Cochem-Zell. Lange, sehr lange ist es eine Zitterpartie. Besonders in Zell. Erst am Freitagnachmittag steht fest – mit bangem Blick auf den Pegel Trier an der Obermosel – dass die Altstadt nicht überflutet wird. Die Moselaner sind mit einem blauen Auge davongekommen. „Ich hoffe weiterhin, dass es uns diesmal nicht trifft“, sagt Zells Stadtbürgermeister Hans Schwarz im Gespräch mit der RZ nachdenklich. Das Hochwasser verharrt bedrohlich knapp unter der Hochwasserschutzmauer – mit gut 30 Zentimetern Luft.
Kurz vor Mittag ist die Lage in Zell sehr angespannt. „Wir gehen im Moment davon aus, dass die Mosel über die Mauer geht“, schwant Stadtchef Schwarz da wenig Gutes. Sie fließt drüber, wenn der Pegel in Trier einen Stand von 8,70 Meter und mehr erreicht. Am Freitagvormittag stagniert die Mosel dort bei 8,49 Meter, später fällt sie auf 8,31 Meter, Tendenz fallend. Doch die Prognosen des Hochwassermeldezentrums Trier gehen im Lagebericht davon aus, dass die Mosel in Trier noch einen Stand von 8,80 bis 9,20 Meter erreichen wird. Zehn bis zwölf Stunden benötigt die Mosel von Trier, bis sie in den Kreis schwappt. Auch Sandra Hansen-Spurzem, die Pressesprecherin der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, stimmt in den Tenor am Freitagnachmittag ein. Durch die hohen Niederschläge in der Westpfalz und in Lothringen bedingt steige die Mosel „noch weiter an“. Die SGD Nord geht von einem Höchststand in Trier von „um 9,00 Meter“ aus, was etwa „einem fünfjährlichen Hochwasserereignis“ entspricht. Wegen der Unsicherheit in den Prognosen ist keinem Zeller danach zumute, eine Flasche Rieslingsekt zum Zeichen der Entspannung zu köpfen.
Im Gegenteil: „Von den Geschäftsleuten geht hier keiner ein Risiko ein, alle haben vorsorglich geräumt“, berichtet Hans Schwarz. Dabei entwickelt sich ein Dominoeffekt. „Wenn einer loslegt, dann fangen auch alle anderen an zu räumen.“ Aber alle machen dies routiniert, jeder Handgriff sitzt, vielfach geübte Praxis. Genauso wie in Cochem. „Der Moselaner sieht das Hochwasser realistisch“, sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Lambertz. Will sagen: Man räumt geduldig erst dann, wenn es denn unbedingt sein muss.
Ärgerlich für die Stadt Cochem: Sie muss gegen Mittag Stege in der Innenstadt aufstellen, obwohl sie weiß, dass es fast keinen Sinn hat, sie aufzubauen. Aber so steht es ab einer Höhe von 6,80 Meter im Alarmplan. „Wir wollen dies so optimiert wie möglich machen, aber nicht zu viel Arbeit investieren“, sagt Lambertz. Und schiebt vielsagend hinterher: „Die Mosel hält sich nicht an Schilder und Hoffnungen.“ In Cochem steigt der Pegel im Laufe des Freitags von 6,61 Meter auf 7,10 Meter. Liniusstraße, Bernstraße und das Fuchsloch stehen ebenso in der braunen Brühe wie die B 49 und das untere Parkdeck der Kreisverwaltung. Dennoch kein Grund zur Panik. Lambertz erinnert an die Wellenbewegungen mit Aufs und Abs, mit denen ein Mosel-Hochwasser im Regelfall einhergeht. „Wir sind gespannt auf die zweite Welle, die am Samstag kommt.“
An den Nebenflüssen in Eifel und Hunsrück gehen die Wasserstände indes zurück, insbesondere auch an Endert- und Elzbach. Zwar sind leichte Zwischenanstiege am Wochenende, so das Meldezentrum Trier, „nicht ausgeschlossen“, aber auf der Eskalationsleiter eines Mosel-Hochwassers ist nach oben noch Platz. Oder wie Wolfgang Lambertz sagt: „Es ist noch nicht so weit, dass man die Flasche Wein, die im Wasser steht, als Letztes räumen muss.“
Von unseren Redakteuren Thomas Brost und David Ditzer