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Neuwied

Die Stichwahl in Neuwied ist völlig offen

Von Ulf Steffenfauseweh
Am 15. Oktober muss in Neuwied noch einmal gezählt werden.  Foto: J. Niebergall
Am 15. Oktober muss in Neuwied noch einmal gezählt werden. Foto: J. Niebergall

„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.“ Ähnlich wie Goethes Faust dürften es vielen Neuwiedern nach der ersten Runde der OB-Wahl ergehen. Denn entschieden ist noch nichts. Einzig eines ist beendet: die Altersdiskussion. Neuwied bekommt einen vergleichsweise jungen Oberbürgermeister. Und das macht die Stichwahl in drei Wochen noch wichtiger. Denn der Gewinner kann – wenn er seinen Amtsbonus nutzt – eine ganze Ära prägen. Aber wer in den kommenden acht Jahren die Stadt führen darf, ist völlig offen.

Lesezeit: 2 Minuten
Jan Einig geht zwar mit einem Vorsprung von gut 5 Prozentpunkten in das Rennen, doch was bedeuten die schon bei einer Abstimmung ohne parallele Bundestagswahl? Seine Parteifreunde gaben sich am Sonntagabend zufrieden, und das konnten sie angesichts von Platz eins auch sein. Nicht wenige hatten dennoch still auf einen größeren ...
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CDU in ihren Hochburgen stark

Neuwied. Jan Einig 38,65 Prozent, Michael Mang 33,27 Prozent, Ulrich Adams 22,50 Prozent und Paul Peter Baum 5,57 Prozent: Das sind die entscheidenden Zahlen, die beim ersten OB-Wahlgang unter dem Strich stehen. Trotzdem lohnt vor der Stichwahl auch ein Blick auf die Einzelergebnisse, der zeigt, wo die Kandidaten besonders stark waren und wo sie vielleicht noch Potenzial haben.

Bei Michael Mang (SPD) ist beispielsweise auffällig, dass er einen großen Teil seiner Stimmen in der Innenstadt und Heddesdorf geholt hat. Er schwächelte dagegen in den Stadteilen, auch in den traditionell roten wie Nieder- und Oberbieber, Rodenbach und Segendorf. Teilweise lag er zwar vorn, aber nicht mit den Werten, die die Genossen gewohnt sind. Zum Vergleich: Nikolaus Roth holte dort 2015 auch im ersten Wahlgang schon satte absolute Mehrheiten.

Eben da „räuberte“ dieses Mal Einzelbewerber Ulrich Adams vergleichsweise stark. Wenig überraschend holte er aber in seinem Heimatstadtteil Irlich sein persönlich bestes Ergebnis. Hier lag er mit 34,3 Prozent sogar nur hauchdünn hinter Jan Einig (34,8 Prozent), aber klar vor Michael Mang (26,5 Pozent). Auch Paul Peter Baum (FDP) fuhr sein bestes Ergebnis in seinem Heimatstadtteil – 9,7 Prozent in Feldkirchen – ein und hatte ansonsten auf niedrigerem Niveau keine so gravierenden geografischen Ausschläge.

Jan Einig gewann in der traditionellen CDU-Hochburg Heimbach-Weis, die er auch als künftigen Wohnort ausgesucht hat, besonders viele Stimmen und kam auf eine absolute Mehrheit. Er punktete aber genauso stark in Gladbach, wo Nikolaus Roth vor eineinhalb Jahren noch deutlich vorn gelegen hatte. Auch auf Torney und in Engers lag Einig weit in Front. Die Innenstadt mit 29,0 Prozent ist dagegen der Bereich, in dem er noch am meisten Luft nach oben hat. Ulf Steffenfauseweh

Kommentar: Baum ist für die FDP nicht länger tragbar

Die Liberalen in Neuwied haben am Sonntagabend zu Recht gejubelt. Der Wiedereinzug in den Bundestag ist mit Christian Lindner an der Spitze fulminant gelungen, auch Sandra Weeser geht nach Berlin. Doch das darf vor Ort eins nicht verdecken: Das Bild, das die Partei dank ihres Stadtverbandsvorsitzenden Paul Peter Baum im Neuwieder OB-Wahlkampf abgegeben hat. Und das ist weit schlechter als die nackten Zahlen, die bei ihm persönlich einen Absturz von 11,5 auf 5,6 Prozent sehen. Vielmehr hat der Großteil der Menschen, auch potenzielle FDP-Wähler, im Wahlkampf nur mit dem Kopf geschüttelt ob der Absurditäten des Kandidaten Baum: Ulrich Adams als erste OB-Maßnahme das Du anbieten, Jubilaren ein persönliches Ständchen vortragen – „weil ich es kann“ –, Neuwied mit einem Erdmännchentag bekannt machen – das waren nicht die Aussagen eines ernsthaften Kandidaten. Schließlich flog er aus der größten virtuellen Kneipe der Stadt – der Facebook-Gruppe „Du bist Neuwied, wenn ...“ – achtkantig heraus, weil er sich nicht an die dortigen Regeln halten wollte und mit den Moderatoren heftig in die Haare geriet. Und dann setzte er im Internet noch eins drauf, als er sein Bedauern ausdrückte, dass in der Schlossstraße kein „Beate-Uhse-Laden mit Sexkabinen“ einziehen durfte. Im Gegensatz zum Gemüseladen sei das doch eine „ruhige, friedliche, angenehme Nachbarschaft“, meinte er.

Kurzum: Baum hat die FDP lächerlich gemacht. Und das hat die Partei gemerkt. Seine Nominierung mit 3:2-Stimmen war ein erster Beleg dafür, der Wahlkampftermin mit Minister Herbert Mertin ein zweiter: Ganze sechs Teilnehmer waren gekommen. Das ist auch für eine kleine Partei indiskutabel! Und daher muss sich trotz knapper Personaldecke jemand finden, der den Stadtverbandsvorsitz übernimmt. Baum ist für eine seriöse FDP nicht länger tragbar.

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