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Niederbieber

Endgültiges Aus für Schraubenhersteller: Boesner-Drama endet nach dem vierten Akt

Von Ulf Steffenfauseweh
Boesners Heuschreckenplage Foto: jn

Endgültiges Aus für den Neuwieder Schraubenhersteller LS Boesner. Wie Insolvenzverwalter Jens Lieser auf RZ-Nachfrage bestätigt, hat er den etwas mehr als 40 noch verbliebenen Mitarbeitern Ende August kündigen müssen. Zuvor waren im April bereits rund 70 Angestellte entlassen worden. Die Produktion im Werk ist „im Wesentlichen eingestellt“, teilt Lieser mit. Es liefen nur noch Restarbeiten, „gewisse Veredelungsstufen, um noch ein wenig Umsatz zu generieren“, sagt er.

Lesezeit: 3 Minuten
„Boesner hat die vierte Insolvenz hinter sich, und dann kam auch noch Corona dazu“, begründet der Koblenzer Anwalt die Schließung und erklärt, dass die Bedarfe in der Automobilbranche und damit die Aufträge für Boesner so stark zurückgegangen seien, dass sich nicht mehr kostendeckend arbeiten ließ. „Wir haben alles versucht und auch ...
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Boesners Heuschreckenplage

1834 von Friedrich Boesner als Werk für Nägel, Ketten und Schrauben gegründet, ging es für „den Boesner“ jahrzehntelang nur bergauf. Das Niederbieberer Unternehmen wuchs und wuchs, der Name hatte Klang. Wer hier beschäftigt war, hatte es zu etwas gebracht.

Erst Mitte der 1980er-Jahre gab es einen ersten Knacks: Konkurrenzprodukte aus Billiglohnländern in Fernost machten Boesner das Leben schwer. Als sogar die Schließung drohte, stieg der Kann-Konzern als Retter in der Not ein. Da Schraubenherstellung jedoch nicht zum klassischen Feld der Beton-Gruppe zählt, verkauften die Bendorfer das Werk 1995 an den Textron-Konzern. Befürchtungen, der US-Mischkonzern werde den Standort nach und nach aufgeben, erfüllten sich nicht. Stattdessen investierte Textron mehr als 5 Millionen Euro in das Werk. Die Geschäfte liefen gut, so gut, dass auch Tom Gores, Milliardär und Chef des Private-Equity-Unternehmens Platinum, aufmerksam wurde. Im Rahmen einer ziemlich beispiellosen Einkaufstour schluckte der Investor mehr als 100 Unternehmen, darunter 2006 auch Teile der Textron-Gruppe, die er in Acument umbenannte. Nach nur drei Jahren war „die Kuh gemolken“, wie es der damalige Betriebsratsvorsitzende ausdrückte: Acument meldete Insolvenz an, am Standort Niederbieber waren 439 Beschäftige betroffen. Eineinhalb Jahre später gab es dann scheinbar gute Nachrichten: Der indische Firmengruppenchef Pawan Ruia übernahm Acument und präsentierte sich bei seinem Antrittsbesuch in Neuwied den noch 350 Angestellten freundlich. Die Hoffnungen erfüllten sich jedoch nicht. Nur ein Jahr später meldete auch er Insolvenz an, nachdem er zuvor offenbar versucht hatte, das Unternehmen über Ausgliederungen finanziell zu missbrauchen. Am 31. Dezember 2013 übernahm schließlich die dritte „Heuschrecke“, der von Anfang an hoch umstrittene Neill Whitesell und fuhr die Firma nach Ansicht vieler Beobachter mit seinen unseriösen Geschäftsmethoden endgültig gegen die Wand. Nach der erneuten Insolvenz 2014 wurde die Firmengruppe aufgespalten, und Familieninvestor Roland Spatz übernahm das Werk in Niederbieber mit noch 115 von zuvor 230 Mitarbeitern. Er meldete im Januar 2020 Insolvenz an.

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