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Limburg

Missbrauch im Bistum Limburg: Aufarbeitungsprojekt deckt 46 Fälle auf

Von Andreas Egenolf
46 Missbrauchsfälle listet das Aufarbeitungsprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ im Bistum Limburg auf, darunter auch spätere Mitglieder des Limburger Domkapitels.
46 Missbrauchsfälle listet das Aufarbeitungsprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ im Bistum Limburg auf, darunter auch spätere Mitglieder des Limburger Domkapitels. Foto: Andreas Egenolf

„Betroffene hören. Missbrauch verhindern“ hat sich das Bistum Limburg mit dem Aufarbeitungsprojekt zur MHG-Studie, der Missbrauchsstudie der katholischen Kirche in Deutschland, auf die Fahnen geschrieben. Wie groß das bekannt gewordene Ausmaß von Missbrauch in der Diözese unter Klerikern nach dem 2. Weltkrieg zumindest im Ansatz ist, zeigt die Aufarbeitung der beiden Juristen Ralph Gatzka (ehemaliger Präsident des Landgerichts Limburg an der Lahn) und Josef Bill (ehemaliger Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main) sowie der Diplom-Psychologin und Traumatherapeutin Bettina Keller.

Lesezeit: 4 Minuten
Das Trio hat sich für das Aufarbeitungsprojekt als Teilgruppe unter anderem durch zahlreiche Personalakten sowie zusätzlich zur Verfügung gestellte Fall- und Sonderakten gearbeitet. Herausgekommen sind 114 Seiten, auf denen 46 Missbrauchsfälle von der dreiköpfigen Expertenkommission zusammengefasst wurden, von denen einige auch im Westerwald vorgefallen sind. 114 Seiten, die bei näherer Betrachtung ...
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Die Rolle der Bistumsverantwortlichen in den Missbrauchsfällen

Im Gegensatz zu den Tätern, werden im Abschlussbericht die Klarnamen der Personal-Verantwortlichen des Bistums Limburg genannt, in deren Amtszeiten es in den vergangenen Jahrzehnten zu Missbrauchsfällen kam. Vor allen Dingen stand bei den Befragungen der Experten die Frage im Raum, warum in bekannt gewordenen Fällen nicht schneller und insbesondere nicht konsequenter auf bekannt gewordenes Fehlverhalten von Klerikern reagiert wurde, um dadurch den Missbrauchsopfern weiteres Leid zu ersparen.

Der Befragungen der „Konstrukteure des Schweigepanzers“, wie die unabhängige externe Projektbeobachterin Claudia Burgsmüller die Bistums-Verantwortlichen unlängst bezeichnete, lieferten aus Sicht der Experten allerdings weitestgehend nur unbefriedigende Ergebnisse.

„Die dabei zutage getretenen Ergebnisse aus den Befragungen waren eher ernüchternd und wenig konkret“, heißt es im Abschlussbericht. Der Jurist Josef Bill konstatierte bei der Vorstellung des Abschlussberichtes: „Schließlich war ein von der Kirche zu verantwortendes Ausmaß an fehlender Sensibilität und Ignoranz gegenüber den Betroffenen durch die als Personalverantwortliche versagenden Vertuscher zu erkennen.“

Vielfach hätten laut Bill die Personalverantwortlichen „mehr oder weniger versucht, sich herauszureden oder sich auf Erinnerungslücken zu berufen“. Lediglich Alt-Bischof Franz Kamphaus räumte rückhaltlos seine Verantwortung und eine schwere Schuld im Falle eines Pfarrers ein, der Ende der 1980er-Jahre in Ransbach-Baumbach im Westerwald tätig war, wo es auch zu Missbrauch kam.

Der ehemalige Personaldezernent Helmut Wanka und der frühere Generalvikar Günther Geis räumten zumindest in Teilen Fehler ihrerseits ein – ganz im Gegenteil zum ehemaligen Generalvikar Franz Josef Kaspar. Der im Westerwald geborene Geistliche lehnte eine mündliche Befragung ab und ging schriftlich laut Abschlussbericht gegenüber dem Expertentrio erst gar nicht auf die eigene Verantwortung für Mängel im Umgang mit Missbrauchsfällen ein. Kaspar ging vielmehr einen Schritt weiter: Er drohte mit anwaltlichen Konsequenzen, auch über seinen Tod hinaus, für den Fall, durch das MHG-Projekt in ein falsches Licht gerückt zu werden.

Ausdrücklich festgehalten wird in der Aufarbeitung der Experten unterdessen, dass, seit die jetzigen Verantwortungsträger um Bischof Georg Bätzing und Generalvikar Wolfgang Rösch in ihren Ämtern sind, bei der Behandlung von bekannt gewordenen Missbrauchsfällen entsprechend den Vorgaben in den geltenden Leitlinien vorgegangen wird. So wurden beispielsweise Therapiekosten der Missbrauchsopfer vonseiten des Bistums übernommen oder auch Entschädigungszahlungen von teilweise über 25.000 Euro geleistet. aeg

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