Plus
Bad Kreuznach

Endlich Ruhe in der Neustadt? Wie die Beteilgten den ersten Abend mit der neuen Sperrzeitregelung erlebten

Von Marian Ristow
Die historische Bad Kreuznacher Neustadt in der Nacht zum Sonntag gegen 2.45 Uhr: Vor der Moritz-Bar tummeln sich Gäste. Sie mussten den Laden wegen der neuen Sperrstunde verlassen.
Die historische Bad Kreuznacher Neustadt in der Nacht zum Sonntag gegen 2.45 Uhr: Vor der Moritz-Bar tummeln sich Gäste. Sie mussten den Laden wegen der neuen Sperrstunde verlassen. Foto: Marian Ristow

Savas Önal ist die Nervosität anzumerken. Der Betreiber der Szene-Bar Moritz in der historischen Bad Kreuznacher Neustadt steht am Zwingelbrunnen und beobachtet die Lage entlang der unteren Mannheimer Straße genau. Es ist 2 Uhr. Dann geht er zurück in seine Kneipe, begrüßt den ein oder anderen Gast – und teilt ihm sogleich mit, dass er bald schließen muss. Um 3 Uhr.

Lesezeit: 5 Minuten
An diesem Abend greift zum ersten Mal die neue Sperrstunde. Und Önal wird sich daran halten. Auch weil in der Neustadt nicht allzu viel los ist in dieser Nacht zum Sonntag. Zu viele andere Events wie das Weinfest der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach oder „Wein im Park“ in Bad Sobernheim verhindern, ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Kneipen: OB geht auf Nachtvisite

Bad Kreuznach. Die Stadtchefin verschaffte sich selbst einen Überblick: In der Nacht zum Sonntag trafen Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer und Gatte Günter um 3.20 Uhr in der Neustadt ein – um dort eine fast menschenleere Mannheimer Straße vorzufinden. Nach kurzer Besprechung mit den sechs Polizeibeamten und drei Mitarbeitern des Ordnungsamtes kam die OB zu folgendem Ergebnis: „Wir haben 3.20 Uhr, und hier ist Ruhe. Es funktioniert.“

Es war das erste Wochenende, an dem die neue Sperrzeitregelung galt. Im Bereich zwischen Hoch- und Rossstraße, der Neustadt, dem Kneipenviertel der Stadt, schließen die Kneipen nun am Wochenende um spätestens 3 Uhr. Vergangenen Freitag wurde die Neuregelung der Schließ- und Öffnungszeiten verkündet, schon vorher hatte sich unter den Kneipiers und Gaststättenbetreibern Widerstand geregt. Letztlich hielten sich alle Betreiber an die neue Gesetzgebung. Das Ordnungsamt, eskortiert von sechs Polizisten, kontrollierte die Einhaltung, Verstöße wurden nicht registriert.

Allerdings: Bevor die Oberbürgermeisterin und die Vollzugsbeamten eintrafen, spielten sich im historischen Stadtkern andere Szenen ab. Szenen, die sich die Befürworter der Sperrstunde etwas anders vorgestellt haben dürften. Zwar hielten sich die Wirte an die Regelung, den Gäste allerdings, die um 3 Uhr vor die Tür gesetzt wurden, war die Sperrstunde reichlich egal. Vor dem Moritz wurde minutenlang lautstark „Moritz, Moritz“ skandiert, bevor die Meute von dannen zog.

Dabei erreichte sie eine Lautstärke, die sicherlich über den zulässigen Pegeln bei nachtschlafender Zeit lag. Inszenierter Protest oder ehrlich gemeinte Unmutsbekundung? Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen liegen. Fakt ist: Die Sperrstunde schmeckt den Gästen wenig, den Wirten, und das ist keine Überraschung, noch weniger. Denn sie bedeutet neben Umsatzeinbußen auch logistische und organisatorische Herausforderungen.

Von Seiten der Polizei hieß es mit etwas Abstand zur Nacht: Alles ist ruhig verlaufen. „Wir haben das Ordnungsamt unterstützt“, sagte Arndt Hebel, Stellvertretender Dienststellenleiter der Kreuznacher Polizei. Ob das auch weiterhin der Fall sein wird, sprich, ob nun jeden Freitag und Samstag Beamte das Ordnungsamt unterstützen, steht noch nicht fest. „Das galt erst mal nur für den Samstag und war ein Ersuchen der Stadt. Wir würden uns auch weiterhin daran halten, sofern es die personelle Situation zulässt“, erläuterte Hebel. Bindet etwa ein Unfall die Einsatzkräfte, müssen die Mitarbeiter des Ordnungsamtes künftig allein dafür sorgen, dass die Verordnung eingehalten wird.

Von Marian Ristow und Christoph Erbelding

Kommentar zur Sperrstunde: Der Groll der Feiernden wird größer werden

Heike Kaster-Meurer zieht bereits nach einem Abend ein zufriedenes Fazit und genießt die Ruhe, die sie in der Nacht zum Sonntag ab 3.20 Uhr in der historischen Neustadt vorfindet. Alles richtig gemacht, soll das zum Ausdruck bringen – die Sperrstunde ist ein voller Erfolg.

Das aber ist eine voreilige Einschätzung der Gemengelage rund um die neue 3-Uhr-Verordnung im Bad Kreuznacher Kneipenviertel. Es wird in den kommenden Wochen nicht leiser werden vor den Kneipen Moritz, Halli Galli, Holzwurm und wie sie alle heißen. Am ersten Abend hat die Stadt auch davon profitiert, dass viele Kneipengänger noch nichts von der neuen Verordnung gewusst haben. Sie wird sich nun immer weiter rumsprechen. Und Groll bei den Feiernden auslösen.

Schon jetzt war es zwischen 2.42 und 2.57 Uhr extrem laut – weil das Partyvolk voller Überzeugung Lautstärke produziert und nicht unterbewusst die Dezibelskala nach oben geschraubt hat. Der Stadt bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, auf extrem starke Kontrollen zu setzen. Ob sie das aber wirklich will?

E-Mail: christoph.erbelding@rhein-zeitung.net

Das Gold bekommt Gäste auf dem Silbertablett serviert: Diskothek mit ramponiertem Ruf hat weiterhin geöffnet

Bad Kreuznach. Es ist das Wochenende nach der Drogenrazzia: Das Gold öffnet am Samstagabend wieder seine Türen. „Geschlossene Gesellschaft“ sagt das handgeschriebene Schild am Eingang. Es ist kurz vor 0 Uhr. Drei Damen verlassen den Nachtklub. „So, jetzt müssten alle draußen sein“, sagt einer der Türsteher augenzwinkernd. Galgenhumor? „Der Ruf ist erst mal ruiniert“, führt er weiter aus. „Wir wollen aber weiterhin samstags öffnen, damit die Leute sehen, dass wir weitermachen.“

Der Neubetreiber plant einen sogenannten Relaunch der Diskothek. Alles soll neu werden. Sanierung, Umbau, Umbenennung. Mit dem Namen Gold lässt sich auf Dauer kein Umsatz mehr machen, da ist er sich sicher. Der Eindruck gegen Mitternacht scheint das zu bestätigen: 10, vielleicht 15 Leute haben sich in den Klub im Bahnhof verirrt. Es herrscht gähnende Leere. Daran ändert sich in der nächsten halben Stunde nichts.

Drei Stunden später. Es erscheint Licht am Ende des Gold-Tunnels. Das Leid der anderen wird zur goldenen Trumpfkarte für die Diskothek mit dem Ruf eines Drogenverstecks – zumindest an diesem Abend. In der historischen Neustadt greift die neue Sperrstunde. Für das Gold gilt diese nicht. Das hat Heiderose Häußermann, Leiterin des Amtes für Recht und Ordnung der Stadt, noch einmal bestätigt. Es kann bis in die frühen Morgenstunden getanzt und gefeiert werden. Viele Nachtschwärmer ziehen von der Neustadt los. Eine Liveübertragung auf der Facebook-Seite des Klubs zeigt ab 3.45 Uhr deutlich: Aus gähnender Leere ist dichtes Gedränge geworden. Der Ruf des Klubs ist nach der Drogenrazzia scheinbar doch nicht derartig ramponiert. Die Neustadt-Sperrstunde macht's möglich: Das Gold bekommt die Gäste auf dem Silbertablett serviert. ri/ce

Das Facebook-Video aus der Bad Kreuznacher Diskothek Gold am Hauptbahnhof in der Nacht zum Sonntag finden Sie im Internet unter ku-rz.de/goldcomeback

Meistgelesene Artikel