Kreis Birkenfeld. Überall rund um den Nationalpark (und zum Teil auch in ihm) finden zurzeit Drückjagden statt, um vor allem die Wildschweinpopulation zu dezimieren. „Bei den guten Umweltbedingungen, die in diesem Jahr herrschten, steigt die Zahl der Wildschweine rasch an“, erläutert Konrad Funk vom Nationalparkamt: Wildschäden im Wald und in der Feldflur bei den Nachbarn sind die Folge.
Der Nationalpark hat sich im Staatsvertrag dazu verpflichtet, diese Schäden so gering wie möglich zu halten. Auch die Seuchenabwehr steht bei den Jagden, die an manchen Tagen wegen der Sperrungen Wanderer ärgern und auch Kritiker auf den Plan rufen, im Vordergrund. So ist die Afrikanische Schweinepest im Anmarsch.
Getreide wie Hafer und Weizen schmecken den Sauen besonders gut. Ganz oben auf der Liste der Lieblingsspeisen steht aber der Mais. „Maisfelder bieten idealen Einstand und gute Verstecke“, weiß Funk. „Zudem reifen hier direkt vor ihrer Nase die leckeren und gehaltvollen Maiskolben. Ist das Schlaraffenland Feld abgeerntet, zieht es die sehr mobilen Wildscheine schnurstracks in den Wald.“ Auch hier hat der Herbst den Gabentisch perfekt vorbereitet: „Im vergangenen Jahr hat die Buche, dieses Jahr die Eiche sehr viele Früchte ausgebildet.“ Jahre mit starkem Fruchtanhang bei diesen Bäumen nennen die Förster „Mastjahre“. Der Begriff kommt vom Mästen der Hausschweine, die früher dafür im Herbst in den Wald getrieben wurden: Mit den vielen Eicheln und Bucheckern konnten sie sich einen schönen Winterspeck anfressen. In jüngster Zeit ist die Häufigkeit solcher Mastjahre stark angestiegen. „Die Rundumversorgung der Wildschweine mit Nahrung bei zudem immer milderen Wintern ist perfekt“, weiß Funk. „Das lässt die Tiere nicht nur Speck anlegen, sondern macht sich auch in der Reproduktion bemerkbar. Wildschweine bekommen heute mitunter zwei- bis dreimal Frischlinge in einem Jahr, die Population steigt dadurch rasch an.“
Auf der Suche nach Proteinen
Im Wald stören die Wildschweine weniger, sie machen sich sogar nützlich, wenn sie auf der Suche nach Engerlingen den Boden auflockern. In der Landwirtschaft aber sind die Schäden groß – nicht nur beim Getreide. Bekommen die Wildschweine wie in diesem Jahr reichlich Eicheln auf den Tisch, brauchen sie auch viel tierisches Eiweiß. Dieses finden sie im Boden, wenn sie nach Engerlingen graben. Kopf und Wurf (das ist in der Jägersprache die Schnauze) sind – anders als beim Hausschwein – schlank und spitz wie eine Pflugschar und damit besonders gut geeignet, um den Boden zu öffnen. „Die Wildschweine stellen in der Feldflur die Wiesen buchstäblich auf den Kopf“, schildert Funk. Enorme Schäden sind oft die Folge. Es muss eingeebnet, neu angesät und gewalzt werden, ganz abgesehen vom Ausfall beim ersten Schnittgut im Frühjahr.
Schwarzwild hat in unseren Breiten keine natürlichen Feinde. Die Wildschweine sind zudem von Natur aus zu ihrer Sicherheit gut ausgestattet, das heißt: Sie verfügen über enorm starke Sinnesleistungen in Bezug auf Geruch und Gehör. So sind Wildschweine sehr schwer zu bejagen. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald beteiligt sich bei der Bejagung des Schwarzwildes, schließlich ist im Staatsvertrag verankert, dass er sich zur Schadensabwehr von Wildschäden bei den Nachbarn verpflichtet. Da Wildschweine nachtaktiv sind, im Nationalpark aber nachts oder bei Mondschein keine Jagd gestattet ist, soll mit sogenannten Drückjagden die Schwarzwildpopulation reduziert werden. sc/red