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Kreis Bad Kreuznach

Familie will Politikum aus der Welt schaffen

Von Kurt Knaudt
Der Hildegardweg von Idar-Oberstein bis Bingen wird zurzeit ausgeschildert.  Foto: Ellen Franzmann-Conradt
Der Hildegardweg von Idar-Oberstein bis Bingen wird zurzeit ausgeschildert. Foto: Ellen Franzmann-Conradt

Rechtzeitig zur Einweihung des neuen Hildegardwegs hat das Kuratorium der für den Disibodenberg zuständigen Stiftung Scivias beschlossen, einen Stolperstein aus dem Weg zu räumen: Das seit 2012 in privaten Händen der Familie von Racknitz befindliche Grundstück mit dem Besucherzentrum am Fuß des Berges soll an die Stiftung rückübertragen werden. Das teilte Luise von Racknitz, Vorsitzende der Stiftung, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Der entsprechende Vertrag für den notariellen Akt soll jetzt vorbereitet werden: Das segnete das Kuratorium unter dem Vorsitz von Rechtsanwalt Hans-Jörg Lehnhoff in seiner jüngsten Sitzung ab, wie dieser dem „Oeffentlichen“ bestätigte. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, das Politikum, das bis in den Landtag hinein für Diskussionsstoff gesorgt hatte, endgültig aus der Welt zu schaffen. „Dass wir so verfahren, steht schon seit zwei Jahren fest“, betonte Lehnhoff. Allerdings handele es sich um einen juristisch komplexen Vorgang.

Lesezeit: 2 Minuten
Wann es jetzt definitiv so weit ist, lasse sich nicht absehen, sagte Lehnhoff. Die dafür zu verändernde Stiftungssatzung, die man zudem zeitgemäßer gestaltet habe, gehe an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier, die auf die Rückübertragung gedrängt hatte. Diese sei aber jetzt nur noch eine Formsache, unterstrich der Kuratoriumsvorsitzende, der ...
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Der Disibodenberg war wie ein Dschungel

Odernheim. Für Ehrengard Freifrau von Racknitz war und ist der Disibodenberg ein wichtiger Teil ihres Lebens. Umso mehr freut sie sich darüber, dass dieses besondere Areal jetzt als Herzstück des neuen Hildegardweges noch einmal ein gutes Stück aufgewertet wird. Als sie das Gelände 1954 im Alter von 21 Jahren erbte, „war dort alles verwildert. Ich fühlte mich wie in einem Dschungel“, erinnert sich die fast 85-Jährige.

Doch sie erkannte gleich, „dass es ein besonderer, heiliger Ort ist“. Erst recht, nachdem der Berg mit eigenen Händen von Gestrüpp und kleinen Bäumen befreit und die Ruinen freigelegt waren. Die junge Frau war so begeistert, dass sie sogar dort wohnen wollte. Das ehemalige Hospiz sollte ihr Heim werden. Sie begann, diesen Plan in die Tat umzusetzen. „Bau wenigstens ein Fenster ein, damit du siehst, wer kommt“, neckte sie ihr Vater. Was sie auch tat. Eingesetzt wurde es aber im Giebel, „damit ich die Sterne sehen konnte“.

Es dauerte eine Zeit lang, ehe sie erkennen musste, dass „diese romantische Idee“ ihre finanziellen und körperlichen Kräfte überstieg. So zog sie 1958 in das heutige Hofgut am Fuß des Berges. Doch „dieser unglaubliche Berg“ blieb für sie weiterhin eine „schöne, einmalige Lebensaufgabe“. Sie und ihr Mann, Hans-Lothar Freiherr von Racknitz, den sie 1973 heiratete, steckten viel Geld in die Klosterruine, „die mir immer noch sehr am Herzen liegt“. Es sei im Übrigen auch der einzige Ort, an dem noch etwas aus der Zeit Hildegards übrig geblieben ist.

„Das war eine ganz starke Frau“, macht sie aus ihrer Bewunderung für die Heilige keinen Hehl. Dass der Papst höchstselbst ihr damals im 12. Jahrhundert erlaubt habe, ihre Schriften zu veröffentlichen, war etwas ganz Besonderes. „Hildegard hätte heute mindestens zwei Doktortitel – in Botanik und Geschichte“, ist von Racknitz überzeugt. Mit Hildegard verbindet sie auch eine Zahl: Der 17. September, Hildegards Todestag, ist ihr Geburtstag. Und ihre Mutter wurde 800 Jahre nach der Heiligen 1898 geboren – Hildegard kam 1098 zur Welt, das genaue Datum ist unbekannt.

Ehrengard Freifrau von Racknitz wurde in Helsinki geboren. Weil ihr Vater Diplomat war, lebte sie an verschiedenen Orten, unter anderem in Rom, Berlin und St. Gallen. Sie wollte eigentlich Malerin und Bildhauerin werden. Doch dann lernte sie doch „was Vernünftiges“ und wurde nach dem Studium in Geisenheim Obst- und Gartenbauingenieurin. Für sie und ihren 2005 verstorbenen Mann war der Disibodenberg ein gemeinsames Herzensprojekt.

Wegen der damit verbundenen Belastungen gründeten sie 1989 die Scivias-Stiftung. „Scivias“ heißt das erste theologische Werk von Hildegard, das sie im Kloster Disibodenberg verfasste. Scivias bedeutet: Wisse die Wege.

2011 zog Ehrengard von Racknitz, die selbst viele Führungen auf dem Berg machte, in die Nähe von Freiburg, wo sie Verwandte und Bekannte hat. Die rüstige Dame, die sich am Telefon schlicht mit „Racknitz“ meldet, will am Samstag, 9. September, auf jeden Fall zur festlichen Einweihung des Hildegardweges kommen. Schließlich hat sie selbst großen Anteil daran, dass der Disibodenberg heute in einem vorzeigenswerten Zustand ist. Sie hat Verständnis dafür, dass die schwer gebeutelten Menschen nach dem Dreißigjähren Krieg die Steine der Klosteranlage gegen den Willen der damaligen Eigentümer für den Bau ihrer Häuser verwandten. „Schade für die Anlage, aber es ist nachvollziehbar.“

Der Hildegardweg ist für sie ein „sehr gutes, sinnvolles Projekt“. Ihr Wunsch: „Dass der Tourismus auf dem Berg blüht und möglichst viele das Projekt Disibodenberg unterstützen.“

Von Kurt Knaudt
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