deich. Und mit einer Verkehrsberuhigung der unteren Marktstraße entwickeln wir Außengastronomie und Ambiente und setzen ein Investitions-Signal für private Eigentümer und Unternehmen. Dazu möchte ich auch die Ideen der Bürger hören.

Die Städtepartnerschaften waren ein Anliegen des verstorbenen Oberbürgermeisters. Wie würden Sie die fortführen? Welche Akzente und ggf. neue Kooperationen würden Sie anstreben?

Städtepartnerschaften und Freundeskreise sind wertvoll. Man kann viel voneinander lernen. Ich möchte aber, dass wir mehr voneinander profitieren. Wirtschaftlich und touristisch. Durch maßgeschneiderte Komplettpakete zu unseren Sehenswürdigkeiten oder als Urlaubsziel. Da könnten wir mit und für Hotels, Ferienwohnungen und Gastronomie mehr tun. Bromley, Güstrow und Drom Hasharon: Ich möchte mehr Menschen aus diesen Städten und Regionen hier begrüßen, sowie die Bürgerschaft stärker einbinden. Und die Chancen, dass Touristen aus Suqian kommen, sind größer und realistischer als 12 Pandas für den Zoo.

Paul Peter Baum (FDP)

Das macht den Kandidaten aus:

Wie wollen Sie die Attraktivität der Innenstadt erhöhen und die City als Einkaufsstandort erhalten?

Eine für Käufer attraktive Innenstadt muss sauber, sicher und schön sein. Der Kinderspielplatz auf dem Luisenplatz braucht einen neuen Belag. Viele Stellen müssen einfach nur gereinigt werden. Zum Beispiel starren die Lampenkugeln vor Dreck. Das Ordnungsamt muss abends stärker präsent sein – vor allem in der Schloßstraße. Dafür können wir Knöllchen 5 min vor dem Ende einer Veranstaltung sein lassen, damit Besucher Neuwied in angenehmer Erinnerung behalten. Neuwied benötigt zur Verschönerung dringend eine Gestaltungssatzung für Fassaden und Außenwerbung, ähnlich wie die Stadt Bonn.

Was soll mit der Deichkrone geschehen?

Zur Deichkrone organisierte ich bereits im Spätsommer 2015 eine Bürgerwerkstatt. Zudem hatten Engagierte auf Facebook Ideen ausgetauscht. Danach sind keine 2 Millionen notwendig. Eine riesige Investition in dieser Höhe rechnet sich an dieser Stelle niemals wirtschaftlich vernünftig. Die Bürger Neuwieds wünschen ein Café und Weinhaus mit etwas Musikszene. Der barrierefreie Umgang und das Gebäude können wir für weniger als 400.000 Euro – also etwa die Kosten für ein Einfamilienhaus – wieder in Gebrauch nehmen. 1,6 Millionen Euro können dem Steuerzahler erspart bleiben.

Die Städtepartnerschaften waren ein Anliegen des verstorbenen Oberbürgermeisters. Wie würden Sie die fortführen? Welche Akzente und ggf. neue Kooperationen würden Sie anstreben?

Städtepartnerschaften sind große Friedenspolitik an der Basis. Meine Eltern ließen mich Fremdsprachen lernen, weil sie meinten: „Auf Jemand, den man versteht, schießt man nicht so leicht.“ Bromley hat gegen den Brexit gestimmt. Ich liebe es. Dass ich unverbrüchlich zu Israel und dem jüdischen Volk stehe, ist bekannt. Als 1. werde ich Edirne in der Türkei besuchen. Wir müssen als Partner die demokratischen, westlichen Kräfte dort unterstützen. So ähnlich trug mein großes Vorbild Manfred Scherrer als Oberbürgermeister einst in Güstrow dazu bei, die DDR-Parteidiktatur zu stürzen.

Ulrich Adams

Das macht den Kandidaten aus:

Wie wollen Sie die Attraktivität der Innenstadt erhöhen und die City als Einkaufsstandort erhalten?

Die Innenstadt muss Wohnen, damit ein soziales Wohnumfeld sowie Bedarfsdeckung in den Geschäften ermöglichen. Für Wohnnutzung und zur äußeren Gestaltung ist der Eigentümer in die Pflicht zu nehmen, Verhandlungen müssen mit Nachdruck geführt werden. Optische Aufbereitung, erhöhter Sauberkeitsstandart, ein umfassendes Sicherheitskonzept sind notwendig. Prüfung einer Gewerbesteuererleichterung für interessierte Einzelhandels-/Gastronomiebetriebe, mit Makler vor Ort zusammenarbeiten. Ansiedlung von Fach-/Hochschuleinrichtungen anstreben, junge Menschen verändern das Stadtbild.

Was soll mit der Deichkrone geschehen?

Die Deichkrone wurde von mir vor Jahren in die Planungshoheit der Stadt zurückgeholt und ist seitdem dem Verfall preisgegeben. Ein Verkauf ist nicht möglich, weil das Gebäude bautechnisch ein Teil der Deichmauer ist. Das Gebäude ist in der Sichtachse der Marktstr. ein stadtbildprägendes Gebäude. Sanierung, soweit möglich und teilweise Neuerrichtung nach früherem Erscheinungsbild. Wegen Fördervoraussetzungen Nutzung als Gemeinbedarfseinrichtung, z.B. Themenmuseum mit untergeordneter gastronomischen Nutzung. Keine rein gastronomische Nutzung mit ausschließlicher Finanzierung der Stadt.

Die Städtepartnerschaften waren ein Anliegen des verstorbenen Oberbürgermeisters. Wie würden Sie die fortführen? Welche Akzente und ggf. neue Kooperationen würden Sie anstreben?

Städtepartnerschaften sollten von Menschen gelebt werden. Die Partnerschaft mit Bromley ist ein Vorbild für freundschaftlichen, lebendigen Kulturaustausch. Reine Delegationsbesuche lehne ich ab. Es ist zu überprüfen, ob die frühere Städtepartnerschaft mit Beverwijk wiederbelebt werden kann; perspektivisch könnten sich auch weitere niederländische Touristen und Touristenorganisationen für Neuwied interessieren. Die Partnerschaft mit einer chinesischen Stadt sehe ich dann als sinnvoll an, wenn über einen Wissenstransfer beiderseits der Wirtschaftsstandort eine Stärkung erfährt.

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