Selbstversuch unter Klassikern: Was macht den Kreuznacher Jahrmarkt aus?

Wahrsagen: Medusa blickt mit den Jahrmarktsgängern in die Zukunft
Allein Medusas Familiengeschichte verrät, dass Wahrsagen zu den Jahrmarktklassikern gehören muss: Ihre Großmutter hat bereits als Handleserin gearbeitet, genauso wie auch ihre Mutter. „Für mich ist das kein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Medusa, die eigentlich Blanka Lemoine heißt. Seit rund 50 Jahren ist die 75-Jährige nun schon im Geschäft, seit 20 Jahren kommt die Schaustellerin aus dem nordrhein-westfälischen Selfkant auf den Bad Kreuznacher Jahrmarkt. „Ich komme gern hierher“, sagt sie. Trotz aller skeptischen Blicke ist in dem schillernden Wagen der Wahrsagerin reger Betrieb. Viele Kunden kämen jedes Jahr wieder zu ihr, berichteten, welche Vorhersagen eingetroffen sind. So wird bei Medusa zum Beispiel auch mal das Fotoalbum ausgepackt und der jüngste Nachwuchs vorgestellt. Viele Menschen kommen mit Ängsten zu ihr, sorgen sich um die Familie, den Job oder die Gesundheit. Medusa wirft dann für sie einen Blick in die Zukunft. „Die Handlinien und die Augen verraten viel“, sagt sie. Aber auch Tarotkarten und eine Kristallkugel gehören zur Ausstattung der reisenden Wahrsagerin. Alles nur Humbug – oder doch eine besondere Fertigkeit? Da gehen die Meinungen der Jahrmarktsgänger stark auseinander. Eins muss man der Wahrsagerin mit jahrzehntelanger Arbeitserfahrung aber in jedem Fall zusprechen: eine besondere Menschenkenntnis. Mit der trifft sie dann doch das ein oder andere Mal ins Schwarze. det
Wahrsagen: Medusa blickt mit den Jahrmarktsgängern in die Zukunft Allein Medusas Familiengeschichte verrät, dass Wahrsagen zu den Jahrmarktklassikern gehören muss: Ihre Großmutter hat bereits als Handleserin gearbeitet, genauso wie auch ihre Mutter. „Für mich ist das kein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Medusa, die eigentlich Blanka Lemoine heißt. Seit rund 50 Jahren ist die 75-Jährige nun schon im Geschäft, seit 20 Jahren kommt die Schaustellerin aus dem nordrhein-westfälischen Selfkant auf den Bad Kreuznacher Jahrmarkt. „Ich komme gern hierher“, sagt sie. Trotz aller skeptischen Blicke ist in dem schillernden Wagen der Wahrsagerin reger Betrieb. Viele Kunden kämen jedes Jahr wieder zu ihr, berichteten, welche Vorhersagen eingetroffen sind. So wird bei Medusa zum Beispiel auch mal das Fotoalbum ausgepackt und der jüngste Nachwuchs vorgestellt. Viele Menschen kommen mit Ängsten zu ihr, sorgen sich um die Familie, den Job oder die Gesundheit. Medusa wirft dann für sie einen Blick in die Zukunft. „Die Handlinien und die Augen verraten viel“, sagt sie. Aber auch Tarotkarten und eine Kristallkugel gehören zur Ausstattung der reisenden Wahrsagerin. Alles nur Humbug – oder doch eine besondere Fertigkeit? Da gehen die Meinungen der Jahrmarktsgänger stark auseinander. Eins muss man der Wahrsagerin mit jahrzehntelanger Arbeitserfahrung aber in jedem Fall zusprechen: eine besondere Menschenkenntnis. Mit der trifft sie dann doch das ein oder andere Mal ins Schwarze. det Foto: Marian Ristow

Unsere Redakteure Désirée Thorn und Marian Ristow waren auf der Suche nach dem, was den Jahrmarkt ausmacht.

Lesezeit: 5 Minuten
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Und sie wurden fündig zwischen Kristallkugel und Tarotkarten, Gurken und Radieschen, im Gewirr der Wasserleitungen unter der Pfingstwiese, in den Budengassen oben und beim Logistikmeisterwerk hoch in der Luft.

Wahrsagen: Medusa blickt mit den Jahrmarktsgängern in die Zukunft Allein Medusas Familiengeschichte verrät, dass Wahrsagen zu den Jahrmarktklassikern gehören muss: Ihre Großmutter hat bereits als Handleserin gearbeitet, genauso wie auch ihre Mutter. „Für mich ist das kein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Medusa, die eigentlich Blanka Lemoine heißt. Seit rund 50 Jahren ist die 75-Jährige nun schon im Geschäft, seit 20 Jahren kommt die Schaustellerin aus dem nordrhein-westfälischen Selfkant auf den Bad Kreuznacher Jahrmarkt. „Ich komme gern hierher“, sagt sie. Trotz aller skeptischen Blicke ist in dem schillernden Wagen der Wahrsagerin reger Betrieb. Viele Kunden kämen jedes Jahr wieder zu ihr, berichteten, welche Vorhersagen eingetroffen sind. So wird bei Medusa zum Beispiel auch mal das Fotoalbum ausgepackt und der jüngste Nachwuchs vorgestellt. Viele Menschen kommen mit Ängsten zu ihr, sorgen sich um die Familie, den Job oder die Gesundheit. Medusa wirft dann für sie einen Blick in die Zukunft. „Die Handlinien und die Augen verraten viel“, sagt sie. Aber auch Tarotkarten und eine Kristallkugel gehören zur Ausstattung der reisenden Wahrsagerin. Alles nur Humbug – oder doch eine besondere Fertigkeit? Da gehen die Meinungen der Jahrmarktsgänger stark auseinander. Eins muss man der Wahrsagerin mit jahrzehntelanger Arbeitserfahrung aber in jedem Fall zusprechen: eine besondere Menschenkenntnis. Mit der trifft sie dann doch das ein oder andere Mal ins Schwarze. det

Marian Ristow

Gemüsehobel: 100 Kilo an fünf Tagen „Die Mischung passt hier einfach. Und wenn es für mich nicht lukrativ wäre, würde ich nicht seit Jahren hierherkommen“, sagt Werner Burgmeier aus dem schwäbischen Aalen. Der Krämer kommt seit 28 Jahren auf den Bad Kreuznacher Jahrmarkt. In seinem Gepäck: Gemüsehobel und Käsereiben. Und die gehen gut. Eher weniger an den Tagen, an denen das feierwütige Volk die Pfingstwiese bevölkert, sondern an den ruhigeren Tagen wie dem Sonntag oder auch am Montag. Wichtig dabei: die korrekte Vorführung und gewisse Entertainerqualitäten. Beim Hobeln fallen ja bekanntlich Späne. Und die sind im Fall von Werner Burgmeier gesund. Schließlich werden neben Gurken und Radieschen auch Rettich, Zwiebeln, Tomaten, Paprika, Karotten und Kartoffeln gehobelt. Dabei kommt Burgmeier, der im Jahr rund 130 Tage auf Volksfesten unterwegs ist, über die fünf Jahrmarktstage schon mal auf 100 Kilo Gemüse.Für das Bad Kreuznacher Fest hat er fast nur lobende Worte übrig. Für ihn vereint der Jahrmarkt die wichtigen Elemente eines Volksfestes miteinander: das klassische Rummelgefühl, die richtige Mischung aus Fahrgeschäften, Gastronomie und Krämermarkt sowie den großen Rückhalt bei der Bevölkerung. „Das mit den Taschenkontrollen hätte man aber etwas eleganter lösen können“, schüttet er etwas Wasser in den Wein. Für den 69-Jährigen soll es noch „zwei bis drei“ Jahre so weitergehen, dann will er kürzertreten. Früher war er bis zu 240 Tage pro Jahr in ganz Deutschland unterwegs, hat unzählige Feste und Volksfeste besucht und gesehen. Er sagt: „Der Jahrmarkt ist dennoch etwas Besonderes.“ ri

Désirée Thorn

Wasserversorgung: Bernd hat den Durchblick Dieser Mann gehört zum Jahrmarkt wie kein zweiter. Bernd Hebert, fast allen als „Bernd, der Wassermann“ bekannt, ist das fleischgewordene Know-how, wenn es um die Wasserleitungen auf der Pfingstwiese geht. Der heute 74-Jährige begleitet den Jahrmarkt seit 1958 – in diesem Jahr begann er seine Ausbildung zum Sanitärinstallateur bei seinem Onkel Otto Scherer, dessen bekannter Betrieb heute noch in der Stadt ansässig ist. Damals schickte man den gerade mal 14-Jährigen auf die Pfingstwiese – wie die Wasserleitungen dort unten verlaufen, wusste lange Zeit nur er. „Das habe ich alles im Kopf“, erklärt er. Mittlerweile gibt es einen Plan – zum Glück. Denn ohne Bernd Hebert wäre die Wasserversorgung in der Zeit davor niemals glatt gelaufen. Wasser ist nicht nur für Rettungs- und Sicherheitskräfte, die Toiletten und die Gastrobetriebe auf der Pfingstwiese lebenswichtig, sondern auch für die Schausteller und ihre Wohnwagen. „Die Leute leben ja während des Jahrmarktes hier“, sagt der „Wassermann“. Die rund 200 Schausteller verbrauchen pro Jahrmarkt rund 1750 Kubikmeter Wasser, das sind 1,75 Millionen Liter.Heute lässt es Bernd Hebert etwas ruhiger angehen, es hängt nicht mehr alles an ihm. Gemeinsam mit Frau Angelika genießt er auch mal den Jahrmarkt, am liebsten ganz klassisch mit Bier und Bratwurst. Natürlich darf der tägliche Inspektionsgang über die Pfingstwiese nicht fehlen, und wenn es irgendwo klemmt, packt der „Wassermann“ mit an. Der Jahrmarkt ist ihm einfach sehr wichtig. ri

Marian Ristow

Kamelrennen: Nervenkitzel beim Spieleklassiker Adrenalinjunkies kommen auf dem Bad Kreuznacher Jahrmarkt nicht nur in den vielen atemberaubenden Fahrgeschäften auf ihre Kosten – Nervenkitzel gibt's oft auch an den Spielbuden. Einer der Klassiker unter den spannenden Spielen auf dem Jahrmarkt ist definitiv das Kamelrennen. Zu später Stunde könnte man meinen, hinter dem leuchtenden Wagen verstecke sich ein Bierstand – so groß ist die Menschentraube, die sich in mehreren Reihen um die Bude formiert. Auch diejenigen, die nicht selbst an der Reihe sind, schauen gebannt auf die sich fortbewegenden Kamele, drücken die Daumen, fiebern mit. Die Spieler selbst, die ihren Ball in ein möglichst weit hinten liegendes Loch bugsieren müssen, sind hoch konzentriert. Angespannt beugen sie sich über die Theke. Je nachdem, welches Loch getroffen wurde, rutschen die Kamele ein bis drei Schritte vorwärts. Richtig ins Rollen gebracht wird die Stimmung erst von einem Anheizer, dessen nasal gesprochene Kommentare sich immer wieder überschlagen. Das müssen sie auch – denn ruckzuck ist das Rennen zwischen den zwölf Kandidaten auch schon wieder vorbei, eine neue Runde beginnt und ruckzuck sind auch die freien Plätze an der Bude wieder weg – für viele Jahrmarktsgänger gehört das Kamelrennen eben einfach dazu. det

charlotte eberwi

Das Kipp-Riesenrad: Eine logistische Meisterleistung Willi Kipp ist 24 Jahre und hat alles im Griff. Der Schausteller aus Bonn gastiert Jahr für Jahr mit „dem höchsten transportablen Riesenrad der Welt mit offenen und drehbaren Gondeln“ auf der Bad Kreuznacher Pfingstwiese. Völlig klar, kein anderes Fahrgeschäft steht derart symbolisch für den Jahrmarkt wie das Europa-Riesenrad, das größte von drei Rädern, die die Familie Kipp besitzt. Allein die Zahlen beeindrucken: Das Rad ist 55 Meter hoch, hat eine Grundfläche von 25 mal 20 Metern, wird beim Transport auf 20 Spezialfahrzeuge verteilt, dazu gehört auch ein 120-Tonnen-Schwerlastkran – ein logistischer Riesenaufwand. In die 42 Gondeln passen im besten Fall jeweils fünf Personen. Ebenso fünf Mitarbeiter reisen fest mit, denn das Aufbauen des Riesenrades ist eine komplexe Wissenschaft für sich. „Normalerweise brauchen wir 36 Stunden für den Auf- und zwölf für den Abbau“, erklärt Kipp. Bei besonderem Termindruck geht das auch mal etwas schneller, allerdings muss dabei stets Sorgfalt walten. Der Preis von 7 Euro pro Fahrt ist allerdings happig. „Wir haben den Preis 2017 von 6 auf 7 Euro angehoben. Anders ging es nicht mehr“, sagt Kipp. Und er verweist auf die erheblichen Kosten für Transport, Technik und Sicherheit. „Natürlich wollen wir etwas verdienen, aber die Ausgaben steigen jährlich.“ Das Riesenrad, das auf den Jahrmarkt kommt, steht im Winter übrigens fest im französischen Lyon. Die anderen beiden Räder der Kipps sind zurzeit in Rimini an der italienischen Adriaküste und in Wittlich. ri

Marian Ristow