Sehnsucht nach nackten Füßen

Zum Schlimmsten, was der Herbst mit sich bringt, zählt der Umstand, dass man wieder Schuhe und Strümpfe tragen muss. Aus und vorbei die Zeit der wunderbaren Fußfreiheit! Statt Grashalmen und Sandkörnern trägt man jetzt Sockenfussel zwischen den Zehen.

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Nicole Mieding testet Barfußschuhe

Und am Abend beim Ausziehen dampft es aus den Schuhen, als wollten die mit dem Monat November einen Nebelwettbewerb austragen. Warum also nicht mal einen Barfußschuh ausprobieren? Unter Läufern sind die Schuhe, die maximale Zehenfreiheit garantieren und zur natürlichen Fußabrollbewegung zurückführen sollen, längst ein Trend. Seit einiger Zeit gibt es von verschiedenen Anbietern auch Modelle für den alltäglichen Gebrauch.

Auswahl: Unsere Wahl fiel auf eine kleine Manufaktur nahe Leipzig, die die Schuhe auf Bestellung fertigt. Für die Senmotic Barfußschuhe gibt es keine Verkaufsstellen, bestellt wird übers Internet. Dort stehen diverse Modelle in den gängigen Größen zur Wahl. Also: nichts leichter als das.

Aussehen: Überraschung beim Auspacken: Der Barfußschuh sieht aus wie ein stinknormaler Schuh. Passanten bemerken also gar nicht, dass ich meine Weihnachtseinkäufe in diesem Jahr barfuß erledigen werde. Für Schuhfetischisten, die beim Anblick neuer Designerpumps laut aufkreischen, ist der Gesundheitstreter leider nichts. Denn weil er den Zehen größtmöglichen Raum lässt, endet er vorn eher unelegant in einem breiten Entenschnabel.

Ausprobieren: Ente ist auch hier das passende Stichwort: Anfangs artet die ungewohnte neue Fußfreiheit nämlich in einer Art Watschelgang aus, wie man ihn sonst nur von Balletttänzern kennt. Weil die Sohle mit knapp drei Millimetern superflach ist (zugunsten größtmöglicher Bodennähe) und auch ein Absatz fehlt, taugt der Schuh zudem auch nicht als optischer Beinstrecker. Dafür ist er superleicht – man vergisst glatt, dass man ihn an den Füßen hat! Die Kautschuksohle ist nicht nur superdünn, sondern auch superflexibel, was tatsächlich zu mehr Bodenhaftung führt. Aber ehrlich: Das Gras kitzeln spürt man nicht. Dafür pikst ab und zu ein spitzer Stein – vorausgesetzt, dass man sich nicht den ganzen Tag nur über spiegelglatte, schlaglochfreie Teerpisten bewegt. Aber wo gibt's die schon.

Fazit: Den Strandspaziergang ersetzen die Barfußschuhe nicht. Und um Fehlstellungen und Verformungen der Füße zu korrigieren, müsste man sie schon täglich tragen – vermutlich über Jahre. Wen aber beim Einsteigen in die Pumps das schlechte Gewissen plagt, der sollte versuchsweise mal in ein Paar Barfußschuhe steigen. Auch auf die Gefahr hin, dass er sie so schnell nicht mehr ablegen will. Denn in den Minimalschuhen fühlt man sich wie neu geerdet.

Nimmt die Hürden im Alltag mit lässig-verwegener Geste, anstatt ihnen aus dem Weg zu gehen. Und stellt abends verblüfft fest, dass es trotz all der bewältigten Abenteuer doch erfreulich wenig dampft.