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Bad Kreuznach

Untersuchung zeigt: In Kreuznach stinkt was zum Himmel – Illegale Müllentsorgung wird Volkssport

Von Marian Ristow
Auch das fällt unter den Tatbestand der illegalen Müllentsorgung: Wer seinen Hausmüll in öffentliche Papierkörbe packt, macht sich strafbar. Ein kleines Bierfass gehört dort wohl kaum in diesen Behälter. Foto: Marian Ristow
Auch das fällt unter den Tatbestand der illegalen Müllentsorgung: Wer seinen Hausmüll in öffentliche Papierkörbe packt, macht sich strafbar. Ein kleines Bierfass gehört dort wohl kaum in diesen Behälter. Foto: Marian Ristow

Entsorgter Elektroschrott mitten in der Neustadt, ständig neu entstehende Mini-Mülldeponien im Stadtgebiet, eine gewachsene Tradition, illegale Müllsäcke, die das Abfallvolumen der angemeldeten Tonnengröße bei Weitem überschreiten, beizustellen, Hausbesitzer, die ihren Müll einfach verbrennen, Firmen, die kein einziges Müllgefäß angemeldet haben, und Müllsünder, die ihren privaten Abfall tütenweise in öffentlichen Gefäßen entsorgen. „Die Stadt hat definitiv ein Müllproblem“, urteilt Bürgermeister und Kämmerer Wolfgang Heinrich, der außerdem zuständiger Dezernent der städtischen Abfallwirtschaft ist.

Lesezeit: 3 Minuten
Zu diesem Schluss kommt er nicht nur nach der Lektüre des Abschlussberichtes des Sicherheitsunternehmens Lehnert, das die Müll-Lage in der Stadt zwischen Oktober 2016 und August 2017 eindringlich beobachtet, analysiert und ausgewertet hat. Der Bürgermeister hatte bereits im Vorfeld eine leise Vorahnung. „2015 haben wir 223 Tonnen illegal entsorgten Müll ...
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Müllbericht sorgt für Streit: Bürgermeister Heinrich soll sich entschuldigen

Für gewaltigen Zoff sorgte der Zwischenbericht des Sicherheitsunternehmens Lehnert, der im nicht öffentlichen Teil der jüngsten Finanzausschusssitzung verlesen wurde. Der von Firmenchef Josef Lehnert abgefasste und von Bürgermeister Wolfgang Heinrich autorisierte Bericht unterstellt drei hochrangigen Stadtverwaltungsbeamten, illegale Praktiken und bekannte Missstände in Sachen Müllentsorgung geduldet zu haben.

So sei es seit einigen Jahren bekannt gewesen, dass zu wenige gastronomische Betriebe die gesetzlich vorgeschriebenen Fettabscheider besäßen.

Man habe aber von offizieller Seite keine Gegenmaßnahmen ergriffen und so Beihilfe zur Begehung von Umweltdelikten geleistet, mutmaßt der Bericht. Die drei namentlich genannten Abteilungsleiter hatten sich sogar zwischenzeitlich anwaltlich vertreten lassen. Für die Anschuldigungen in Richtung der Beamten wurde insbesondere Wolfgang Heinrich heftig kritisiert – obwohl er nicht Verfasser des Berichtes ist. In einem offiziellen Schreiben wurde er von Oberbürgermeisterin Kaster-Meurer aufgefordert, sich dafür zu entschuldigen. ri

Gustl Stumpf kommentiert: Missstände rund um den Müll sind aufzuklären

Das ist erschreckend. Offensichtlich ersticken wir im Müll. Dieser Eindruck jedenfalls drängt sich auf, nicht nur wegen der Detektivarbeit des Sicherheitsunternehmens Lehnert in Bad Kreuznach.

Auch außerhalb der Stadt wird immer wieder und besonders gern Unrat aller Art entsorgt. Stichwort wilde Müllkippen. Klarer Fall also: Wir haben ein Müllproblem. Und die Ursachen sind vielfältig.

Zum einen eine Verpackungsindustrie, die einen hohen Stellenwert genießt. Eine schöne Verpackung ist Indikator für Wohlstand. Die Verpackungsbranche zählt nicht nur zu den größten Industriezweigen im Land, sie ist auch – trotz aller Recyclingmaßnahmen – Müllproduzent Nummer eins: von der Plastiktüte über die Zahnpastatube bis zum Coffee-to-go-Becher. Alles Abfall unserer Zivilisation, der sich nach kürzester Zeit im Müll wiederfindet. Und wenn der überhand nimmt, greifen leider viel zu oft die typischen Mechanismen: Weg mit dem Zeug, auf Teufel komm raus.

Schwer nachzuvollziehen, was diese Leute bewegt, warum sie so gedankenlos und pflichtvergessen handeln. Schließlich verfügen wir über ein intelligentes, bisweilen aber recht kompliziertes Müllentsorgungssystem. Dennoch: Illegale Machenschaften rund um den Müll sind kein Kavaliersdelikt, egal, auf welcher Ebene.

Insofern könnte die OB-Schelte in Richtung Kämmerer Heinrich zum Bumerang werden, Anschuldigungen und Entschuldigungen hin oder her. Sollte es tatsächlich die genannten Missstände in der Verwaltung geben, müssen sie konsequent aufgeklärt und geahndet werden. Ohne Wenn und Aber.

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