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Die gute Seele des Bretzenheimer Friedhofs: Röschen Günther pflegt verlassene Grabstätten

Röschen Günther vor der katholischen Kirche
Röschen Günther vor der katholischen Kirche Foto: Stefan Munzlinger

Leben und Sterben. der ewige Kreislauf. Friedhöfe, unsere letzten Heimstätten, sind Orte des bewussten Schweigens, stillen Gedenkens, aber auch Orte einer intensiven Kommunikation: Oberflächlicher Small Talk ist dem, der einen Friedhof betritt, fremd. Hier finden Menschen zusammen, die Gräber pflegen oder Ruhestätten verstorbener Angehöriger besuchen und solche, die ihre Gedanken über Leben und Sterben mit anderen teilen möchten.

Lesezeit: 6 Minuten
In unserer Serie, die kürzlich mit dem 2010 eröffneten Waldalgesheimer Ruheforst begann, wollen wir uns dem Thema Friedhof nähern. Wir sprechen mit Angehörigen und Bestattern, mit einem Steinmetz, mit Grab- und Friedhofsgestaltern und -planern ... Heute erzählt uns Röschen Günther, eine 81-jährige Seniorin aus Bretzenheim, warum sie die Gräber selbst ihr unbekannter ...
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Mehr als 30 Gräber hat Röschen Günther in den vergangenen Jahrzehnten erhalten

„Er hat immer gebetet“, sagt Röschen Günther, „das war kein schlechter Mann.“ Einfach und arm sei er gewesen, habe sie immer freundlich gegrüßt: Willi Stock, der 1991 starb. Am Bretzenheimer Marktplatz habe er Tag für Tag gesessen, mit einem grauen Anzug. Nach seinem Tod vor 26 Jahren bestand sein Grab zunächst aus einem tristen Lehmhügel.

Ein Anblick, der Röschen Günther traurig machte. Sie kannte Stock nicht näher, sorgte aber mit ihrer Bitte dafür, dass die Gemeindearbeiter die Umrandung eines abgeräumten Grabes um die letzte Ruhestätte Stocks legten. Dann bepflanzte sie dessen Grab. In einem Bad Kreuznacher Baumarkt kaufte sie eine etwa 30 auf 30 Zentimeter große Steinplatte und beschriftete sie in einem wetterfesten Schwarz: „Hier ruht in Frieden Willi Stock gest. 1991.“ Einen kleinen Engel stellte sie dazu, auch eine Grableuchte. Dass Engel und Leuchte von Unbekannten mit Tritten beschädigt wurden, ließ Röschen Günther nur kurz hadern. Rasch ersetzte sie sie und entzündete die Leuchte jeden Samstag. Willi Stocks Grab ist nur eines von mehr als 30 Gräbern, die Röschen Günther über all die Jahre gepflegt hat – zeitweise 14 Grabstellen parallel. Darunter einst die Gräber von fünf türkischen Kindern unter einem großen Tollkirschenbaum, erzählt die Seniorin. mz

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