Nassau

Endlich wieder gemeinsame Touren: Spezielles Rad eröffnet Familie neue Horizonte

Von Carlo Rosenkranz
Für Katja und Peter Hammerstein und ihren Sohn Leo ist das neue Liegerad-Tandem ein großes Glück. Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende des Vereins HELFT UNS LEBEN, und Geschäftsführer Hans Kary freuen sich mit der Familie aus Nassau. Foto: Carlo Rosenkranz
Für Katja und Peter Hammerstein und ihren Sohn Leo ist das neue Liegerad-Tandem ein großes Glück. Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende des Vereins HELFT UNS LEBEN, und Geschäftsführer Hans Kary freuen sich mit der Familie aus Nassau. Foto: Carlo Rosenkranz

Das Glück steht den Dreien förmlich ins Gesicht geschrieben. Das neue Liegerad-Tandem hat der Familie Hammerstein wahrhaft neue Horizonte eröffnet. Dank der Hilfsorganisation der Rhein-Zeitung HELFT UNS LEBEN und den Spenden der Leser können Katja und Peter Hammerstein mit ihrem behinderten Sohn Leo endlich wieder gemeinsam etwas in der Natur und an der frischen Luft unternehmen. Möglich macht es ein neues Liegerad-Tandem, das der Familie ganz neue Perspektiven eröffnet.

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Etwa 300 Kilometer haben die Hammersteins schon mit dem neuen Rad der Marke Hase zurückgelegt. Am autofreien Gelbachtaltag haben sie zum Beispiel teilgenommen, außerdem eine Tour entlang der Lahn bis Lahnstein unternommen. Dinge, die vorher aufgrund von Leos körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen unmöglich waren. Der Achtjährige steckt zwar voller Energie, doch selbstständig Rad fahren oder mit den Eltern wandern kann er nicht. Und aus dem früher benutzten Fahrradanhänger ist der rotblonde Junge mit den Sommersprossen längst herausgewachsen.

„Wir können wieder etwas gemeinsam unternehmen“, schwärmt Vater Peter Hammerstein beim Besuch von Manuela Lewentz-Twer, Vorsitzende des Vereins HELFT UNS LEBEN, und Geschäftsführer Hans Kary von den Vorzügen des Liegerad-Tandems. „Leo ist glückselig, und am Abend ist er auch mal ausgepowert.“ Während ein Elternteil mit Leo auf dem Spezialrad mit E-Motor-Unterstützung fährt, ist der Ehepartner auf einem herkömmlichen Rad dabei. So lassen sich Familienausflug und Bewegung perfekt miteinander kombinieren. Auch Leo kann etwas aktiv zum Fortkommen beitragen und mittreten. Auf langen Touren lässt sich die Funktion auch abschalten. „Er soll sich nicht überanstrengen, damit er das Tandem nicht mit Quälerei in Verbindung bringt“, erläutert Peter Hammerstein den Hintergrund.

Das neue Fahrrad der Familie aus dem Nassauer Kaltbachtal hat den Aktionsradius der Hammersteins enorm erweitert. Auf ihren gemeinsamen Radausflügen begegnen sie zahlreichen Menschen und sammeln dabei Mut machende Erfahrungen. „Die Leute lächeln uns an, wenn sie uns sehen“, sagt Katja Hammerstein. „Wir sind glücklich, wieder gemeinsam in der Natur unterwegs sein zu können, und die Menschen gönnen uns das.“ Begeistert erzählt ihr Mann Peter von Begegnungen mit wildfremden Menschen, beispielsweise bei einer Rast vor dem Arnsteiner Kloster, wo man mit niederländischen Touristen und Franzosen ins Gespräch kam. „Man kommt wieder raus und ist nicht mehr so isoliert“, beschreibt der Industriekaufmann die neuen Möglichkeiten. „Es macht einfach Spaß.“

Katja Hammerstein und ihr Sohn Leo führen das neue Rad vor.
Katja Hammerstein und ihr Sohn Leo führen das neue Rad vor.
Foto: Carlo Rosenkranz

Klar, dass die Familie den Gästen von HELFT UNS LEBEN das Liegerad-Tandem vorführt. Dabei wird klar, wie durchdacht Konstruktion und Ausstattung sind und wie perfekt sie auf die Erfordernisse der Hammersteins passen. Schon die Tatsache, dass das Rad bombenfest auf einem speziellen Ständer steht, wenn Leo – gehalten durch einen Dreipunktgurt – bereits auf dem vorderen Platz sitzt. Somit hat die Begleitperson die Hände frei. Eine wasserdichte Packtasche bietet sogar mittleren Einkäufen Platz. Außerdem wächst das Rad buchstäblich mit. Leos Sitzplatz und die Kurbeln lassen sich nach und nach anpassen, sodass er auch als Jugendlicher noch mitfahren können wird. Ein leistungsstarker E-Motor sorgt dafür, dass Steigungen und lange Strecken kein Problem sind.

Die solide Konstruktion hat nur einen Nachteil: Das Rad ist schwer und nicht auf einen Dachgepäckträger zu wuchten. Schon wegen des langen Radstands ist es auf einem handelsüblichen Modell nicht sicher zu befestigen. Doch auch hier schafft HELFT UNS LEBEN Abhilfe. Manuela Lewentz-Twer und Hans Kary sagten spontan die Anschaffung eines speziell auf die Anforderungen angepassten Trägers für das Auto zu, damit die Familie auch im Urlaub die Vorzüge des Liegerad-Tandems genießen kann.

Leo und seine Eltern zeigen sich überaus dankbar, dass HELFT UNS LEBEN ihnen diesen großen Wunsch erfüllt hat. Und noch viel mehr: „Auf den Bericht in der Zeitung haben wir viele Rückmeldungen von Menschen bekommen, die sich mit uns freuen“, sagen die Hammersteins. Viele hätten vorher gar nicht gewusst, welche Beeinträchtigungen Leo genau hat. „Die Resonanz war sehr herzlich. Das hat uns persönlich ganz viel gebracht“, sagt Katja Hammerstein. Dann setzt sie Leo auf das Rad, nimmt auf dem Sattel dahinter Platz und startet auf eine Runde durch das Kaltbachtal, um den Besuchern vorzuführen, wie sich das Spezialrad in der Praxis bewährt. Kaum hat sie den Ausgangspunkt wieder erreicht und angehalten, ruft Leo begeistert in die Runde: „Weiter geht's.“

Von unserem Redakteur Carlo Rosenkranz