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Idar-Oberstein

Matthias Keidel attackiert Landrat Matthias Schneider: „Wann gehen Sie mit eigenen Ideen voraus?“

Von Stefan Conradt
Matthias Keidel (FDP)
Matthias Keidel (FDP) Foto: FDP

Haushaltsreden gelten als die Königsdisziplin der Kommunalpolitik – einmal im Jahr haben die Fraktionssprecher die Möglichkeit, ungestört ihre Gedanken und Ideen vor großem Publikum auszubreiten. Im Kreistag sank leider die Qualität der Reden über die Jahre – das war auch der Zeitnot geschuldet bei sieben Fraktionen. In der jüngsten Etatsitzung im Kasino der Kreissparkasse in Idar-Oberstein gab es „Jungferreden“ von gleich drei Fraktionssprechern – und dabei ließ vor allem eine aufhorchen: Matthias Keidel (FDP) hielt nicht nur einen geschliffenen Vortrag, er griff dabei auch Landrat Matthias Schneider massiv an.

Lesezeit: 5 Minuten
Seinem Vortrag merkte man an, dass der junge Kirschweilerer als Mitarbeiter der FDP-Landtagsfraktion in Mainz bereits etliche Reden geschrieben hat. Dass es aber die erste als Fraktionsvorsitzender im Kreistag vor großem Auditorium war – das merkte man nicht. Sechs Ziele hatte Keidel ausgerufen: Bildung, Vorankommen durch eigene Leistung, Selbstbestimmung, Freiheit ...
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„Kämpfen Sie in Birkenfeld, Mainz und Berlin für die B 41, die Hunsrückspange, den Bikepark, den Ökompark Heide-Westrich und eine Perspektive für die Region. Das sind Sie meiner und künftigen Generationen schuldig.“

Matthias Keidel (FDP)

Chapeau, Herr Keidel, für diese Rede. Ihre Aussagen kann ich zum größten Teil unterschreiben.“

Bernhard Alscher (Birkenfelder Freie Liste)

„Im Zusammenhang mit dem Klimaschutz weise ich ausdrücklich darauf hin, dass wir unsere Schulen gut ausgestattet haben und sie auch im kommenden Jahr weiter ertüchtigen wollen, sodass einer Nutzung auch an Freitagen nichts entgegensteht.“

Immanuel Hoffmann (CDU)

„31 Millionen Euro an nicht finanziell hinterlegten Pensionsrückstellungen – das ist eine tickende Zeitbombe.“

Hans Jürgen Noss (SPD)

„Bei der Neuanschaffung von Dienstfahrzeugen muss die Präferenz auf alternative Antriebe gelegt werden und bei allen sonstigen Investitionen die Nachhaltigkeit und die Klimaneutralität berücksichtigt werden.“

Hans-Joachim Billert (Bündnis 90/Grüne)

„Die Fahrt in den Abgrund geht also ungebremst weiter. Ein Weiter-so darf es nicht geben.“

Tanja Krauth (Linke)

„Dieser Meinung stimmen wir vollinhaltlich zu und fordern, die Kleinstaaterei in der Wasserversorgung zu beenden.“

Uwe Anhäuser (LUB) griff eine Kommentierung der Nahe-Zeitung auf und sprach sich für die baldige Schaffung eines Kreiswasserwerks aus.

Sperrvermerke: SPD stimmt nur unter Vorbehalt zu

Kreis Birkenfeld. Die SPD tat sich schwer, dem vorliegenden Haushalt zuzustimmen. Fraktionssprecher Hans Jürgen Noss sagte: „Trotz der Wahrscheinlichkeit, dass auch das Rechnungsergebnis 2020, wie meist in den Vorjahren, besser ausfällt als der vorliegende Ansatz, muss festgestellt werden, dass der Landkreis auch in den nächsten Jahren einen Finanzausgleich aus eigener Kraft nicht schaffen wird.“

Angesichts dieser Tatsache passe es nicht ins Bild, dass der Stellenplan „in den vergangenen Jahren ständige Zuwächse ausweist“, kritisierte Noss. Innerhalb von nur drei Jahren sei er um 25 auf 295 Stellen angewachsen, wobei man die Aufgabenmehrungen gerade im Jugend- und Sozialbereich anerkennen müsse. Dennoch forderte die SPD die Erstellung eines Personalgutachtens und einen Sperrvermerk für jene drei neue Stellen, die für den Bereich Kfz-Zulassung für die Verbandsgemeinden Herrstein-Rhaunen und Baumholder vorgesehen sind.

Auch für den Ankauf des Gebäudes des bisherigen Amts für Verteidigungslasten in Birkenfeld, mit dem der Mehrbedarf an Büroräumen für die Verwaltung ausgeglichen werden soll, forderte Noss einen solchen Vermerk. Für den Ankauf sind im Haushalt 180.000 Euro vorgesehen. Das Gebäude ist auf 450.000 Euro taxiert, das Land will 270.000 Euro beisteuern. Die CDU stimmte den Sperrvermerken ausdrücklich zu. Aufgehoben werden kann die Mittelsperre erst durch Beschluss des Kreisausschusses oder des Kreistags.

Noss sieht auf den Kreis in den kommenden Jahren Riesenprobleme zukommen – etwa beim ÖPNV, wo schon jetzt kaum noch Personal zu bekommen sei, oder bei der dringend nötigen Vitalisierung der kleinen Ortsgemeinden. Finanziell ticke eine Zeitbombe in Form der nur bilanziell, aber nicht monetär zurückgestellten Pensionsansprüche, die sich aktuell auf circa 31 Millionen Euro belaufen.

Noss ist sich sicher: „Ohne eine Reduzierung oder Neuordnung der Sozial- und Jugendkosten wird der Kreishaushalt dauerhaft defizitär bleiben. Die Finanzausstattung der Kommunen ist und bleibt unzureichend.“ Er forderte seine Ratskollegen auf, nicht alles schlechtzureden: „Wir haben viel Potenzial, wir müssen die Region nur weiterentwickeln.“ sc

Schneiders Antwort: „Ich bin nicht allein der Kreis“

Landrat Matthias Schneider war sichtlich angefressen nach der harschen Kritik des jüngsten Kreistagsmitglieds an seiner Arbeit, blieb aber in seiner Wortwahl besonnen: „Wir erleben hier einen Spannungsbogen zwischen jung und alt.“.

Statt Keidel direkt anzugreifen, lobte der Landrat die Grünen: „Deren Fraktion ist schon genauso lange im Kreistag wie die FDP. Der Unterschied ist, das von ihnen konstruktive Vorschläge kommen.“ Das vermisse er bei der FDP. Er sei ja nicht alleine „der Kreis“, er habe den Kreistag immer wieder aufgefordert, sich aktiv einzubringen. Deshalb werde jetzt auch ein Kreisentwicklungsbeirat eingerichtet.

B 41, Hunsrückspange, Nationalpark – da habe er sehr wohl mitgewirkt: „Ich bin aber keiner, der mit jeder Kleinigkeit zur Presse geht.“ Beim Ökompark Heide Westrich arbeite er gemeinsam mit Verbandsvorsteher Bernd Alsfasser an einer Lösung, es hake aber stets beim FDP-geführten Verkehrsministerium: „Da sind wir in der Hase-Igel-Rolle, werden bloß immer wieder hin- und hergeschickt.“

Die Lage sei so, wie sie ist: Der Landkreis Birkenfeld liege in einer Randlage und sei auf eine Mängelverwaltung angewiesen. Die vorgetragenen Anregungen wie papierlose Sitzungsunterlagen nehme er mit in die Verwaltung. sc

„Es kann nicht sein, dass das Geld im Landkreis Birkenfeld verdient, in Bad Kreuznach versteuert und dann für Investmentbanking im Rhein-Main-Gebiet benutzt wird.“

„Es kann nicht sein, dass das Geld im Landkreis Birkenfeld verdient, in Bad Kreuznach versteuert und dann für Investmentbanking im Rhein-Main-Gebiet benutzt wird.“

KSK-Direktor Thomas Späth schloss in seiner Begrüßungsrede als Hausherr jedwede Fusionsüberlegungen aus und versprach in immer schwieriger werdenden Zeiten für die Finanzbranche: „Wir werden nicht zu jenen Banken gehören, die unter die Räder kommen.“

„Ich komme mir vor wie in der Adventszeit: Jeder hat einen Wunschzettel mitgebracht.“

Kirsten Beetz (CDU) zu diversen Vorschlägen in den Haushaltsreden wie etwa zu einem billigeren oder gar kostenlosen ÖPNV.

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