Der Mensch sollte auch bei Asylverfahren im Mittelpunkt stehen. Es ist nicht vertretbar, dass Flüchtlinge quer durch Europa geschoben werden, ohne dass die entscheidenden Fragen zuvor geklärt sind.
Es gibt beim Thema Asyl viele Fälle, die sich kaum mit einem „normalen“ Realitätssinn erklären lassen – vom Bau eines Zaunbollwerks an den Grenzen Europas über die je nach öffentlicher Stimmungslage in diese oder jene Richtung wogende politische Diskussion bis hin zu Härtefällen wie dem in Büchenbeuren.
Wenn es zu Abschiebungen kommen muss, weil aus rechtlich stichhaltigen Gründen kein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel besteht, dann ist dies bei aller möglichen menschlichen Dramatik wohl nicht zu vermeiden. Wenn es aber so ist, dass ein womöglich fahrlässig gesetztes Kreuzchen eines Sachbearbeiters über Lebensschicksale entscheidet, dann ist dies nicht in Ordnung. Im Fall des Büchenbeurener Flüchtlings wurde seitens des Jugendamtes Kassel, dem der junge Mann im vergangenen Herbst zugeordnet war, das Geburtsdatum festgelegt auf den 1. Januar 1998. Es gibt in den Akten keine Erläuterung oder Begründung, auf welcher Basis diese Entscheidung getroffen wurde, denn der junge Mann erklärt ja, dass er am 15. April 2000 geboren wurde. Es steht nicht fest, ob er volljährig ist oder nicht – und so lange dürfte er – rechtlich betrachtet – auch nicht abgeschoben werden.