Ich war zufällig mit der Kamera vor der Kneipe der „Spreeborussen“, als zwei Fans nach der Derbyniederlage der Gladbacher, die katastrophal in die Saison gestartet waren, gegen Köln herausstürmten. Einer der Anhänger sagte in diesem Moment, dass er Angst hat, dass der damalige Trainer Lucien Favre hinschmeißen würde, was für ihn noch schlimmer als die Niederlage wäre. Der andere versuchte hingegen, ihn zu beruhigen. Zwei Tage nach dem Spiel hat Favre dann tatsächlich seinen Rücktritt erklärt, und so wurde der Dialog der leidenden Fans sozusagen zum Zeitdokument.
Was halten die Exilfans eigentlich von den Klubs in ihrer neuen Heimat Berlin?
Also die Hertha ist für Zugereiste nun wirklich nicht sexy. Union hat da zumindest bei den Traditionalisten einen besseren Ruf. Bei vielen Exilfans ist es aber so, dass sie sich unterklassige Berliner Klubs aussuchen, um sie zu unterstützen und sich deren Spiele anzuschauen. Beliebt sind zum Beispiel Tennis-Borussia oder der 1. FC Wilmersdorf.
Gibt es eigentlich auch Vereine, die in Berlin keine Fanklubs haben?
Ja, auch wenn das nicht viele sind. Fanklubs von Plastikvereinen wie RB Leipzig und Bayer Leverkusen sind bisher noch Fehlanzeige. Mainz 05 hat zwar auch keinen festen Fanklub, aber es gibt die kleine Gruppe „Bruchweg-Sehnsucht“, die sich regelmäßig trifft. Überraschenderweise gibt es hier in Berlin sogar einen Fanklub der TSG Hoffenheim. Das sind übrigens ganz nette Leute, die eben nur einen ziemlich komischen Fußballgeschmack haben.