Weilburg

„Das Wasser war brutal stark“: So erlebten Weilburger THW-Helfer ihren Einsatz im Ahrtal

Von Jürgen Vetter
Mirko Springer räumt mit dem Radlader des THW in Altenahr eine Fläche von Trümmern, Erde und Schlamm frei. Wenn sie nach der Rückkehr gemeinsam die Bilder durchgehen, dann werden bei den Helfern Erinnerungen wach an einen Einsatz mit vielen Herausforderungen.
Mirko Springer räumt mit dem Radlader des THW in Altenahr eine Fläche von Trümmern, Erde und Schlamm frei. Wenn sie nach der Rückkehr gemeinsam die Bilder durchgehen, dann werden bei den Helfern Erinnerungen wach an einen Einsatz mit vielen Herausforderungen. Foto: Nico Müller, Jürgen Vetter

Nach einer Woche im Katastrophengebiet an der Ahr sind die Einsatzkräfte des THW-Ortsverbands Weilburg wohlbehalten zurückgekehrt. Die 13 Männer und zwei Frauen haben vor Ort in Altenahr extreme Zerstörungen gesehen. Aber sie berichten auch von riesiger Hilfsbereitschaft für die Menschen, deren Zuhause von den Fluten hart getroffen wurde.

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Die ehrenamtlichen Kräfte des Technischen Hilfswerks aus Weilburg haben mit ihrem Radlader Trümmer weggeräumt und Schlamm gebaggert. Sie haben Wege freigemacht, Keller ausgepumpt, Autowracks geborgen und vieles mehr. Einige der Weilburger Helfer haben in Tag- und Nachtschichten in der Einsatzleitung am Nürburgring geholfen, die Arbeit der vielen Hundert THW-Leute vor Ort zu koordinieren.

Zurückgekehrt aus der Region Eifel/Ahr berichten Björn Schmidt, Nico Müller, Ingo Pfennig und Johannes Ullrich in der Weilburger THW-Unterkunft von einem Einsatz, der alle Beteiligten vor große Herausforderungen gestellt hat. Die Zerstörungen in Altenahr und Umgebung hätten das, was man bei einem Flutereignis normalerweise erwarte, weit in den Schatten gestellt, erzählt Björn Schmidt. Solche Schäden würden ansonsten fast nur bei kriegerischen Auseinandersetzungen angerichtet werden, fügt Ingo Pfennig an und sagt: „Das Wasser war brutal stark.“

„Die Zerstörungskraft, die das Wasser da entwickelt hat, die ist einfach unvorstellbar“, berichtet auch Johannes Ullrich, der technische Berater Hochwasserschutz und Deichverteidigung der Gruppe. Dass Sturmböen Ziegel von den Dächern reißen, das komme immer wieder vor, aber in Altenahr hätte das Wasser das getan, ergänzt Nico Müller.

Zurück vom Einsatz im Katastrophengebiet an der Ahr (von links): Johannes Ullrich, Björn Schmidt, Nico Müller und Ingo Pfennig kümmern sich im Stützpunkt des THW-Ortsverbands Weilburg darum, dass Fahrzeuge und Gerätschaften gewartet werden und für den nächsten Einsatz bereit sind.
Zurück vom Einsatz im Katastrophengebiet an der Ahr (von links): Johannes Ullrich, Björn Schmidt, Nico Müller und Ingo Pfennig kümmern sich im Stützpunkt des THW-Ortsverbands Weilburg darum, dass Fahrzeuge und Gerätschaften gewartet werden und für den nächsten Einsatz bereit sind.
Foto: Nico Müller, Jürgen Vetter

Das Hochwasser sei mit großer Gewalt und rasend schnell über die Orte im Ahrtal hereingebrochen. Innerhalb von nur vier Stunden sei in ihrem Einsatzgebiet der Pegel des ansonsten friedlich dahinplätschernden Flüsschens von knapp einem halben Meter auf etwa acht Meter angestiegen, berichten die Helfer. Ein alter Mann habe ihnen erzählt, dass er von einem Fenster im Obergeschoss seines Hauses mit großer Angst beobachtet habe, wie die Fluten schnell immer weiter an den Mauern emporstiegen.

Mit dem Radlader haben die Weilburger THWler in Altenahr eine 200 mal 200 Meter große Fläche von Trümmern, Schlamm und Geröll geräumt. Auf dem so entstandenen Platz konnten danach Autowracks für den Abtransport gestapelt werden. Mit ihrem von einem Benzinmotor angetriebenen Trennschleifer schnitten sie unter anderem das Geländer einer kaputten Brücke weg.

Übernachtet haben die Helfer in großen Zelten am Nürburgring. So hatten sie morgens eine gute Stunde Anfahrt, bis die Arbeit vor Ort beginnen konnte. Wegen der bergigen Landschaft und zahlreicher beschädigter Straßen seien die Einsatzorte nicht immer leicht zu erreichen gewesen. Wer mit schwerem Gerät eine Straße am Hang befahren muss, die teilweise weggebrochen ist, der müsse vorsichtig und langsam vorgehen.

Auf den Hauptzufahrtsstraßen habe sich manchmal der Strom von Feuerwehr, Bundeswehr, THW und privaten Helfern gestaut. Die Polizei habe dafür gesorgt, dass der Verkehr möglichst gut fließen konnte. Auch die Weilburger Helfer waren informiert worden, dass Querdenker und andere zwielichtige Gestalten im Katastrophengebiet unterwegs waren und auch THW-Kollegen beleidigt hätten. Sie selbst seien mit solchen Leuten aber nicht in Kontakt gekommen.

Analyse des einwöchigen Einsatzes im Katastrophengebiet an der Ahr (von links): Björn Schmidt, Johannes Ullrich, Nico Müller und Ingo Pfennig. Für einige Mitglieder des Technischen Hilfswerks geht es heute bereits wieder zu einem weiteren Einsatz bei Altenahr.
Analyse des einwöchigen Einsatzes im Katastrophengebiet an der Ahr (von links): Björn Schmidt, Johannes Ullrich, Nico Müller und Ingo Pfennig. Für einige Mitglieder des Technischen Hilfswerks geht es heute bereits wieder zu einem weiteren Einsatz bei Altenahr.
Foto: Nico Müller, Jürgen Vetter

Kontakt hatten sie dafür ausgiebig mit den betroffenen Anwohnern. Die seien freundlich gewesen und hätten sich über die Arbeit der Helfer gefreut. Während einige ihre volle Kraft in die Aufräumarbeiten stecken würden, gäbe es andere Menschen, die überlegen, ob sie ihr Haus an derselben Stelle wieder aufbauen oder wegziehen sollen – vielleicht nur ein paar Hundert Meter hangaufwärts.

Die Helfer sind sich einig, dass es keine Vorsorge geben kann, die vor allen Auswirkungen eines solchen Ereignisses schützt, auch nicht im Lahntal rund um Weilburg.

Der Klimawandel sei bei uns angekommen. Während früher an den großen Flüssen die Pegel in längeren Regenperioden langsam angestiegen seien, kämen solche Starkregenereignisse nun plötzlich und mit voller Wucht. So etwas könne überall auftreten, warnt Walter Kokert, der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Weilburger THW und fügt an: „Jetzt muss jedem klar sein: Auch er kann betroffen sein.“

Für einige der Weilburger THW-Helfer geht es schon am Donnerstag wieder los: Die Fachgruppe Notversorgung wurde erneut angefordert für einen Einsatz bei Altenahr.