Der Wähler wollte einfach keinen Wechsel: Die Überraschung im Wahlkreis Neuwied ist ausgeblieben. Erwin Rüddel hat sich nach 2009 und 2013 zum dritten Mal das Direktmandat gesichert – und das mit einem komfortablen Vorsprung vor seinem SPD-Herausforderer Martin Diedenhofen, dem das Kunststück verwehrt blieb, den Coup der heutigen Mainzer Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler aus dem Jahr 2002 zu wiederholen.
Es war die Mischung aus Erfahrung und fehlender Wechselstimmung, die dem 61-jährigen Christdemokraten aus Windhagen den Wahlsieg bescherte. Aber war es auch die Unerfahrenheit eines 22-Jährigen, die dafür verantwortlich zeichnet, dass es für die SPD wieder nicht gereicht hat? Ein eindeutiges „Ja“ wäre hier zu oberflächlich. Diedenhofen hat einen starken Wahlkampf hingelegt, war unverbrauchter und gleichzeitig konkreter in seinen Argumenten und Themen.
Rüddel wählte da in einer alles in allem fairen Auseinandersetzung eher die risikofreie Variante. „Deutschland geht es gut“, so sein gebetsmühlenartiges Credo mit dem Copyright CDU-Parteizentrale. Das mag je nach persönlicher Lesart für einige, viele oder auch einen Großteil zutreffen. Doch es gibt auch in unserer Region noch zu viele, denen es nicht gut geht, die zwischen prekärer Beschäftigung und Altersarmut ihr Dasein fristen müssen. Diese Menschen brauchen Perspektiven, damit nicht Parolen verfangen, mit denen sich die AfD und damit auch ihr hiesiger Direktkandidat Andreas Bleck den Einzug in den Bundestag sichern konnte. Und deshalb wird eine der Hauptaufgaben der künftigen Merkel-Regierung darin bestehen, die Schere zu schließen, durch die unserer Gesellschaft ein immer tieferer Schnitt droht.
Über eines können wir uns im Kreis nach dieser Bundestagswahl aber freuen. Die Stimme für die Region zwischen Friesenhagen und Flammersfeld wird in der nächsten Legislaturperiode sicher deutlicher in der Hauptstadt zu vernehmen sein. Denn mit Sandra Weeser (FDP) wird eine weitere Abgeordnete die Zeit des „Einzelkämpfers“ Erwin Rüddel im Berliner Reichstag beenden. Wir sollten alle unsere Vertreter nicht nur an ihren Worten, sondern dann auch an ihren Taten messen.
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