Diez

Werner Ollig erklärt: So geht Umweltschutz mit wenigen Handgriffen

Im Generationenpark findet die Natur ein dankbares Fleckchen Natürlichkeit. Davon haben sich (von links) Werner Ollig, Tobias Hüge, Kathrin Roßtäuscher, Annette Wick und Ernfried Groh überzeugt.
Im Generationenpark findet die Natur ein dankbares Fleckchen Natürlichkeit. Davon haben sich (von links) Werner Ollig, Tobias Hüge, Kathrin Roßtäuscher, Annette Wick und Ernfried Groh überzeugt. Foto: privat

Mit einfachen Kniffen und einem ökologischen Konzept können auch in Diez blühende Oasen geschaffen werden. Hierfür ermunterte Werner Ollig, Leiter der Gartenakademie Rheinland-Pfalz, die Natur- und Umweltfreunde der Grafenstadt, ihren bereits erfolgreich eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Auch die Bürgerschaft ist aufgerufen, eine neue „Unordnung“ zugunsten von Natur- und Umweltschutz zuzulassen und sich einzubringen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Vor dem Hintergrund des derzeit wieder weltweit ins Bewusstsein gerückten Klimawandels ist ein intensives Umdenken in Sachen Umwelt- und Naturschutz dringend erforderlich. Dafür sprach sich Werner Ollig bei seinem Besuch auf dem Freiendiezer Wirt aus.

Sein eindringlicher Appell lautete: Die Pflege von Pflaster, Vorgärten oder Grünflächen ist nicht so wichtig wie die Pflege der Natur. Zu seinen Zuhörern zählten nicht nur Stadtbürgermeisterin Annette Wick, die Vorstandsmitglieder des für den Ortstermin zuständigen Fördervereins Blühende Lebensräume Diez, Winfried Lieber vom Nabu Rhein-Lahn sowie die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs, die tagein, tagaus in der Stadt und ihren zu betreuenden Flächen unterwegs sind, vor allem ständig bemüht, dass alles ordentlich aussieht.

Genau das ist der Knackpunkt, wie Werner Ollig in seinen interessanten Ausführungen betonte. Viele Bürger beschwerten sich, wenn öffentliche oder auch private Flächen „unordentlich“ ausschauten. Dabei sei gerade diese „Unordnung“ notwendig, um nachhaltig und intensiv die Natur zu unterstützen, Insektensterben und Artenschwund entgegenzusteuern und letztlich für die Menschen mehr Lebensqualität zu ermöglichen.

Ollig, der selbst nur einen Handrasenmäher hat, zog gegen lieb gewordene Verhaltensmuster zahlreicher Zeitgenossen zu Felde. Mit einem ernsten Unterton stellte er fest, dass intensiv gepflegte Rasen belüftet, vertikutiert, gemäht und gewässert würden, das Unkraut würde vernichtet. „Da läuft was falsch“, sagte er und kritisierte vehement den Trend, Vorgärten über Plastikfolien in Steingärten umzuwandeln.

„Wie bescheuert können wir denn sein?“, meinte er. Die intensive Rasenpflege und der Einsatz von Unkrautvernichtern töte jedes Leben ab, alles was an Kraut hochkommt, wird abgemäht. „Lassen Sie einfach mal wachsen, ein paar Blüten rauskommen. Dann kommen Insekten, und dann kommen Vögel.“

Außerdem: „Wir brauchen jeden einzelnen Baum.“ Auch auf den Friedhöfen. Vier Jahre lang sei es jetzt zu trocken gewesen, daher müssten wir um jeden Baum kämpfen und neue Bäume pflanzen. So entstehe auch mehr Schatten. Patenschaften durch Bürger seien ein guter Weg, um den Baumbestand zu erhalten oder zu erweitern. Auf öffentlichen Flächen könnten Schilder darauf hinweisen, weshalb nicht gemäht werde. „Wir müssen das den Menschen erklären, sie bei diesem Umdenken mitnehmen.“

Werner Ollig, der Mitglied der Landeskommission „Unser Dorf hat Zukunft“ ist, appellierte an die Bürger, kleine Flächen mit Waldbäumen, Blumen und Sträuchern eng aufeinander zu bepflanzen und wachsen zu lassen. „Das ist eine natürliche Klimaanlage“, sagte der Fachmann, der seine Hoffnung äußerte, dass sich diese Ideen „in jedem Garten wiederfinden“. „Steine hinlegen im Vorgarten – das geht nicht mehr.“

Ollig ging auf die weit verbreitete Meinung ein, dass Baumwurzeln Rohre und Fundamente zerstörten. „Bäume machen aktiv keine Rohrverbindungen oder Fundamente kaputt.“ Wurzeln bahnten sich lediglich ihren Weg in Rohre, wenn diese bereits kaputt seien.

Begeistert zeigte sich der Gast über die Initiativen, die bereits in Diez angestoßen wurden und seit einigen Jahren erste Früchte zeigen. So zum Beispiel das Engagement des Fördervereins „Blühende Lebensräume Diez“, die unter anderem durch die Anlagen von Blühstreifen, Blühbrachen und weiteren Aktionen den Naturschutz in der Bevölkerung bewusst machen.

Immer unter dem Motto: „Natur- und Artenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Ein weiteres Beispiel, das dem Gast aus der Pfalz imponierte, ist die Biodiversitätsstrategie der Stadt Diez, mit der durch vielfältige Maßnahmen ein wesentlicher Beitrag zum Arten- und Insektenschutz geleistet werden soll. Ollig, der sich selbst nicht als Rasenhasser bezeichnete, besichtigte den Bolzplatz neben dem Parkplatz Wirt (an der Turnhalle) und riet, die Fußballfläche in der Nähe der Skateranlage öfter zu mähen, auf den anderen Flächen Bäume zu pflanzen, um einen Parkcharakter zu schaffen.

Hier hörten die Mitarbeiter des städtischen Bauhofes genauer hin, schließlich sind sie es, die hier regelmäßig zum Einsatz kommen. Der Leiter des Bauhofes, Tobias Hüge, berichtete, dass es immer wieder Beschwerden gebe, weil nicht oft genug gemäht werde. Hier gelte es, eine neue Wertigkeit ins Bewusstsein der Menschen zu transferieren, so Ollig.

Der Gast zeigte sich zudem begeistert vom benachbarten Generationenpark und riet auch hier, die häufig genutzten Flächen zu mähen, aber auch einige Flächen der Natur zu überlassen. „Es darf kein Museum sein, muss erfahrbar sein. Voller Freude entdeckte er ein kleines Eckchen mit Klee, Löwenzahn und Taubnesseln und mehreren Insekten darauf. „Wir müssen Inseln lassen, außen herum mähen“, sagte er. „Eine Blumenecke ist schöner als eine Steinschüttung und Plastik.“ Und weiter: „Lassen wir es wachsen.“

„Daran wollen wir arbeiten. Wir wollen bei der Grünflächenpflege schon in diesem Jahr einiges verändern“, so der Leiter des Diezer Bauhofs Tobias Hüge. So sollen auf dem Wirt mit Wildblumen bewachsene Flächen nicht mehr gemäht und auf diese Weise sogenannte Insektenoasen geschaffen werden, auf die mit eigens dafür entworfenen Informationstafeln hingewiesen wird.